Auf den Punkt mit … Tom Siebenaler (Strassen)„Ich bin in den letzten beiden Jahren möglicherweise härter mit den Unparteiischen ins Gericht gegangen“

Auf den Punkt mit … Tom Siebenaler (Strassen) / „Ich bin in den letzten beiden Jahren möglicherweise härter mit den Unparteiischen ins Gericht gegangen“
Tom Siebenaler Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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In unserer Rubrik „Auf den Punkt mit“ fühlen wir Akteuren aus der BGL Ligue auf etwas andere Art auf den Zahn. Tom Siebenaler sprach über seine Zehen, seine Waden und eine kurze und streng geheime Zimmerparty in Tromsö. 

Tageblatt: Ihre Wikipedia-Seite beinhaltet derzeit vier Sätze. Was sollte vor dem Karriereende noch dazukommen?

Tom Siebenaler: Was steht denn da überhaupt drin? Es wäre toll gewesen, wenn da auch ein Meistertitel aufgelistet wäre. Mit Differdingen waren wir einmal sehr nah dran. Das wäre die Kirsche auf dem Kuchen. Mittlerweile habe ich mit diesem Thema abgeschlossen. Da bin ich auch ehrlich mit mir selbst. Strassen verfolgt andere Ziele. Zudem habe ich auch nicht die körperlichen Voraussetzungen wie „Wagnesch Jang“, der mit 40 noch spielte. 

Für einen Innenverteidiger waren Sie in über 300 Spielen sehr brav und wurden nur dreimal vom Platz gestellt. Sind Sie mit 30 noch immer so schnell, dass Sie keine Notbremsen auspacken müssen – oder akzeptieren Sie dann eher das Gegentor?

Mit 30 hat man ein besseres Auge und die Spielweise ist vielleicht nicht mehr ganz so modern, wie es sich der eine oder andere Trainer vorstellt. Dann bleibt man einfach zehn Meter tiefer und kann das besser einschätzen. Mir ist allerdings aufgefallen, dass ich in den letzten zwei, drei Jahren deutlich mehr Gelbe bekommen habe. Das deutet einerseits wohl darauf hin, dass wir höher verteidigen und ich gleichzeitig noch langsamer geworden bin. Bei der nächsten Gelben werde ich gesperrt – und die kann man im Moment ja nicht bei der Zweiten absitzen. Aber manchmal muss der taktische Fehler sein … Einer der Platzverweise war in Cliftonville, nach einem misslungenen Abstoß. Da musste ich als letzter Mann eingreifen. Das hatte ich schon fast vergessen. Die andere Rote bekam ich von Alain Hamer. 

Laut unseren Archivfotos brüllen Sie ziemlich viel – sei es ins Megafon, aber eben auf dem Platz. Wann brennt die Sicherung durch?

Genau wie bei uns Spielern kommt es ja mal vor, dass die Schiedsrichter nicht ihren besten Tag erwischen. Wenn zudem das Ergebnis nicht passt und man sich benachteiligt fühlt, treibt das einen dann schon schneller auf die Palme. Ich muss zugeben, dass ich in den letzten beiden Jahren möglicherweise härter mit den Unparteiischen ins Gericht gegangen bin, aber nur ein oder zwei Gelbe wegen Meckerns bekommen habe. Auf dem Rasen bin ich temperamentvoller als außerhalb. Nach dem Schlusspfiff lasse ich das noch zehn Minuten raus und danach beruhige ich mich wieder schnell. 

Schreien Sie Ihre Kunden in der Bank ebenfalls an?

Nein, da ist es eher umgekehrt und die Kunden beschweren sich über die Bankangestellten (lacht). Ich bin seit ein paar Monaten stellvertretender Geschäftsleiter in Strassen. Das kam zu der normalen Betreuung der Kunden bei den Immobilienkrediten hinzu. Durch den Fußball lernt man viele Leute kennen und da kommt es dann auch mal vor, dass Kollegen dich für den Kredit kontaktieren. 

Ihnen wird nachgesagt, dass Sie einen Bügel im Rücken haben. Woher kommt diese gerade Haltung?

Zu einem gewissen Moment habe ich damit begonnen, vermehrt auf den Zehenspitzen zu laufen. Das bringt dann eben mit sich, dass ich nicht so elegant erscheine wie andere. Unter Dan Theis oder Guy Hellers mussten wir damals bei den U17 und U19 sehr oft sprinten, eben auf den Zehenspitzen. Bei mir ging diese Haltung nie wieder weg. Ich habe mich auch nicht dagegen gewehrt. Es stört mich nicht und ich muss mir ja auch nicht selbst zuschauen. Vielleicht ist es aber auch der Grund dafür, dass ich während der ganzen Karriere nur einmal eine Zerrung hatte – und ausgerechnet das erste Duell mit Strassen gegen Differdingen verpasst habe. Dann ist es mir doch lieber, dass mein Laufstil nicht so ästhetisch aussieht. 

Wie sieht es denn insgesamt mit der „Hygiène de vie“ aus?

Es kommt mir entgegen, dass ich ungesundes Essen nicht wirklich mag. Sagen wir mal so: Ich passe besser auf das Essen auf als auf das, was ich trinke …

Zurück zu den Zehen: Dadurch haben es die Physiotherapeuten anscheinend sehr schwer, Ihre „Monsterwaden“ zu massieren …

Bei manchen sind die Finger tatsächlich zu klein. Aber das ist für mich ein Muss. Ich lasse mich vor jedem Spiel massieren. Das ist eine meiner Gewohnheiten. Ich benutze auch das gleiche Tuch und trinke seit zwei Jahren jedes Mal vorher einen Red Bull. Wenn ich daran denke, ziehe ich den rechten Schuh zuerst an. 

