SpanienHeißer politischer Herbst: Massenprotest gegen Amnestie für Puigdemont

Spanien / Heißer politischer Herbst: Massenprotest gegen Amnestie für Puigdemont
Proteste in Spanien gegen die Pläne von Regierungschef Sanchez  Foto: AFP

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Ein Meer von rot-gelb-roten Spanien-Fahnen wehte am Sonntag in Madrid. Dazwischen die blauen Banner der konservativen Volkspartei, die zum Protest gegen Spaniens geschäftsführenden Regierungschef, den Sozialdemokraten Pedro Sanchez, aufgerufen hatte. Und gegen dessen Plan, sich mit dem katalanischen Separatisten Carles Puigdemont, der nach einem illegalen Abspaltungsreferendum 2017 nach Brüssel flüchtete, per Amnestie zu versöhnen.

„Puigdemont ins Gefängnis!“, skandierten Zehntausende Demonstranten in der Madrider City. Oder: „Sanchez, scher dich zum Teufel!“. Zugleich ließen sie den Parteivorsitzenden der Volkspartei, Alberto Nuñez Feijoo, hochleben und riefen „Feijoo, Regierungschef“. Feijoo nannte die Amnestiepläne eine „Schande“ und einen „Angriff auf den Rechtsstaat“. Doch Feijoos Chancen, nach seinem hauchdünnen Sieg in der nationalen Wahl im Juli an die Regierung zu kommen, sind gering.

Zwar hatte Spaniens königliches Staatsoberhaupt, Felipe VI., den 62 Jahre alten konservativen Wahlsieger pflichtgemäß beauftragt, eine Mehrheit für eine Regierung zu suchen. Aber nach wochenlangen Verhandlungen mit allen Parteien steht Feijoo mit leeren Händen da. Das konservative Lager, das aus der Volkspartei und der Rechtspartei Vox besteht, hat nur 172 Abgeordnete auf seiner Seite – zu wenig, um die absolute Mehrheit im spanischen Parlament zu erringen, die bei 176 Mandaten liegt.

Diese Woche muss sich Feijoo mit seinem Regierungsprogramm dem Parlament stellen. Wenn es nicht noch eine Überraschung gibt, wird der Konservative bei den ausschlaggebenden Abstimmungen am Mittwoch und am Freitag scheitern. Und zwar, weil er mit seinem harten nationalistischen Wahlkampf alle Türen zu den wichtigen Regionalparteien aus dem Baskenland und aus Katalonien zuschlug. Die regionalen Bewegungen geben bei der Mehrheitsbeschaffung den Ausschlag.

Nach der erwarteten Niederlage des konservativen Blocks wird König Felipe dem bisherigen sozialdemokratischen Premier Pedro Sanchez eine Chance zur Regierungsbildung geben. Sanchez hatte die nationale Wahl im Juli mit 32 Prozent, nur einem Prozentpunkt weniger als Feijóo, verloren. Aber Sanchez konnte in den vergangenen Jahren seiner Mitte-links-Minderheitsregierung mit einer Dialogpolitik die Regionalparteien auf seine Seite ziehen. Dies könnte sich nun für den 51-jährigen Sozialdemokraten auszahlen.

Katalanisches Quid pro quo

„Es wird eine sozialdemokratische Regierung geben“, zeigte sich Sanchez optimistisch. Der Chef der Sozialdemokraten sprach ebenfalls am Sonntag vor Tausenden von Menschen, und zwar in der katalanischen Regionalhauptstadt Barcelona. Dort kündigte er an, weiterhin mit politischen Gesten für eine Entschärfung des Katalonienkonfliktes einzutreten. Sanchez sprach nicht ausdrücklich von einer Amnestie. Er sagte aber, die Grenze für alle weiteren Zugeständnisse sei die spanische Verfassung, in welcher unter anderem die territoriale Einheit Spaniens verankert ist.

Ausgerechnet der frühere Katalonien-Präsident Carles Puigdemont, der sich 2017 nach einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung seiner Region ins Ausland absetzte, wird nun zum Königsmacher für Sanchez. Puigdemont zieht als EU-Parlamentarier in Brüssel immer noch die Fäden seiner Partei Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien). Die Separatisten haben in Spaniens nationalem Parlament sieben Abgeordnete – Sanchez braucht diese, um sich eine Mehrheit für seine Wiederwahl als Regierungschef zu sichern.

Puigdemont machte klar, dass er das „Ja“ seiner Partei teuer verkaufen werde. Seine wichtigste Forderung: „Die völlige Abkehr der justiziellen Verfolgung der Unabhängigkeitsbewegung.“ Kurz gesagt: eine Amnestie. Sie würde Hunderten von katalanischen Aktivisten zugutekommen, gegen die immer noch wegen ihrer organisatorischen Beteiligung am illegalen Unabhängigkeitsreferendum ermittelt wird. Auch Puigdemont, gegen den in Spanien ein Haftbefehl besteht, würde profitieren.

Ob eine solche Amnestie in die Verfassung passt, ist unter Juristen umstritten. Das konservative Lager kündigte bereits an, eine Straffreiheit für Puigdemont & Co vor dem Verfassungsgericht anzufechten. Auch in Sanchez‘ Partei ist die Idee umstritten. Der frühere sozialdemokratische Regierungschef Felipe Gonzalez sagte: „Wir können uns nicht erpressen lassen.“

Sogar Sanchez selbst hatte im Wahlkampf noch gesagt, dass es mit ihm kein Generalpardon geben werde. „Diese Regierung wird keine Amnestie akzeptieren, denn diese ist nicht durch die Verfassung gedeckt.“ Man darf also gespannt sein, ob es Sanchez wirklich schafft, seine Partei für seinen neuen Schmusekurs mit Puigdemont hinter sich zu bringen.

luxmann
26. September 2023 - 8.23

Das verspricht spannung.
Wird die EU kommission nun bald auch die lieferung von schweren waffen an die katalanischen nationalisten fordern,die gegen die kastillanische unterdrueckung kaempfen
Oder ist herr puigdemont weniger sympathisch als herr zelenski?
Abwarten...