Freitag5. Dezember 2025

Demaart De Maart

„Verteidigung made in Luxembourg“Hitec baut Antennen – und forscht zur Sicherheit der Zukunft

„Verteidigung made in Luxembourg“ / Hitec baut Antennen – und forscht zur Sicherheit der Zukunft
Zwei Ingenieure als Führungsduo: Geschäftsführer Philippe Osch (l.) und Verwaltungsratvorsitzender Yves Elsen Foto: Editpress/Julien Garroy

Die Antennen der Armee in Diekirch stammen vom luxemburgischen Unternehmen Hitec. Einer der wenigen unabhängigen Produzenten in Europa und ein Spezialist für Messungen – ob Satelliten, Straßenverkehr oder Naturkatastrophen. Ein Besuch in Mamer.

Wenn man die Veränderungen, die Luxemburgs Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten erlebt hat, nachvollziehen möchte, kann man in ein Industriegebiet am Rande von Mamer fahren. Hier sitzt seit Ende 2018 das Unternehmen Hitec. Ein unscheinbarer grauer Bau, wäre da nicht das leuchtend gelbe Firmenschild samt Logo über der Eingangstür, das für den Laienblick ein wenig nach Maßband aussieht. Im Gespräch mit den beiden Gesellschaftern des Unternehmens, die wenig später im Konferenzraum empfangen, stellt sich heraus, dass dieser erste Eindruck nicht allzu weit von der Realität entfernt ist.

„Wir definieren uns selbst als ein Unternehmen, das spezialisiert ist auf Messungen“, sagt Yves Elsen. Ob Verkehrsfluss, das Ausmaß einer Naturkatastrophe oder die Position eines Satelliten. „Das sehen Sie auch in unserem Logo. Eine Punktreihe, Primzahlen, die sich weiterbewegen. Ein Fluss von Messungen.“ Elsen ist Vorsitzender des Verwaltungsrats von Hitec. Zuvor war er 20 Jahre lang Geschäftsführer des Unternehmens, eine Position, die 2023 Philippe Osch übernommen hat, der selbst auch schon seit anderthalb Jahrzehnten bei Hitec arbeitet. Den beiden Ingenieuren gehört das Unternehmen größtenteils, zwei weitere langjährige Mitarbeiter halten kleinere Anteile.

Serie: „Verteidigung made in Luxembourg“

Der Besuch bei Hitec ist der zweite Teil unserer Artikelserie über die luxemburgische Verteidigungsindustrie. In dieser Reihe wollen wir in regelmäßigen Abständen Unternehmen porträtieren, die in einem Bereich der Wirtschaft aktiv sind, über den gerade viel gesprochen wird, aber wenig bekannt ist.

Bekannt ist Hitec heute vor allem als Spezialist für Bodensegmente in der Satellitentechnik. Dabei kamen die Satelliten erst Anfang der Neunzigerjahre ins Portfolio des Unternehmens. Gegründet wurde Hitec 1986 – ganz im Start-up-Geist des damals auch noch jungen Silicon Valleys – in einer Garage in Junglinster. „Wir sind eine Abbildung der Diversifizierungspolitik Luxemburgs ab Mitte der Achtzigerjahre“, sagt CEO Philippe Osch. Angefangen hat es mit Messgeräten für kleine Rußkugeln, die bei der Vulkanisierung von Reifen zum Kautschuk hinzugefügt werden – bis heute eines der Produkte und Standbeine von Hitec.

