Freitag24. Oktober 2025

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Tania Brugnoni„Ich begegne der Institution mit Ehrfurcht, lasse mich davon aber nicht lähmen“, sagt die neue MNAHA-Direktorin

Tania Brugnoni / „Ich begegne der Institution mit Ehrfurcht, lasse mich davon aber nicht lähmen“, sagt die neue MNAHA-Direktorin
Neu auf dem Fëschmaart: Tania Brugnoni, Direktorin des MNAHA Foto: Editpress/Julien Garroy

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Ein neues Gesicht auf dem Fëschmaart: Tania Brugnoni leitet seit Januar das „Musée national d’archéologie, d’histoire et d’art“ (MNAHA). Auf ein Gespräch über kommunale Kulturpolitik, Instagram und fette Beute.

Der Empfangsmitarbeiter im Nationalmuseum greift hinter der Theke nach einem Telefonregister, streicht mit einem Finger über das Dokument. Eine Kollegin fragt, nach wem er sucht. „Tania Brugnoni“, antwortet er. „Schau unter Michel Polfer nach“, rät sie. Er greift zum Hörer und schon bald taucht Tania Brugnoni in der Eingangshalle auf: Sie ist seit knapp einem Monat die neue Direktorin des MNAHA und somit die Nachfolgerin des nun pensionierten Leiters Michel Polfer.

Zur Person

Tania Brugnoni (1975, Petingen) ist Restauratorin und Konservatorin. Sie besitzt zudem ein Zertifikat mit Spezialisierung in der Geschichte der dekorativen Künste, Museologie und Kunstmarkt. Jenes erwarb sie am „Istituto per l’Arte e il Restauro“ in Florenz. 2013 wurde sie zur Direktorin des „1535 Creative Hub“ ernannt. Seit dem 1. Januar 2025 leitet sie das „Musée national d’archéologie, d’histoire et d’art“ (MNAHA) in Luxemburg-Stadt.

Brugnoni führt in ihr Büro, nennt den Weg labyrinthisch. Dort angekommen, fallen Umzugskisten auf: Noch stehen ein, zwei im Weg, als Brugnoni sich über die Warmherzigkeit und die Kompetenzen ihres Teams im MNAHA freut. Auf ihren Einstieg angesprochen gesteht sie offen: „Wer eine neue Stelle antritt, hegt Erwartungen und Ängste.“ Zurzeit arbeite sie sich vor allem in die Dossiers und in die „enzyklopädische Sammlung“ ein, verschaffe sich einen Überblick der verschiedenen Abteilungen.

Über 20 Jahre war sie für die Gemeinde Differdingen tätig, zuletzt als Direktorin des „1535 Creative Hub“. Jetzt verwaltet sie eine der größten Kulturinstitutionen des Landes, zu der neben dem Nationalmuseum auch das „Musée Dräi Eechelen“, die „Réimervilla Echternach“ sowie die Forschungszentren „Centre de documentation sur la forteresse de Luxembourg“ und das „Lëtzebuerger Konschtarchiv“ zählen.

Vom „Hub“ ins Nationalmuseum

„Ich begegne der Institution mit Ehrfurcht, lasse mich davon aber nicht lähmen“, sagt Brugnoni. Sie ist von der Historie der Einrichtungen fasziniert, besonders von der langjährigen Forschungsarbeit und der bewegten Geschichte des Nationalmuseums. Eine Kulturstätte, deren Anfänge bis ins Jahr 1845 zurückreichen. Gleichzeitig unterscheide sich ihr Posten wenig von dem im „1535“, den sie als maßgebend für die Entwicklung der luxemburgischen Kreativwirtschaft und einen der wichtigsten „Hubs“ der Großregion bezeichnet. „Am Ende geht es um Kulturmanagement“, schlussfolgert Brugnoni. Differenzen zwischen dem regionalen und dem hauptstädtischen Kulturbetrieb macht sie trotzdem aus.

Sie beschreibt den Blick vom Süden nach Luxemburg-Stadt: „Dort befinden sich die großen Sammlungen, höhere Budgets, mehr Hochkultur – das ist nicht mit Esch, Differdingen oder Düdelingen vergleichbar.“ Differdingen und Düdelingen hebt sie hervor, wenn sie dennoch eine Lanze für die kommunale Kulturpolitik bricht: Beide würden seit Jahren ein gutes Kulturangebot liefern; Differdingen zähle außerdem zu den ersten Gemeinden, die eine Kulturabteilung und einen entsprechenden Entwicklungsplan ins Leben riefen. Nur Esch hat bisher eine vergleichbare Strategie aufzuweisen, wie aus dem Kulturentwicklungsplan (KEP) hervorgeht.

Tania Brugnoni will das Museum zugänglicher machen
Tania Brugnoni will das Museum zugänglicher machen Foto: Editpress/Julien Garroy

Museum auf Instagram

Grundsätzlich spricht Brugnoni sich für die Dezentralisierung der Kulturszene aus und vertritt zudem die Devise: „Komm ins Museum oder das Museum kommt zu Dir“. Was wie eine Drohung klingt, soll das Publikum des MNAHA erweitern. Brugnoni kennt die Ergebnisse der Studie „Le public des musées en 2020“ (Liser und Kulturministerium, 2022): Aus jener geht unter anderem hervor, dass vor allem Menschen mit Hochschulabschluss oder aus akademischen Haushalten Luxemburgs Museen besuchen. Der Großteil davon stammt aus dem EU-Ausland (74 Prozent), Personen mit luxemburgischer (58 Prozent) oder portugiesischer (43 Prozent) Nationalität finden seltener den Weg in die Ausstellungshäuser. Brugnoni erwähnt in dem Kontext die Schwellenangst, die Hemmungen. „Wir müssen auf das Publikum zugehen“, betont sie.

