Das Interview, das Sie auf diesen Seiten lesen, fand eine Woche vor der offiziellen Amtsübernahme im Großherzoglichen Palast statt. Guillaume trat uns bereits als künftiger Großherzog gegenüber – mit klaren Vorstellungen davon, wie er seine Rolle ausfüllen will.
Als wir, Tageblatt-Co-Chefredakteur Armand Back und Fotograf Fabrizio Pizzolante, im Palais eintreffen, begegnet uns ein aufmerksamer, gut gelaunter Gastgeber. Die Haltung ist aufrecht, der Blick wach, die Stimme ruhig und klar. Guillaume wirkt fitter als noch vor einigen Monaten. Der Sommer hat ihm spürbar gutgetan – nicht nur physisch, sondern auch in der Vorbereitung auf das, was nun kommt.
Der Hof hatte vorab um eine Fragenliste gebeten. Ein Vorgehen, das wir als Redaktion in der Regel ablehnen. Dennoch wurde das Gespräch offen geführt, ohne Einschränkungen, mit überraschender Leichtigkeit. Guillaume beantwortete jede Frage, wich auch heikleren Punkten nicht aus – und lachte herzlich, vor allem bei der letzten.
Als wir das Palais verlassen, sind wir uns einig: Dieser Mann ist bereit.
Tageblatt: Monseigneur, Sie sind jetzt Chef d’Etat und Grand-Duc. Wie ging es Ihnen die vergangenen Tage, wie aufgeregt ist man überhaupt vor solch einem auch persönlichen Schlüsselmoment?
Grand-Duc Guillaume: Wenn man diesen Eid leistet, ist das ein Moment von großer Emotion. Gleichzeitig spürt man in diesem Augenblick natürlich die Verantwortung, die mit dieser hohen Aufgabe einhergeht. Aber ich habe lange Jahre hinter mir, wo ich mich vorbereiten durfte und während denen ich auf viel Unterstützung zählen konnte. Meine Eltern haben mir auf meinem Weg sehr viel mitgegeben. Hinzu kommen meine Erfahrungen im Ausland und meine Aufgaben hier in Luxemburg als Erbgroßherzog. All das hat mir geholfen, in die Rolle, die ich heute innehabe, hineinzuwachsen. Ich trete dieses neue Amt mit innerer Ruhe und großer Ausgeglichenheit an.

Was sind Ihre Prioritäten für Ihre Regentschaft? Was nehmen Sie sich vor und wie wollen Sie wirken, auf das Land und auf die Menschen im Land?
Die Rolle des Großherzogs sehe ich darin, Menschen zusammenzuführen. Jemand zu sein, der auf Menschen zugeht, ihnen zuhört und ihre Anliegen ernst nimmt. Wir leben in unsicheren Zeiten, international, aber auch hier im Land – mit einer technologischen Entwicklung, die rasant voranschreitet: Sie eröffnet Chancen, bringt aber auch erhebliche Herausforderungen mit sich. Gerade in solchen Momenten ist es meine Aufgabe, ein offenes Ohr für die Menschen zu haben. Für die Jungen, aber auch für die weniger Jungen. Nur so können wir diese Chancen gemeinsam nutzen und die Herausforderungen bewältigen.
Ich möchte Menschen zusammenführen, jemand sein, der auf Menschen zugeht, ihnen zuhört und ihre Anliegen ernst nimmt
Könnten Sie die Herausforderungen, die Sie erwähnen, näher umreißen?
Die Entwicklung der künstlichen Intelligenz bringt tiefgreifende Veränderungen mit sich. Das macht den Menschen einerseits Angst, eröffnet aber andererseits Chancen für uns alle. Gerade hier sehe ich meine Rolle darin, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen und gleichzeitig dazu beizutragen, dass Luxemburg diese neuen Möglichkeiten bestmöglich nutzen kann.
Technologischer Wandel, Künstliche Intelligenz – ich bin offen, ich hätte nicht gedacht, dass wir uns zu Beginn dieses Gesprächs zum Thronwechsel über diese Themen unterhalten würden. Sind das Fachgebiete, mit denen Sie sich besonders auseinandersetzen, tauchen Sie da richtig rein?
