„Es reicht nie“Hilfe für betroffene Kinder: Zwei neue Broschüren zum Thema häusliche Gewalt

„Es reicht nie“ / Hilfe für betroffene Kinder: Zwei neue Broschüren zum Thema häusliche Gewalt
Das Booklet thematisiert kindgerecht häusliche Gewalt. Es richtet sich an Kinder im Grundschulalter.  Foto: Editpress/Julien Garroy

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Es ist eine bittere Realität, dass Kinder physischer, psychischer und sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Es passiert zu Hause und bleibt meist lange Zeit unentdeckt. Gerade Kinder haben keine Mittel, sich zu wehren oder kritische Situationen zu lösen, geschweige denn Hilfe zu suchen. Ein kleines Chamäleon namens „Kiwazu“ soll helfen. Es existiert in Buchform und seine Geschichten wenden sich an Kinder im Grundschulalter.

Der Kampf gegen häusliche Gewalt ist unendlich. „Es reicht nie“, sagte Taina Bofferding (LSAP) am Donnerstag bei der Vorstellung des Booklets. Für das Ministerium für Gleichstellung von Frauen und Männern hat die Bekämpfung von häuslicher Gewalt oberste Priorität. Da ist jede Anregung willkommen – und scheint sie noch so klein. „Kiwazu“ lebt im Dschungel, hat eine lange Zunge und färbt sich je nach Laune und Lage immer anders.

Feuerrot ist es, wenn es wütend ist. Blau steht für traurig, Gelb für froh und Braun für ängstlich. Dann hockt es unerkannt zwischen den gleichfarbigen Ästen der Bäume, wo es sich gut verstecken kann. Wenn Mama und Papa aufhören zu streiten, wird es grün, weil es entspannt ist. Die einfachen Geschichten und Mitmachaktionen, die das Booklet anbietet, eröffnen Kindern die Chance, sich zu öffnen.

Deswegen ist die Ministerin umso froher, die zwei Booklets, die jetzt vorliegen, zu präsentieren. Das psychopädagogische Material richte sich sowohl an Kinder als auch die Eltern und Professionelle in der Kinderbetreuung. Entwickelt hat es die Fondation Pro Familia. Finanziell gefördert hat es die „Œuvre nationale de secours Grande-Duchesse Charlotte“. Dort ist die Problematik bekannt.

„Kiwazu“ ist ein Neuling

Aus dem „Rapport du Comité de coopération entre les professionnels dans le domaine de la lutte contre la violence de l’année 2021“ geht hervor, dass die Polizei im Jahr 2021 genau 917-mal einschreiten musste. Von den 1.712 Opfern häuslicher Gewalt waren 365 Minderjährige, was eine Zunahme zum Vorjahr 2020 darstellt. Schon während der Pandemie haben Studien ergeben, wie schlecht es Kindern und Jugendlichen mit Lockdowns und den bislang für sie unbekannten Sicherheitsmaßnahmen ergangen ist.

Das stellte Œuvre-Vorstandsmitglied Simone Flammang fest. Die Stiftung hat bislang rund acht Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um Projekte zum Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen zu fördern. 80 wurden eingereicht, eins davon ist das Chamäleon „Kiwazu“, das ebenfalls von häuslicher Gewalt betroffen ist. Die sieben Kapitel arbeiten sich durch die Themen Gefühle, Ressourcen, Stress und Entspannung oder Schuldgefühle, Lösungen und Wünsche an die Eltern.

„Kinder bekommen mehr mit, als Erwachsene meinen“, ist ein Schlüsselsatz der Verantwortlichen. Kinder haben Fragen wie: „Muss ich mich zwischen Mama und Papa entscheiden?“ Oder: „Ich will Papa und Mama liebhaben“, begleitet von dem Gefühl, „das passiert nur in meiner Familie“. „Kiwazu“ ist ein kindgerechter Ansatz und ein Neuling auf diesem Gebiet. Es gibt viele Kinderbücher, die das Thema Gewalt thematisieren. “

„Aber es gibt keines, das das Thema direkt und für dieses Alter gerecht anspricht“, wie die Verantwortliche vom „Service alternatives“ bei Pro Familia, Catherine Capelle, feststellt. Gut ist ebenfalls, dass die Broschüre für die Eltern nicht nur zum Thema informiert und mit landläufigen Klischees à la „Eins auf den Hintern hat noch niemandem geschadet“ aufräumt.

Sie enthält Anlaufstellen, wo betroffene Familien sich hinwenden können. Das ist wichtig. Nach Angaben von Ministerin Bofferding sind die Zahlen betroffener kindlicher Opfer im Nachbarland Frankreich während der Pandemie extrem gestiegen, weil diese Dienste geschlossen waren. In Luxemburg funktionierten sie auch während der Lockdowns. Zwar nur online, aber immerhin. Opfer hatten hier eine Chance auf Lösung. 

Anlaufstellen

Service alternatives, Tel.: 517272-500; Espace femmes, Tel.: 517272-440; Centre de consultation et de médiation familiale, Tel.: 517272-200; infoMann, Tel.: 27 49 65; Helpline Violence domestique, Tel.: 20 60 10 60.
Die Broschüren sind bei der Fondation Pro Familia erhältlich: 5, route de Zoufftgen, L-3598 Düdelingen, Tel.: 00352-51 72 72. Sie richten sich an die Professionellen in der Kinderbetreuung und an Kinder und Eltern.