Verteidigung hat Einfluss auf die Einstellungen

Seit Ende der Neunzigerjahre baut Hitec Bodensegmente für Satelliten. „Jedes Satellitensystem, so gut es auch sein mag, braucht einen Ankerplatz. Und das ist das Bodensegment“, erklärt Elsen. In den Jahren danach weitet sich das Portfolio – auch dank Luxemburgs Beitritt zur Europäischen Weltraumagentur (ESA) im Jahr 2004. Die ESA zählt ebenso zu den Kunden von Hitec wie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt oder Luxemburgs Satellitenbetreiber SES. „Wir haben uns international einen Namen gemacht“, sagt Elsen. „Wir sind heute eines der wenigen unabhängigen Unternehmen in Europa, die Antennen produzieren.“

Heute hat Hitec 56 Mitarbeiter unterschiedlicher Nationalitäten. Ein Drittel der Belegschaft sind Luxemburger, ansonsten gibt es Franzosen, Belgier, Deutsche, Rumänen, Portugiesen, Spanier, Griechen und Brasilianer. Etwa die Hälfte aller Mitarbeiter lebt im Land. „Wir haben die gleichen Probleme wie alle anderen Firmen in Luxemburg“, sagt Osch. Fachkräfte sind überall in Europa Mangelware. „Man muss sich die Leute schon an der Universität holen, bevor sie formell auf dem Arbeitsmarkt sind.“ Hitec sucht mittlerweile auch über die Großregion hinaus nach Talenten – doch es gibt Vorgaben. Denn das Unternehmen ist Teil der luxemburgischen Verteidigungsindustrie.

Blick hinter die Kulissen: Die Technik, die in den Bodensegmenten von Hitec steckt 
Blick hinter die Kulissen: Die Technik, die in den Bodensegmenten von Hitec steckt  Foto: Editpress/Julien Garroy

„Wir können nicht überall rekrutieren“, sagt Osch. Das Problem: Bestimmte Projekte verlangen eine bestimmte Sicherheitsfreigabe, die ist nicht bei allen Nationalitäten möglich. Weil bei Hitec alle Mitarbeiter an allen Projekten arbeiten können und es keine Ressourcen für abgeschottete Teams gibt, muss das Unternehmen beim Einstellen auf die Herkunft ihrer Mitarbeiter achten. „Deshalb bleiben wir bei EU-Nationen und ‚friendly nations‘, wie das heutzutage ausgedrückt wird“, sagt Osch.

Fördergelder bringen die Firma vielleicht aus der Risikophase raus, aber wenn es nachher keine Verträge gibt, hat man ein Produkt, das keiner kauft

Philippe Osch, CEO von Hitec

Zur Verteidigung kam Hitec vor 15 Jahren über den Weltraum. Das erste Projekt war eine Zusammenarbeit mit SES. Für Galileo, das Satellitennavigationssystem der EU, lieferte Hitec zwei Antennen zur Kontrolle von Batteriesystemen. „Als wir mit Galileo angefangen haben, kamen wir in den Sicherheitsbereich“, sagt Elsen. Der damalige Geschäftsführer erinnert sich an die Ratschläge zu dieser Zeit: „Man hat uns gesagt: Wenn ihr euch da weiterentwickeln wollt, müsst ihr anfangen, die Firma auf die Sicherheitsprüfung einzustellen.“

Heute seien die Auflagen höher als noch vor 15, 20 Jahren, sagt er. „Das Umfeld hat sich geändert, es ist ein viel sensibler Bereich geworden.“ Eine Hürde für Unternehmer, die neu einsteigen wollen? „Da muss man sich schon drauf vorbereiten“, sagt Elsen. Es gehe nicht einfach zu sagen: Morgen machen wir Verteidigung. „Da braucht es einige Schritte“, sagt er. Der Verteidigungsbereich hat eigene militärische Normen, für die sich Hitec frühzeitig hat zertifizieren lassen.

„Dual Use“ hilft bei der Wirtschaftlichkeit

2012 gab es den ersten Direktvertrag mit der Luxemburger Défence: zwei Antennen für die Armee in Diekirch. Bald sollen zwei weitere folgen. Hitec arbeitet jedoch nicht nur mit der heimischen Verteidigungsdirektion zusammen. „Wir haben auch für die dänische Armee und in anderen nordischen Ländern Projekte in einem ähnlichen Bereich gemacht“, sagt Osch. Im Schnitt hat Hitec in den vergangenen beiden Jahren knapp 15 Prozent ihres Gesamtumsatzes von 10,5 bis 12,5 Millionen Euro in der Verteidigung gemacht.