Sehr gerne sogar! Ich bin vielleicht nicht der technisch versierteste junge – oder weniger junge (lacht) – Mann, aber diese Themen interessieren mich sehr. Ich informiere mich viel darüber und verfolge aufmerksam, welchen Einfluss diese Entwicklungen insbesondere auf unsere Jugend haben.
Das ist also eine Herausforderung, vor der das Land steht. Wo sehen Sie denn die für Sie persönlich größte Herausforderung?
Erstens: stets im direkten Kontakt mit den Menschen zu bleiben, hinauszugehen, präsent zu sein, um mit eigenen Augen zu sehen, was in unserem Land geschieht. Zweitens: ebenso wichtig ist es mir, die zahlreichen wunderbaren Initiativen zu unterstützen, welche von den Menschen hier in Luxemburg getragen werden. Und schließlich, vielleicht weniger eine Herausforderung als vielmehr eine zentrale Mission des Großherzogs, ist es, die politische Neutralität zu wahren. Unsere neue Verfassung gibt dafür den klaren Rahmen vor, und gerade darin liegt für mich ein entscheidender Aspekt meiner Rolle.
Sie haben das Glück, das alles nicht allein stemmen zu müssen, sondern gemeinsam mit Ihrer Familie. Wie bereitet sich eine Familie auf einen solchen Tag vor? Mit der Frau? Wie erklärt man das einem Kind?
Für meine Frau ist dieser Schritt eine logische Folge. Sie wird sich weiterhin jenen Aufgaben widmen, die ihr schon als Erbgroßherzogin am Herzen lagen. Sie war und bleibt sehr engagiert im sozialen Bereich, etwa bei älteren Menschen, die unter Einsamkeit leiden, sowie bei der Förderung der mentalen Gesundheit von Kindern. Auch die Kunst liegt ihr sehr am Herzen, und sie möchte ihre Rolle als engagierte Botschafterin in Luxemburg wie auch im Ausland mit Leidenschaft fortführen. Als Familie haben wir uns auf diesen Tag vor allem gemeinsam als Paar vorbereitet. Für unseren kleinen Charel ist das alles noch abstrakt. Er wusste, dass am 3. Oktober „etwas in der Stadt passieren würde“ und dass er schulfrei haben wird. Aber wichtig für uns ist, für ihn ein gutes Gleichgewicht zu finden: ihn zu schonen und ihn nicht zu früh auf seine zukünftige Aufgabe vorzubereiten und ihn so zu belasten. Wir wollen ihm ermöglichen, seine Kindheit unbeschwert und in vollen Zügen zu leben.
Sie konnten lange bei Ihren Eltern zuschauen, wie diese ihre Rollen interpretierten. Was wollen Sie sich abschauen? Was wollen Sie auf keinen Fall so machen?
Ich sehe mich ein Stück weit als Ergänzung meiner Eltern. Von meinem Vater habe ich den tiefen Respekt vor dem Rechtsstaat gelernt – und damit, was es bedeutet, im Dienst des Landes zu stehen. Von meiner Mutter habe ich die Offenheit im Umgang mit Menschen übernommen – ich hoffe wirklich, dass ich all diese Eigenschaften von beiden in mir vereinen kann. Der soziale Zusammenhalt im Land, für den sich mein Vater über Jahre eingesetzt hat, liegt mir ebenfalls sehr am Herzen. Auch da sehe ich meine Rolle als „Rassembleur“ in der multikulturellen Gesellschaft, aus der Luxemburg sich zusammensetzt. Ich will in dieser Gesellschaft Brückenbauer sein – zwischen Menschen und zwischen Generationen. Vielleicht ist das mein persönlicher Akzent: Ich spüre, dass ich stärker mit den Anliegen der Jugend verbunden bin als mein Vater es aufgrund seiner Generation sein konnte. Hier sehe ich meine Rolle als junger Großherzog.
Sie haben es bereits angesprochen, wir haben eine neue Verfassung. Damit treten Sie Ihre Regentschaft auch unter anderen Vorzeichen an, als Ihr Vater das vor 25 Jahren tat. Die neue Verfassung und damit auch die neue, eingeschränktere Rolle, die dem Grand-Duc zukommt – nimmt das sogar vielleicht etwas Druck weg vor dieser Aufgabe?
