Hotel-Restaurant Hélène Hiertz – Das erste Sterne-Restaurant made in Luxemburg

Hotel-Restaurant Hélène Hiertz – Das erste Sterne-Restaurant made in Luxemburg
Wer Richtung Gilsdorf fuhr, kam stets daran vorbei: Das Hotel-Restaurant Hiertz

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Das Hotel-Restaurant von Hélène Hiertz, auf der Esplanade in Diekirch, war das erste Luxemburgs, das im renommierten französischen Gastronomieführer „Guide Michelin“ mit Sternen ausgezeichnet wurde. Die Geschichte dazu erzählt ein neues Buch mit dem Titel „Madame Hélène et Antonio“, aus der Feder von Ern Breuskin. Das Tageblatt sprach mit Küchenchef Antonio Pretti über seinen Werdegang, die Arbeit, Madame Hélène sowie den Griff nach den kulinarischen Sternen.

Von unserem Korrespondenten Olivier Halmes

Man sieht Antonio Pretti seine 80 Jahre nicht an. Viel Energie und Charme versprüht der pensionierte Sterne-Koch bei seiner Begrüßung. Der gebürtige Italiener ist noch immer mit Leib und Seele Gastronom, das merkt man sofort. Auch wenn die Zeiten, wo er stundenlang hinter dem Herd, im Restaurant oder auf der Suche nach lukullischen Zutaten verbrachte, schon lange vorbei sind. Bei seiner Pensionierung im Jahre 2001 konnte er auf ein intensives Arbeitsleben von 45 Jahren zurückblicken.

Antonio Pretti, hier mit Ehefrau Carmen, leitete ab 1985 das Sterne-Restaurant

1958 verschlug es ihn, mit nur 19 Jahren, nach Diekirch. Der junge Antonio hatte gerade seine Ausbildung als Koch in Pesaro beendet und folgte, wie es in jenen Zeiten in Italien so üblich war, auf der Suche nach Arbeit dem Ruf ins Ausland. „Eigentlich sollte ich ja im Hotel Beau-Séjour anfangen, aber daraus wurde nichts“, erläutert Pretti. Dann bekam er den Tipp, ein paar Schritte gegenüber vom „Beau-Séjour“, beim Restaurant Hélène Hiertz, anzufragen. Ein Vorschlag, der sich als goldrichtig – im wahrsten Sinne des Wortes – herausstellen sollte.

„Madame Hélène“ schuf den ersten kulinarischen Tempel Luxemburgs

„Madame Hélène war eine Dame mit einem großen Herzen und eine begnadete Gastwirtin“, erinnert sich Pretti an seine ehemalige Chefin. Hélène Hiertz wurde 1911 in Heinerscheid geboren. Vor und während des Zweiten Weltkriegs war sie Wirtin des Buffet de la Gare in Kautenbach. Während des Krieges war Hélène Hiertz zudem im luxemburgischen Widerstand gegen die deutschen Besatzer aktiv. Sie wurde jedoch an die Nazis verraten und verhaftet. 18 Monate lang war sie im Frauen-KZ Ravensbrück interniert. Nach dem Krieg, im Jahre 1947, heiratete Hélène ihren Mann Christophe Colling. Gemeinsam mit ihm eröffnete sie 1949 das Café Hotel-Restaurant auf der Esplanade in Diekirch. Bis zu ihrem Tod im Jahre 1985 leitete sie den Betrieb. Danach führte Antonio Pretti, bis zur seiner Pensionierung im Jahre 2001, das Sterne-Restaurant.

Der erste Stern im Jahr 1958

Im gleichen Jahr (1958), in dem Pretti nach Diekirch kam, erhielt das Hotel-Restaurant Hélène Hiertz seinen ersten Stern im bekannten Restaurantführer „Guide Michelin“. Eine Stolze Leistung, denn es war gleichzeitig der erste Stern überhaupt für ein luxemburgisches Restaurant.

Hélène Hiertz

Von Beginn an vertraute Hélène Hiertz den Künsten ihres neuen Küchenchefs. Antonio lernte viel von der erfahrenen Gastwirtin. Im Gegenzug ließ die Chefin ihm freie Hand. Er durfte seine gastronomische Kreativität ausleben. „Damals, im Jahr 1958, waren wir nur zu viert im Betrieb“, blickt Antonio Pretti zurück. „Herr Colling war für den Service zuständig. Madame Hélène für die Küche sowie für die Gäste und ich stand am Herd. Daneben hatten wir noch ein Mädchen für den Abwasch.“

„Es war alles nicht so einfach“, beschreibt Antonio die ersten Jahre. Neben der vielen Arbeit im Restaurant mussten die Lebensmittel in Eigenregie auf den Großmärkten und bei Produzenten im In- und Ausland besorgt werden. Das nahm viel Zeit in Anspruch. „Heute genügt es, bei einem bekannten luxemburgischen Großhändler anzurufen und man bekommt alles Mögliche von überall aus der Welt geliefert“, sagt Pretti. Lange 16-Stunden-Arbeitstage waren daher keine Seltenheit, wollte man den Gästen ein besonderes kulinarischen Erlebnis bieten. „Geduld, Leidenschaft für das Metier und viel Arbeitseifer sind die Voraussetzungen für den Erfolg“, so der Sternekoch. Diese Einstellung wurde 1971 mit einem weiteren Michelin-Stern belohnt.

Viel Prominenz war zu Gast

Bis 1989 gelang es dem Restaurant Hiertz und seinem Küchenchef, die hohe Auszeichnung von zwei Sternen zu verteidigen. „Es ist schon schwer, einen Stern zu bekommen, es ist aber noch schwerer, zweie zu erhalten. Die größte Schwierigkeit liegt jedoch darin, die Sterne zu verteidigen.“ So verlor das Restaurant seinen zweiten Stern wieder. Ein Stern blieb Antonio Pretti aber bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2001 erhalten.

Bekannte Namen aus Politik, Adel und Gesellschaft gaben sich im Hotel-Restaurant Hiertz die Klinke in die Hand. So wurde u.a. für den deutschen Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) gekocht. Der sowjetische Außenminister Andrej Andrejewitsch Gromyko machte auf seinem Weg von Deutschland nach Belgien extra einen Umweg, um in Diekirch tafeln zu können. Der ehemalige italienische Ministerpräsident Aldo Moro besuchte das Restaurant, ebenso wie gekrönte Häupter aus Luxemburg, den Niederlanden oder Belgien.

„Viele bekannte Persönlichkeiten wollten bei uns speisen. Bei offiziellen Anlässen war es oft ein großes gesellschaftliches Event, wenn Regierungsvertreter wie Gaston Thorn mit ihren Staatsgästen nach Diekirch kamen“, blickt Antonio Pretti, nicht ohne Stolz, auf seine und Hélène Hiertzens Leistung für das kleine Sauerstädtchen zurück.