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Zweiter WeltkriegHistorischer Konflikt zwischen Polen und der Ukraine geht in neue Runde

Zweiter Weltkrieg / Historischer Konflikt zwischen Polen und der Ukraine geht in neue Runde
Mit dem neuen polnischen Präsidenten Karol Nawrocki könnte sich der Streit mit Kiew verschärfen Foto: Pawel Supernak/PAP/dpa

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Zum ersten offiziellen Gedenktag Polens für die Opfer der ethnischen Säuberungen 1943-45 im Gebiet Wolhynien in der heutigen Westukraine sind die Gräben zwischen beiden Nachbarländern erneut aufgebrochen.

„Der ukrainische Umgang mit unseren Anliegen ist ein Skandal“, klagte Vize-Parlamentspräsident Piotr Zgorzelski im rechten Privat-Internetradio „Wnet“. Die Polen würden von den Ukrainern bei den gewünschten Exhumierungen völlig anders behandelt als die Deutschen, klagte der Regierungspolitiker Zgorzelski von der kleinen Bauernpartei PSL, einer Juniorpartnerin von Regierungschef Donald Tusk.

Seit Jahren ist die historische Aufarbeitung der Tragödie von Wolhynien, der schätzungsweise 100.000 Polen und rund 5.000 Ukrainer zum Opfer fielen, der wichtigste Zankapfel zwischen Kiew und Warschau. Die beiden Staaten werfen sich dabei regelmäßig Geschichtsfälschung vor. Begonnen hatte der Streit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Unabhängigkeit der Ukraine 1991. Die Polen kümmerten sich seit der demokratischen Wende von 1989 bereits vermehrt um vorherige Tabu-Themen. Dazu gehörte auch die Ermordung von rund 100.000 polnischen Bauern im ostpolnischen Grenzland, das bis zum deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 zu Warschau gehörte. Die Sowjetunion lag damals noch weiter östlich als nach 1945, als Polen von Roosevelt, Stalin und Churchill gen Westen verschoben wurde.

Die Polen wurden von der vom ukrainischen Nationalisten-Führer Stepan Bandera (1909-59) mitgegründeten Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA) niedergemetzelt. Die ukrainischen UPA-Partisanenverbände wurden von der nazideutschen Besatzungsmacht oft gerade zu ethnischen Säuberungen gegen die Polen ermuntert. Diesen fielen vor allem im Sommer 1943 hunderte polnische Bauerndörfer zum Opfer – und dort vor allem wehrlose Frauen und Kinder, die mit äußerster Brutalität ermordet wurden. Erst Monate später hatten es die von der Nazi-Besatzung zusätzlich verfolgten Polen geschafft, Selbstverteidigungskräfte der Heimatarmee (AK) für die Dörfer aufzustellen. Diese gingen vor allem 1944 und 1945 dazu über, in Racheaktionen ukrainische Dörfer in dem Grenzgebiet zu überfallen.

Dazu kam in den Jahren 1946-47 die so genannte „Akcija Wisla“ (Aktion Wechsel), eine von den polnischen Kommunisten geplante Vertreibung der ukrainischen Minderheit aus Südostpolen nach Schlesien und Masuren, Gebiete, die vor 1939 von Deutschen bewohnt wurden.

Polens Vize-Parlamentspräsient Zgorzelski stört sich vor allem daran, dass Berlin offenbar bereits in den 1990er Jahren zehntausende deutsche Wehrmacht-Soldatengräber exhumieren ließ und die Knochen neu bestattete, während die Exhumierungen polnischer Opfer der UPA erst im Mai dieses Jahres wieder begonnen hätten.

Zuvor hatte der damalige ukrainische Staatspräsident Petro Poroschenko (2014-19) die Exhumierungen polnischer Opfer ethnischer Säuberungen nach einem Streit um ein UPA-Denkmal auf polnischem Staatsgebiet mit einem Moratorium einstweilen gestoppt.

Zustimmung zu EU-Beitritt als Faustpfand

Nun allerdings erlaubte das für Exhumierungen zuständige Kiewer Kulturministerium die Ausgrabung von bis zu 120 polnischen Opfern eines UPA-Massakers vom 12./13. Februar 1945 im inzwischen verschwundenen polnischen Dorf Pruschniki in der westukrainischen Oblast Ternopil. Bisher wurden dort in einem Massengrab in einem Waldstück von einem 50-köpfigen polnisch-ukrainischen Expertenteam die Überreste von mindestens 42 Polen, vor allem Frauen und Kindern, geborgen. Ein zweites Massengrab bei Pruschniki soll ab August von den Archäologen und DNA-Spezialisten untersucht werden.

„Die Exhumierungen gehen weiter und es kommen neue hinzu“, sicherte der ukrainische Vize-Kulturminister Andrij Nadzos den Polen dieser Tage in Kiew zu. Die Vorbereitungen im heutigen Lemberger Stadtteil Zboiski seien auf der Zielgeraden, so Nadzos. Nun aber warte eben auch Kiew auf die Exhumierungserlaubnis für das ukrainische Dorf Jureczkowa, das heute drei Kilometer westlich der gemeinsamen Staatsgrenze auf polnischem Gebiet liegt.

„Dieser Exhumierungsprozess wird noch Jahre und Jahrzehnte weitergehen“, sagt Damian Markowski vom Pilecki-Institut. Der rechte polnische Historiker glaubt, die Ukrainer hätten ein Problem mit den Exhumierungen, denn diese würden die Brutalität der UPA zutage fördern. 

Polens in vier Wochen vereidigter, neuer Staatspräsident Karol Nawrocki, seines Zeichens ein Historiker, will die Zustimmung Warschaus zu einem EU-Beitritt der Ukraine von der „ehrlichen und wahrheitsgetreuen“ ukrainischen Aufarbeitung des Wolhynien-Massakers der UPA abhängig machen.

Aaron
13. Juli 2025 - 9.08

@JJ / Sind sie sicher dass die Deutschen von heute nicht mehr die Preisen von 1939 sind? 80 Jahre ohne Krieg. Gut hinhören und dann merken dass viele wieder nach einem Krieg lechzen. Es braucht nur eine*r sie hinzu"führen".

goelff jean-pierre
12. Juli 2025 - 18.00

Mit rachsüchtigen Menschen ist es schier unmöglich ein eiigermassen friedfertiges Leben zu führen!Habe es einige Zeit mit einer solchen Person versucht...verlorene Zeit,basta!

JJ
12. Juli 2025 - 9.24

Das ist das Problem mit dem Homo rapiens demens.Er ist auf ewige Rache aus. Blutfehde. Was vor 80 Jahren war,zu einer Zeit in der Menschen die Bildung eines ausgewachsenen Affen hatten,sollte man heute doch abhaken können. Die Deutschen von heute sind ja auch nicht mehr die Preisen von 1939 oder 1914. Wenn dann noch Opportunisten davon profitieren wollen um eine politische Karriere zu starten( AfD etc) dann ist das äusserst verwerflich. So werden wir es nicht schaffen als Weltbürger zusammen zu leben.