Zum einen gelinge dies durch Inhalte, mit denen sich die Gemeinschaften identifizieren könnten, wie die hauseigenen Ausstellungen „Le passé colonial du Luxembourg“ oder „La Révolution des Œillets“. Es sei wichtig, die Diversität und die Sprachenvielfalt Luxemburgs abzubilden.

Zum anderen brauche es andere Erzählformate, etwa durch die Nutzung sozialer Medien. „Wir sollten das Angebot um digitale Inhalte ergänzen – durch Podcasts oder Storys auf Instagram, welche die Biografien der Kunstschaffenden aufarbeiten“, erklärt die Direktorin. Beispiele aus dem Ausland gebe es zur Genüge. Sie führt unter anderem das „Städel Museum“ und die „Kunsthalle Schirn“ in Frankfurt am Main an. Die Institutionen müssten mit der Zeit gehen, die heute schnelllebiger sei als je zuvor. „Es geht darum, Interesse zu wecken“, stellt sie klar. „Wer eine Ausstellung mit allen Sinnen erleben will, muss weiterhin ins Museum.“

Baustellen und Feminismus

Doch was erwartet das Publikum dort, unter ihrer Leitung? Ein Langzeitprojekt ist die Neugestaltung der Abteilung zu Archäologie, hin zu einer immersiven, interaktiven und multimedialen Dauerausstellung. Die Arbeiten seien dringend notwendig: Es gebe starke Schäden aufgrund von Korrosion der Trägerstruktur. Andere Baustellen geht die Direktorin eher aus Leidenschaft an: Sie will die Sammlung um Exponate aus dem Design und dem Kunsthandwerk erweitern; den Austausch mit zeitgenössischen Kunstschaffenden aus dem In- und Ausland pflegen.

Ich bin Feministin bis aufs Blut

Tania Brugnoni, Direktorin MNAHA

In jedem Fall legt sie Wert auf die Sichtbarkeit von Frauen. „Ich bin Feministin bis aufs Blut“, versichert sie. „Mir war es immer ein Anliegen, Frauen mit an Bord zu nehmen.“ Im MNAHA war das auf dem Chefsessel bis dato nicht der Fall: Brugnoni ist die erste Direktorin des Nationalmuseums. Darüber hinaus sind Bettina Steinbrügge (Mudam) und sie die zwei einzigen Frauen an der Spitze hauptstädtischer Museen – Kulturzentren mit Ausstellungsangebot nicht inbegriffen. Erst mit voranschreitendem Alter und Berufserfahrung habe sie sich als Frau in der Berufswelt respektiert gefühlt, offenbart Brugnoni. „Wir mussten uns die Zähne ausbeißen“, sagt sie. „Du musstest doppelt so gut sein wie die Männer.“ Die jüngere Generation, die jetzt teilweise Entscheidungspositionen innehabe, denke zum Glück anders. „Frauen erhalten heute eher Zugang zu Schlüsselpositionen“, hält sie fest.

1 Wort – 1 Werk – 1 Name

Was bedeutet Museum für Sie?
Zukunft

Welches Kunstwerk würden Sie gerne restaurieren?
„Genter Altar“ von Jan van Eyck

Wen wollen Sie ausstellen?
Giovan Battista Moroni

Gleichstellung im Kulturbetrieb ist nur eine von vielen sozialen und politischen Debatten, welche die Museumswelt prägen. Ein weiteres Thema ist die Rückgabe von Raubkunst. Das MNAHA befasste sich zuletzt im Zuge von „Le passé colonial du Luxembourg“ kritisch mit der eigenen Sammlung, bot im Januar 2022 die Rückgabe von 86 Objekten an das Nationalmuseum von Tansania in Daressalam an. Brugnoni ist dafür, solche Recherchen voranzutreiben und Verantwortung zu übernehmen.

Als größte Herausforderung bezeichnet sie jedoch den Erhalt des Kulturerbes. „Es besteht eine Analogie zur Klimakrise: Wir schieben das Problem vor uns hin, bis es zu spät ist“, befürchtet sie. Sie meint damit unter anderem die Lagerung öffentlicher Sammlungen. Der KEP sieht die Errichtung eines entsprechenden nationalen Lagers vor, nennenswerte Fortschritte in dem Dossier blieben bisher aus.

Während Brugnoni diese unterschiedlichen Challenges mit ihrem Team angeht, will sich Michel Polfer – laut einem Interview mit dem Wort – unter anderem dem Angeln widmen. Brugnoni vertraut weiterhin auf seinen Rat und seine Expertise, wünscht ihm zum Abschied mit einem Grinsen aber deshalb vor allem eins: den großen Fang.

DanV
11. Februar 2025 - 14.27

Vor Jahren war ich im Nationalmuseum, um mir die archäologischen Funde anzusehen.

Meine Erinnering daran: eine schummrige Halle, in denen die Szenen und Artefakte meist so schlecht ausgeleuchtet waren, dass Teile im Schatten lagen und die Details nicht auszumachen waren. Es war enttäuschend.

Es freut mich, dass renoviert wird und ich hoffe, dass danach die Beleuchtung besser wird.