Auch ohne Warnzeichen seines alternden Körpers wird dies ein langer, anstrengender Tag für Charles Philip Arthur George Windsor sein. Dessen Krönung feiern am 6. Mai die Mehrheit der Briten – und mit ihnen viele Bürger von 14 anderen Staaten rund um die Welt, deren Staatsoberhaupt der Monarch des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland bis heute ist.
Mit ihnen werden viele Millionen rund um die Welt ein Spektakel am Fernsehen verfolgen, wie es in der dritten Dekade des 21. Jahrhunderts nur noch dieses Königshaus zu bieten hat: das Defilee Tausender Soldaten Großbritanniens sowie aus vielen der insgesamt 56 Staaten, die zum englischsprachigen Commonwealth gehören; die prächtige Kutschfahrt vom Buckingham-Palast zur Westminster Abbey im Herzen Londons; der Gottesdienst mit feierlicher Salbung durch den anglikanischen Erzbischof von Canterbury, der seinem König schließlich auch die Krone aufsetzt, und, nach einer weiteren Prozession durch London, die obligatorische Präsentation der Dynastie auf dem Balkon des Palastes.
„Von Gottes Gnaden“ sei dieser König, steht bis heute auf jeder britischen Münze. Doch so wie das Bargeld kaum noch Anwendung auf der Insel findet, greift auch die Skepsis gegenüber allem Religiösen um sich. Niemand weiß das besser als Charles III., der sich als spirituell Suchender begreift und die Welt in seiner langen Amtszeit als Thronfolger auch häufig daran teilhaben ließ. So jemand gerate schnell in den Verdacht, „ein bisschen gaga zu sein“, vermutet Nick Baines, der Bischof von Leeds.
Lange Jahre des Schattendaseins
Nicht etwa, dass der Kirchenmann seinen König für verrückt erklären will – im Gegenteil: „Er dachte früher als andere darüber nach, wie es sein würde, in einer pluralistischen, multikulturellen Gesellschaft zu leben.“ Und so treten im anglikanischen Gottesdienst auch Vertreter von Judentum, Islam oder Buddhismus ins Rampenlicht, wirken viele Frauen und Angehörige ethnischer Minderheiten bei der Feier mit. Nicht zuletzt wird der gläubige Hindu Rishi Sunak, nach der unglücklichen Liz Truss bereits Charles’ zweiter Premierminister, die biblische Epistel verlesen.
Stärker könnte der Kontrast kaum sein zur Krönung von Charles’ damals 27-jähriger Mutter Elizabeth II., deren erster Premier Winston Churchill am Ende des 19. Jahrhunderts noch im Namen von Königin Viktoria (1837-1901) in den Krieg gezogen war. Der scheußlich kalte und verregnete Junitag 1953 feierte zum letzten Mal das britische Empire und die britische Oberschicht. Um die Welt ging ein Foto des vierjährigen Charles zwischen seiner Tante Margaret und der geliebten Großmutter Elizabeth: festlich gekleidet, akkurat gescheitelt, den schwer gewordenen Kopf auf die rechte Hand gestützt, die Langeweile ins Gesicht geschrieben. Oder enthielt dieser Ausdruck auch schon die Furcht vor den langen Jahren des Schattendaseins?
Den Medien und auch vielen Briten diente der sperrige, von intellektueller Unruhe getriebene Prinz lange Jahrzehnte als Watschenmann. Im Kontrast zur unantastbaren, undurchschaubaren Queen legte Charles seine Leidenschaften offen, musste sich belächeln lassen als versponnener, esoterischer Umweltschützer und Warner vor dem Klimawandel, als Workaholic mit dem unstillbaren Drang zur Weltverbesserung. „Er spürt den Zwang, etwas zu bewirken“, resümiert seine Biografin Catherine Mayer.
Eisernes Schweigen in bester Queen-Manier
Das hat dem Repräsentanten einer aus der Zeit gefallenen Institution Respekt eingebracht, ihn zuletzt sogar richtig modern aussehen lassen. Die Bilanz der ersten Amtsmonate seit dem Tod der Queen im September fällt positiv auf. Schweigend nahm der weltweit bekannte Klimaschützer zur Kenntnis, dass die Premiers Truss und Sunak ihn nicht zum UN-Klimagipfel COP nach Ägypten fahren lassen wollten. Wie von der Regierung gewünscht reiste er im März auf den Kontinent und entzückte die Deutschen mit wohlgesetzten Reden und charmanter Freundlichkeit; demnächst sollen auch die Franzosen in den Genuss royalen Glamours kommen. Höflich lehnte Charles den Plan des Großflughafens Heathrow ab, Terminal 5 nach ihm zu benennen.
Vor allem wahrten der König und seine nächsten Angehörigen in bester Queen-Manier eisernes Schweigen angesichts der schmutzigen Wäsche, die Prinz Harry in seinem Memoirenband „Reserve“ vor aller Welt ausbreitete. Mag die Chance auf eine Versöhnung mit seinem entfremdeten, nach Kalifornien emigrierten Zweitgeborenen in weiter Ferne liegen – immerhin wird Harry dabei sein am Samstag, wenn auch ohne seine Frau Meghan und die beiden Kinder.
Gewiss wird die Anwesenheit des 38-Jährigen des Königs Herz so erfreuen, wie ihn andererseits die Teilnahme umstrittener Personen belastet. Dazu gehört sein jüngerer Bruder Andrew, dem die Freundschaft mit verurteilten Sexualverbrechern anhängt, ebenso wie Chinas Vizepräsident Han Zheng als Vertreter der kommunistischen Diktatur, die Charles einst von „gräßlichen alten Wachsfiguren“ geleitet sah. Delikat bleibt auch der Dialog mit Regierungschefs wie Australiens Anthony Albanese, die offen der Abkehr ihrer Heimatländer von der früheren Kolonialmacht das Wort reden.
Charles hat sich verdient, dass sein Feier-Wochenende gut verläuft. Er weiß aber auch: Kommende Woche beginnen die Mühen der royalen Ebene.
De Maart
Hoffentlich ist der Spuk jetzt vorbei.Es gibt wichtige Themen die die Welt bewegen.
Dieses mittelalterliches Getue
passt nicht mehr in so eine
lamentabele Welt,die von Armut
und Kriegen geprägt ist.
Einfach weg mit diesen
steuerfressenden Monarchien.