Ich würde dabei nicht von Druck sprechen. In meinen Augen ist die neue Verfassung vielmehr eine logische Weiterentwicklung. Die alte Verfassung enthielt Bestimmungen, die nicht mehr zeitgemäß waren und der Realität nicht mehr entsprachen. Heute haben wir eine moderne Verfassung, die die Aufgaben des Grand-Duc klarer definiert und dabei, wie ich finde, den Grundsatz der politischen Neutralität des Grand-Duc vollständig respektiert. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass die Billigung der Gesetze nicht mehr zu den verfassungsmäßigen Aufgaben des Großherzogs gehört, dessen Rolle sich auf die Verkündung der Gesetze beschränkt. Hier bestätigt der Großherzog lediglich, dass das Gesetz ordnungsgemäß von der Abgeordnetenkammer verabschiedet wurde und ordnet dessen Veröffentlichung an – was wiederum der Rolle eines politisch neutralen Grand-Duc entspricht.
Sie hatten lange Zeit, sich vorzubereiten und damit auch lange Zeit, um zu sehen, was auf Sie zukommt. Hatten Sie in diesen vielen Jahren nie Zweifel und haben sich gedacht: Muss ich das wirklich tun?
Ich hatte das Glück, hier in Luxemburg die Grundschule zu besuchen und ganz in der Nähe meiner Eltern aufzuwachsen. Auch die Jahre im Lycée verbrachte ich hier im Land. Und natürlich, als Teenager stellt man sich Fragen – und es ist auch wichtig, sich diese zu stellen! Doch mit der Zeit, durch meine Ausbildung in England, mein Studium und die Jahre, die ich anschließend wieder in Luxemburg verbrachte, bin ich Schritt für Schritt in diese Rolle hineingewachsen, und das mit großer Ruhe und Gelassenheit.
Haben Sie noch Freunde von damals?
Ja, und es ist jedes Mal eine Freude, sie wiederzutreffen.
Soll das auch als Grand-Duc und Staatschef bestehen bleiben?
Wahrscheinlich wird wohl künftig mehr Distanz da sein, aber es ist immer eine Freude – das muss bleiben!
Luxemburg entwickelt sich rasant. Wie informieren Sie sich über diese Entwicklungen?
Ich lese jeden Tag Zeitungen, sowohl die nationalen als auch die internationalen. Das halte ich für sehr wichtig. Zudem habe ich das Glück, ein großartiges Team hier um mich zu haben, das mich bei technischen und spezifischen Themen hervorragend berät. So etwas gehört dazu: Der Großherzog muss nicht in allen Bereichen ein Spezialist sein, aber er sollte von vielem ein Grundverständnis haben.
Ihre Eltern wurden wegen Interviews in der internationalen Presse kritisiert, vor allem wurden diese Gespräche mit Erstaunen wahrgenommen, nachdem Interviewangebote des Hofes an die nationale Presse im vergangenen Sommer kurz vor dem Termin abgesagt wurden, und das, ohne einen Grund anzuführen. Wie soll die Kommunikation des Hofes unter Ihnen aussehen?
Meine Frau und ich stehen für eine institutionelle Kommunikation, die verlässlich funktioniert – im Austausch zwischen der Maison du Grand-Duc und der nationalen sowie internationalen Presse. Transparenz und ein guter, regelmäßiger Kontakt sind uns dabei sehr wichtig. Wir möchten dafür gezielt Schlüsselmomente wählen, sei es für die Monarchie oder für das Land, zu denen wir uns in Interviews äußern.
Natürlich bin ich katholisch erzogen worden. Aber hier muss man eine Trennung machen zwischen Privatem und der Rolle als Staatschef und Großherzog, der diese politische Neutralität konsequent ausleben muss.
Eine persönliche Frage: Luxemburg diskutiert darüber, ob Abtreibung als Freiheit in die Verfassung eingeschrieben werden soll – wie stehen Sie zu dieser Debatte und inwieweit spielt Ihr Glaube dabei eine Rolle? Nehmen Sie dazu öffentlich Position?
