Mittwoch5. November 2025

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ItalienHäuser mitgerissen, Autos ins Meer gespült: Tote nach Erdrutsch auf der Insel Ischia

Italien / Häuser mitgerissen, Autos ins Meer gespült: Tote nach Erdrutsch auf der Insel Ischia
Zerstörte Busse im Hafen von Casamicciola Foto: AFP/Eliano Imperato

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Bei einem Erdrutsch auf der Insel Ischia sterben mindestens sieben Menschen. In Italien richten Wetterunbilden immer größere Schäden an. Das Land ist im Griff des Klimawandels.

Am Sonntagmorgen hat das römische Kabinett Giorgia Melonis in einer Dringlichkeitssitzung den Notstand über die kampanische Insel Ischia verhängt. Nach starken Regenfällen hatte sich ein Teil der Hänge im Norden der Insel über die Orte Casamicciola Terme und Lacco Ameno gelöst und Schlammlawinen über die Ortschaften ergossen. Viele Häuser wurden mitgerissen, Autos und Busse von den Wasser- und Schlammmassen einfach ins Meer gespült. Teils treiben die Wracks im ufernahen Wasser, teils stecken sie in Schlamm und Felsbrocken fest.

Am Samstag war zuerst eine 31-jährige Frau tot aus dem Schlamm geborgen worden. In den frühen Sonntagsstunden wurde die Leiche eines fünfjährigen Mädchens gefunden. Am Sonntagabend hieß es dann, dass sieben Leichen inzwischen geborgen wurden, wie der Präfekt von Neapel, Claudio Palomba, sagte. Fünf Menschen wurden zu dem Zeitpunkt noch vermisst. Mehr als 200 Einsatzkräfte beteiligten sich an der Suche nach ihnen. Die Zahl der Obdachlosen stieg inzwischen auf 167, eine Rückkehr in ihre Häuser scheint unmöglich.

Ein Bild der Zerstörung in Casamicciola
Ein Bild der Zerstörung in Casamicciola Foto: AFP/Eliano Imperato

Nachdem wegen schlechten Wetters am Samstag ein Übersetzen von Rettungskräften vom Festland auf die Insel nahezu unmöglich war, konnten in der Nacht zum Sonntag Feuerwehren und Zivilschutz mit Spezialgeräten anlanden. Erste Aufräumarbeiten in dem beliebten Thermalort Casamicciola konnten damit beginnen, doch überall herrschte ein Bild der Verwüstung vor.

Die dringende Sitzung der Regierung und das Verhängen des Notstandes waren erforderlich, um benötigte Rettungsgelder in Höhe von zwei Millionen Euro freigeben zu können. Auch der Gouverneur von Kampanien, Vincenzo De Luca, hat seinerseits den Ausnahmezustand über die Insel verhängt.

Unkontrolliertes Bauen

Zuletzt kam es immer wieder zu solch verheerenden Naturkatastrophen in Italien. Bereits nach dem Erdbeben 2017 in Casamicciola hatten Umweltschützer und Verantwortliche des Zivilschutzes gemahnt, dass es deutlich zu viele nicht genehmigte und vor allem in ihrer Substanz nicht überprüfte Bauten auf der Insel gibt. Bauland wurde bis in kritische Zonen erschlossen, Häuser unter Missachtung jeglicher Vorschriften von Erdbeben- und Flutschutz errichtet. Die Kritiker erklären, dass etwa 50 Prozent der Bausubstanz auf Ischia illegal und wider jede Baugesetzgebung errichtet wurden. „Alle diese Häuser müssten abgerissen werden“, forderte der nationale Präsident der Umweltbehörde Legambiente, Stefano Ciafani. Die jetzige Schlammlawine sei schon das dritte verheerende Naturereignis, das die Insel innerhalb der vergangenen 15 Jahre heimgesucht hat.

Und wie hier auf Ischia zeigt sich immer wieder dasselbe Bild: 2004 und 2010 hatten Flutkatastrophen in Genua Todesopfer gefordert und Schäden in Millionenhöhe verursacht. Grund waren damals begradigte und zubetonierte Bäche und Abflüsse aus den Bergen gewesen, die sich bei Starkregen zu reißenden Strömen umgewandelt hatten. Ähnliches spielte sich im vergangenen September an der Ostküste Italiens ab, als die Fluten Ortschaften in der Provinz Ancona mit sich rissen und zehn Menschen das Leben kosteten.

Gelder fließen zu langsam

Wie immer in solchen Fällen, erheben verantwortliche Politiker Appelle, nun endlich etwas Vorsorgliches für den Umwelt- und Katastrophenschutz zu unternehmen. Der sozialdemokratische Gouverneur Kampaniens, Vincenzo De Luca, erklärte, es gebe 24 europäische Staaten, die längst auf die Extremwetterfolgen des Klimawandels reagiert und entsprechende Notfallpläne erarbeitet hätten. Leider befände sich Italien nicht in dieser Gemeinschaft. Seit drei Regierungen sei man sich der Gefahren bewusst – und ignoriere sie.

Autos wurden ins Meer gespült
Autos wurden ins Meer gespült Foto: AFP/Eliano Imperato

Auf Ischia war man noch mit der Begutachtung und Beseitigung der Schäden des Erdbebens von 2017 beschäftigt, das ebenfalls im Gebiet um Casamicciola Häuser zerstört hatte. Damals waren zwei Frauen ums Leben gekommen, 2.600 Menschen verloren ihr Obdach, 1.051 Touristen mussten auf Notbooten ans sichere Festland gebracht werden.

Doch es ist hier nicht anders als in den Erdbebengebieten Zentralitaliens: Hilfsgelder und -mittel kommen zu langsam bei den Menschen an oder versickern auf dem Weg dahin in dunklen Kanälen. Die Betroffenen müssen derweil in Notunterkünften ausharren und darauf hoffen, dass Rom den Umweltschutz wirklich einmal zur Priorität erhebt.