GazastreifenHumanitäre Katastrophe: Kriterien der UNO für eine Hungersnot

Gazastreifen / Humanitäre Katastrophe: Kriterien der UNO für eine Hungersnot
Palästinenser sammeln im nördlichen Gazastreifen inmitten der anhaltenden Kämpfe Hilfsgüter ein Foto: AFP

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Die Menschen im Gazastreifen versuchen verzweifelt, an Nahrung und Wasser zu kommen, in ihrer Not essen manche von ihnen nach eigenen Angaben Blätter und Viehfutter. „Wenn sich nichts ändert, steht eine Hungersnot im nördlichen Gaza unmittelbar bevor“, warnt Carl Skau vom UN-Welternährungsprogramm (WFP). Die UNO hat strenge Kriterien, um eine Nahrungsmittelkrise zur Hungersnot zu erklären.

Wie wird eine Hungersnot gemessen?

Die Einstufung der Lage stützt sich auf die Integrierte Klassifizierung der Ernährungssicherheitsphasen (IPC). Sie unterscheidet fünf Stufen: minimal, angespannt, Krise, Notfall und Katastrophe/Hungersnot.

Phase 5 ist erreicht, wenn ein Gebiet die folgenden Kriterien erfüllt: Mindestens 20 Prozent der Haushalte leiden unter extremer Nahrungsmittelknappheit, mindestens 30 Prozent der Kinder sind akut unterernährt und mindestens zwei von 10.000 Menschen oder mindestens vier von 10.000 Kindern unter fünf Jahren sterben täglich an Hunger oder seinen Folgen.

Wie ist die Lage im Gazastreifen?

Die Vereinten Nationen schätzen, dass 2,2 Millionen Menschen im Gazastreifen – fast die gesamte Bevölkerung – von einer Hungersnot bedroht sind. Besonders betroffen ist der Norden, wo Zerstörungen, Kämpfe und Plünderungen die Lieferung humanitärer Hilfe fast unmöglich machen. „Nach dem wahrscheinlichsten Szenario wird die landwirtschaftliche Produktion im Norden bis Mai zusammengebrochen sein“, sagt Maurizio Martina, stellvertretender Generaldirektor der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO). Laut dem palästinensischen Verband für landwirtschaftliche Entwicklung (PARC) zerstörte die israelische Armee ein Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe im Norden des Gazastreifens.

Die derzeitige extreme Nahrungsmittelknappheit könnten zu einer „Explosion“ der Kindersterblichkeit im Gazastreifen führen, warnt das UN-Kinderhilfswerk Unicef. Jedes sechste Kind unter zwei Jahren ist demnach schwer unterernährt. Sechs Kinder seien bereits verhungert, teile das von der radikalen Palästinenserorganisation Hamas geführte Gesundheitsministerium am Mittwoch mit.

In einer Note vom 22. Februar, die die Nachrichtenagentur AFP einsehen konnte, forderte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, „das Verbot des Aushungerns der Zivilbevölkerung als Kriegsmethode“ durchzusetzen.

Wie entstehen Hungersnöte?

Grund für den Hunger im Gazastreifen sind die unzureichenden Hilfslieferungen infolge des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas. Oft entstehen Hungersnöte nach Naturkatastrophen wie Dürren, Überschwemmungen oder Erdbeben, die Vorräte oder Ernten vernichten oder den Zugang zu Lebensmitteln einschränken. Besonders groß ist die Gefahr, wenn nach Katastrophen die Hilfe nicht schnell und ausreichend bei den Menschen ankommt. Auch Wirtschaftskrisen, die den Nahrungsmittelhandel durcheinander bringen oder die Preise in die Höhe treiben, können in Hungersnöten münden.

Wer erklärt eine Hungersnot?

Sobald die IPC-Kriterien erfüllt sind, liegt es an den zuständigen Akteuren des betroffenen Landes wie Regierungsbehörden oder UN-Organisationen, eine Hungersnot zu erklären. Die aktuelle Einstufung der Situation im Gazastreifen soll in der ersten Märzhälfte abgeschlossen sein.