Rechnen die beiden Unternehmer nun mit einer Art Goldrausch, in Anbetracht der hohen Summen, die auch vor Ort in Luxemburg in Verteidigung investiert werden sollen? „Ich glaube nicht“, sagt Elsen. Und Osch ergänzt: „Es gibt Grenzen des Wachstums in Luxemburg und das ist nicht nur die Verfügbarkeit von Fördergeldern.“ Als Beispiele nennt er die Rekrutierung von Talenten und den Wohnungsmarkt. Der Staat müsse im Verteidigungssektor zudem die richtige Balance finden zwischen Fördergeldern und konkreten Verträgen. „Fördergelder bringen die Firma vielleicht aus der Risikophase raus, aber wenn es nachher keine Verträge gibt, hat man ein Produkt, das keiner kauft.“

Wir stecken erst in den Kinderschuhen eines Verteidigungssektors

Yves Elsen, Vorsitzender des Verwaltungsrats von Hitec

Die Produkte, die Hitec in diesem Bereich anbietet, sind aus diesem Grund auch „Dual Use“, also sowohl für zivile als auch militärische Zwecke einsetzbar. Das Grundprodukt sei das gleiche, erklären die beiden Ingenieure, die Spezifikationen seien bei einem kommerziellen Produkt jedoch anders als bei einem Verteidigungsprojekt, das andere Komponenten, höhere Ansprüche und besseren Außenschutz verlange. Elsen sieht „Dual Use“ als wichtigen Schritt für Unternehmer, um ihre Wirtschaftlichkeit zu behalten. „Wir stecken erst in den Kinderschuhen eines Verteidigungssektors.“ Elsen erinnert sich an einen Satz des ehemaligen ESA-Generaldirektors Jean-Jacques Dordain, der jedem Unternehmer, der in die Raumfahrt einsteigen wollte, riet, sich nicht allein auf dieses Segment zu konzentrieren, weil man sonst wegen wirtschaftlichen Fluktuationen in die Lage kommen könnte, sich von guten Mitarbeitern trennen zu müssen. „Was damals für die Raumfahrt galt, gilt heute für die sogenannte Verteidigungsindustrie“, sagt Elsen.

Das Unternehmen liefert daneben auch die Telekommunikationsterminals für Emergency.lu, eine satellitenbasierte Kommunikationsplattform für den Krisenfall. Und auch in der Forschung ist Hitec aktiv. „Über den European Defence Fund sind wir an spannenden Projekten beteiligt, um die nächste Generation von Verteidigungsprodukten und -lösungen aufzubauen“, sagt Osch. Dabei geht es zum Beispiel um Fragestellungen wie diese: Wenn Satelliten durch feindliche Handlungen ausfallen, wie kann man sie so schnell wie möglich ersetzen? „Heute dauert es noch Jahre, bis Satelliten und Antennen abgestimmt und eingerichtet sind“, so Osch. „Kann man das auf wenige Tage reduzieren?“

Ein weiteres Forschungsprojekt von Hitec betrifft die Quantenverschlüsselung. Wenn alle herkömmlichen Codes mithilfe eines Quantencomputers geknackt werden können, braucht es in Zukunft Quantenverschlüsselung, um Daten noch sicher übertragen zu können. Dabei gehe es „nicht unbedingt um die militärische Ebene“, so Osch, sondern auch um Anwendungen im Finanz- und Gesundheitssektor. Hitec arbeitet an der ersten Station Luxemburgs, um die optischen Frequenzen dieser Verschlüsselung mittels Satelliten zu übertragen. „Dann schauen wir mal, wer die ersten Kunden sein werden“, sagt Osch.