Wie lange sind Sie bereits stolzer Moped-Besitzer? 

Seit einem Jahr. Ich wohne inzwischen nur noch zehn Minuten vom Arbeitsplatz und dem Fußballplatz entfernt. Deshalb habe ich mir eine dunkelblaue Vespa zugelegt. Am ersten Tag wurde noch etwas darüber gescherzt, aber mittlerweile ist das allen egal. Es gefällt mir wirklich gut. Mit einer Vespa kann man ja auch falsch parken. Ich erinnere mich noch an den Tag, an dem ich diese Führerscheinprüfung hatte. Im Normalfall muss man sieben Fahrstunden ablegen, nach drei sagte der Fahrlehrer, es wäre okay. Es regnete und war eiskalt. Ich musste bis nach Grevenmacher und wieder zurück fahren. 

Ihr ehemaliger D03-Kollege Mathias Jänisch erinnerte sich noch sehr gut an die beiden Sixpacks Bier, die in Tromsö heimlich auf einem Zimmer geleert werden mussten. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Wenn ich mich richtig erinnere, war es auf dem Zimmer von Yan Heil und Gilles Bettmer. Wir waren zu viert und hatten darauf gehofft, auszugehen. Das durften wir aber nicht. Unser Teammanager, um ihn mal so zu nennen, hat uns dann ein paar Bier organisiert. Es gab wirklich keine große Party, denn das Bier war innerhalb von 30 Minuten weg … Es sind einfach tolle Erinnerungen. Manchmal realisiert man erst, dass das schon teilweise eine Ewigkeit her ist. Den Europapokal verbinde ich mit schönen Stadien, schönen Städten und guter Stimmung. Es ist nicht unbedingt unser Ziel, das auch mit Strassen zu erreichen, trotzdem redet unser Trainer davon. Er nennt dann Ben Payal und mich als Beispiel. Wir können das auch nur bestätigen, dass solche Erfahrungen einfach einzigartig sind und man sie nicht vergisst.

Nicht vergessen haben Sie bestimmt auch die Gelbe Karte im Hinspiel gegen Paris Saint-Germain, weshalb Sie das Rückspiel im Parc des Princes verpasst haben …

Es war auf jeden Fall eine der dümmsten Karten meiner Karriere. Es waren nur noch zwei Minuten zu spielen und dann habe ich mir auf der Seite ein völlig unnötiges Foul geleistet. Da ich damals Student war, hatte ich aber nichts Besseres vor und bin mit nach Paris gefahren. So konnte ich zumindest dort einmal trainieren und die Autos der PSG-Profis in der Tiefgarage bewundern. Ich saß damals im VIP-Bereich und Claude Makélélé ebenfalls. Das war also auch eine tolle Erfahrung, obwohl ich natürlich lieber gespielt hätte. 

Am vergangenen Sonntag haben Sie „Matze“ nach dem Spiel zu sich eingeladen. Die hausgemachte Pasta schmeckte anscheinend hervorragend. Sind Sie ein guter Koch?

Ich hatte Hilfe … Zu den Saucen habe ich nichts beigetragen. Manchmal verliert man die Motivation, wenn man nur Zwiebeln schneiden darf. Im Lockdown habe ich wieder mehr gekocht, aber jetzt fehlt mir dazu wieder Zeit. Da Mathias und mir der „Patt“ in der „Buvette“ verwehrt blieb, haben wir den Abend zumindest zu Hause – unter Einhaltung der Regeln – ausklingen lassen. 

Im Team sind Sie bekannt für Humor und Ehrgeiz. Was ist Ihnen wichtiger?

Humor. Ich bin jemand, der Freude im Leben braucht. Ehrgeiz braucht man in allen Phasen des Lebens. Wenn man einen Schritt macht und Differdingen für Strassen verlässt, ist das ein Zeichen des Ehrgeizes. Gleichzeitig sind die Mittel hier andere. Die Familie ist kleiner als bei D03, aber es wird alles darangesetzt, dass wir erfolgreich sein können. 


2 Fragen zum Wochenende

In der Tabelle ging es für Strassen nach den beiden Niederlagen gegen die Jeunesse und Niederkorn steil bergab. Wie belastend war diese letzte englische Woche? 

Vorher haben wir nur zwei Punkte bekommen. Mit ein bisschen mehr Glück und Cleverness hätten es auch sechs sein können. Dann wären wir auch mit weniger Druck aufgrund der Tabelle in diese Woche gegangen. Gegen die Jeunesse haben wir spielerisch die beste Leistung der Saison gezeigt und haben es nicht geschafft, das 1:0 zu machen. Wir waren auch nicht schlechter als Niederkorn, da hat die individuelle Klasse den Unterschied gemacht. Das hat trotzdem keinen Einfluss auf die Moral. Gegen die Fola wird es nicht einfacher. 

 Am Sonntag empfangen Sie den aktuellen Leader Fola. Worauf wird es ankommen?

Wir haben noch eine Rechnung offenstehen. Die Leistung im Hinspiel (1:4) war desolat. Es wäre extrem wichtig, die Null so lange wie möglich zu halten. Dann ist alles möglich. Bei uns zu Hause ist es für keinen Gegner einfach. Wieso sollten wir nicht gegen die Fola gewinnen können …?