Mittwoch29. Oktober 2025

Demaart De Maart

Mord an StaatsoberhauptHaitis Präsident Moïse in seiner Privatresidenz getötet

Mord an Staatsoberhaupt / Haitis Präsident Moïse in seiner Privatresidenz getötet
Jovenel Moïse ist in der Nacht in seiner Residenz überfallen und tödlich verletzt worden Foto: dpa/Dieu Nalio Chery

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Das bitterarme Land Haiti leidet unter Gewalt und Korruption, seit eineinhalb Jahren gibt es kein Parlament. Jetzt haben Unbekannte den Staatschef in seiner Residenz getötet. Der Karibikstaat steht am Abgrund.

Der haitianische Präsident Jovenel Moïse ist in der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) in seiner Residenz überfallen und tödlich verletzt worden. Seine Ehefrau Martine Moïse sei bei dem Angriff verletzt worden, teilte die Regierung des Karibikstaats mit. Die Angreifer hätten Spanisch gesprochen, hieß es in der Mitteilung weiter.

Ex-Premierminister Claude Joseph verurteilte den Angriff als „hasserfüllt, unmenschlich und barbarisch“ und rief die Bevölkerung zur Ruhe auf. Die Sicherheitskräfte hätten die Lage unter Kontrolle. „Es werden alle Maßnahmen ergriffen, um den Fortbestand des Staates zu gewährleisten und die Nation zu schützen“, hieß es in der Mitteilung weiter. „Die Demokratie und die Republik werden obsiegen.“ Joseph war bis Dienstag Regierungschef, bevor er von Ariel Henry abgelöst wurde.

Haiti steckt in einer tiefen politischen Krise. Da eine für Oktober 2019 vorgesehene Parlamentswahl unter anderem wegen heftiger Proteste gegen Moïse ausgefallen war, hat Haiti seit Beginn der neuen Legislaturperiode im Januar 2020 kein Parlament mehr. Moïse regierte seither per Dekret.

Haiti gilt als ärmstes Land der westlichen Hemisphäre. Proteste gegen Moïse haben es in den vergangenen Jahren immer wieder lahmgelegt. Ihm werden Korruption und Verbindungen zu gewalttätigen Banden vorgeworfen. Kämpfe solcher Banden um die Kontrolle über Teile der Hauptstadt Port-au-Prince trieben nach UN-Zahlen seit Anfang Juni fast 15.000 Menschen in die Flucht. Rund 4,4 Millionen der gut 11 Millionen Haitianer brauchen demnach humanitäre Hilfe. Zudem nahmen die Corona-Neuinfektionen und Todesfälle zuletzt deutlich zu.

Land ohne Volksvertretung

Mit Ariel Henry ist in Haiti der siebte Premierminister binnen viereinhalb Jahren ernannt worden – ohne jedes Mitspracherecht des Parlaments, da das Land zurzeit keine Volksvertretung hat. Henry solle eine Regierung bilden, das Gewaltproblem angehen und den reibungslosen Ablauf der bevorstehenden Wahlen sicherstellen, schrieb Staatspräsident Jovenel Moïse am Montag auf Twitter. Am 26. September sind in dem Karibikstaat Präsidenten- und Parlamentswahlen sowie ein Verfassungsreferendum geplant.

Da eine für Oktober 2019 vorgesehene Parlamentswahl unter anderem wegen heftiger Proteste gegen Moïse ausgefallen war, hat Haiti seit Beginn der neuen Legislaturperiode im Januar 2020 kein Parlament mehr. Moïse regiert seither per Dekret. Daher kann Henry, ebenso wie sein Vorgänger Claude Joseph, nicht vom Parlament als Regierungschef bestätigt werden, wie es Haitis Verfassung vorsieht.

Henry, ein Neurochirurg und ehemaliger Innenminister, gehört der sozialdemokratischen Oppositionspartei Inite an. Viele in der Opposition vertreten die Ansicht, die Amtszeit von Moïse sei im Februar zu Ende gegangen. Nach der Präsidentenwahl von 2015 war eine fünfjährige Amtszeit des Staatschefs ab dem 7. Februar 2016 vorgesehen gewesen. Die Wahl war allerdings wegen Betrugs annulliert und Moïse erst ein Jahr später nach einer Neuwahl vereidigt worden.