Gerade in dieser Frage kommt die bereits von mir erwähnte politische Neutralität zum Tragen. Natürlich bin ich katholisch erzogen worden. Aber hier muss man eine Trennung machen zwischen Privatem und der Rolle als Staatschef und Großherzog, der diese politische Neutralität konsequent ausleben muss.
Neu für Sie ist auch die Maison du Grand-Duc? Hilft dieser neue Rahmen?
Ich bin sehr stolz auf das Team, das mich hier unterstützt. Mit Freude komme ich zu unseren Treffen in den Palais. Die Maison du Grand-Duc bietet nun einen klar definierten und sehr guten Rahmen, innerhalb dessen wir effizient arbeiten können. Für mich gilt, nach vorne zu blicken. Und da sehe ich, dass wir hervorragend aufgestellt sind, um die Herausforderungen unseres Landes anzugehen.
Als Erbgroßherzog waren Sie fester Bestandteil der Wirtschaftsmissionen, mit denen Luxemburg in der Welt nach neuen Möglichkeiten sucht. Wie sollen diese in Zukunft aussehen? Werden Sie noch Teil davon sein?
Das wird natürlich auch davon abhängen, wie die Wirtschaftsmissionen künftig ausgestaltet werden. Aber ich werde mich weiterhin für Luxemburgs Wirtschaft einsetzen und diese im Ausland vertreten, so wie es mein Vater bei zahlreichen Staatsbesuchen auch schon getan hat. Vielleicht werde ich diesem Engagement einen noch stärkeren Akzent verleihen. Aber dafür müssen wir zuerst den passenden institutionellen Rahmen definieren.
Wenn Sie auf Ihren sicherlich prall gefüllten Kalender der kommenden Wochen und Monate schauen – wird Ihnen da nicht schwindelig?
Am kommenden Montag werde ich bereits den Parlamentspräsidenten, den Premierminister sowie den Präsidenten des Staatsrates zu einer Audienz im Großherzoglichen Palast empfangen. Die ersten Monate nach dem Thronwechsel sind vor allem den „Visites de courtoisie“ gewidmet. Danach folgen die ersten Staatsbesuche, die wir gerade planen. Zurzeit verändert sich der Kalender beinahe täglich – aber wir arbeiten intensiv daran.
Woran denken Sie zuerst, wenn Sie an Luxemburg denken?
Für mich ist Luxemburg ein offenes Land, in dem es sich gut leben lässt und in dem sich die Menschen willkommen fühlen. Ich bin stolz und dankbar, in diesem Land die Aufgabe des Großherzogs übernehmen zu dürfen.
Zum Abschluss: Der Tag des Thronwechsels wurde für viele überraschend nicht zum einmaligen Feiertag erklärt. Hätten Sie entscheiden können – wäre der 3. Oktober für die Menschen in Luxemburg ein freier Tag gewesen?
(Lacht herzlich) Das war nicht an mir, das zu entscheiden.
De Maart

Bezuehl deng 10 Milliounen selwer............
Phil Ich bin nicht sicher dass ....
Phil Ich bin nicht dass Sie Brzezinskis lesenswertes Buch richtig verstanden haben . Versuchen Sie es mal mit der deutschen Ausgabe -Amerika Die einzige Weltmacht . ( Neuauflage 2016 )
Herr Hottua,
Ich lese ihre (teiweise sehr auschweifenden) Kommentare gerne. Aber eines haben Sie nicht begriffen… Sie, und wir alle sind bloß die Bauern in einem großen abgekartetem Spiel. Lesen Sie doch mal das Buch „The Grand Chessboard“: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives (1997) von Zbigniew Brzezinski.
Ihre Familie aus Hessen-Nassau-Weilburg, Ihre Königliche Hoheit Großherzog Guillaume, wirft auf der ganzen Welt seit mehr als 100 Jahren katalysatorische politische und philosophische Fragen auf. Die Organisation "weilburg-erinnert" bearbeitet solche Fragen ebenfalls. Sie wurde am 23.5.2025 vom Bundespräsidenten, Herrn Frank-Walter STEINMEIER im Schloß "Bellevue" in Berlin für ihr zivilgesellschaftliches Engagement geehrt. MfG, Robert Hottua, ein von diesen unaufgearbeiteten Fragen betroffener luxemburger Bürger