13. November 2025 - 6.51 Uhr
DeutschlandGutachten der Wirtschaftsweisen: 2026 nur noch 0,9 Prozent Wachstum
Wie gut, dass der Geburtstag des Kanzlers schon einen Tag zurückliegt. Denn die Wirtschaftsweisen der Bundesregierung bringen dem Kanzler wahrlich kein Geschenk, sondern eher schlechte Nachrichten:
Die Ökonomen erwarten im kommenden Jahr trotz der Investitionsoffensive der Bundesregierung nur 0,9 Prozent Wachstum. Die Umsetzung des Finanzpakets sei „stark verbesserungsbedürftig“, kritisiert der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten. Würde das Sondervermögen gezielter eingesetzt, hätte es „deutlich stärkere Auswirkungen auf das gesamtwirtschaftliche Wachstum“. Im Frühjahr hatte das Beratergremium der Bundesregierung noch mit 1,0 Prozent Wachstum im kommenden Jahr gerechnet. Von einem breit angelegten Aufschwung sei auch 2026 nicht auszugehen, heißt es weiter.
„Angesichts der aktuellen Herausforderungen muss Deutschland neue wachstums- und sicherheitspolitische Perspektiven entwickeln“, sagte die Gremiumsvorsitzende Monika Schnitzer. „Die Chancen, die sich aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität ergeben, dürfen nicht verspielt werden.“
Thema Erbschafts- und Schenkungssteuer
Sie betonte, dass das Finanzpaket der schwarz-roten Regierung aus dem Frühjahr ein „wichtiges Signal“ gewesen sei. Es sei natürlich, dass es mit der Umsetzung ein wenig Zeitverzögerung gebe, aber insgesamt müsse es jetzt darauf ankommen, dass die Maßnahmen und Projekte schnell umgesetzt würden. Als negativen Faktor für die Wirtschaft wertete Schnitzer die teilweise Zerstrittenheit in der Bundesregierung: „Das ist nicht hilfreich.“
Ökonomin Veronika Grimm, die in Teilen mit den anderen Sachverständigen inhaltlich über Kreuz liegt, mahnte einen „Reformfrühling“ der Bundesregierung an. Besonders wichtig sei der Abbau von Regulierung. Die Wirtschaftsweisen sprechen sich auch dafür aus, die Erbschafts- und Schenkungssteuer zu reformieren – mit dem Ziel einer gleichmäßigeren Besteuerung aller Vermögensarten. Grimm allerdings schloss sich dieser Empfehlung nicht an.
Kanzler Friedrich Merz (CDU) sagte bei der Übergabe, dass er mit vielen Aussagen des Gutachtens übereinstimme. Deutschland müsse preislich wieder wettbewerbsfähiger werden, weshalb man möglichst noch in diesem Jahr eine Einigung mit der EU über die Senkung der Stromkosten für Unternehmen erreichen wolle. Er stimme zu, dass die Senkung der Unternehmenssteuern zu mehr Wachstum führe. Er habe auch zur Kenntnis genommen, dass der Sachverständigenrat einige Regierungsentscheidungen kritisch sehe. Merz verwies zugleich darauf, dass man aber auch abweichende Meinungen innerhalb des Sachverständigengremiums wahrnehme.
Wirtschaft fordert schnelleres Handeln
Aus der Wirtschaft gab es am Mittwoch Aufforderungen an die Politik, nun schnell zu handeln. Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), sagte: „Die erhoffte Trendwende für die deutsche Wirtschaft lässt weiter auf sich warten. Für viele Handwerksbetriebe bleibt die Lage angespannt: zu viel Bürokratie, zu hohe Abgaben und Steuern, zu teure Energie und zu langsame Verfahren. Wirtschaftlich wie psychologisch wird die Stagnation zunehmend zu einer bleischweren und lähmenden Belastungsprobe.“
Ulrike Hinrichs, Vorstandssprecherin des Bundesverbands Beteiligungskapital, sagte dem Tageblatt, die privaten Investoren stünden eigentlich bereit. „Um die Wirtschaft in Schwung zu bringen, müssen 90 Prozent der notwendigen Investitionen aus dem privaten Sektor kommen. Die Ursache liegt hier nicht am Mangel an Kapital, sondern an seiner falschen Lenkung. Milliarden fließen in Subventionen, Förderprogramme und Bürokratie, statt in produktive Investitionen mit Hebelwirkung. Das Kapital verpufft in Erhaltungsstrukturen statt in Zukunftsprojekten.“
Deutschland stehe immer noch für Stabilität, Rechtsstaatlichkeit, Unternehmertum und Innovationen – „das bleibt ein Pfund. Aber als Standort für Investoren hat das Land an Glanz verloren. Zu viel Regulierung, zu wenig Dynamik, zu wenig Mut zu Reformen. Das muss jetzt geändert werden, alle Vorschläge liegen auf dem Tisch“, betonte Hinrichs.
De Maart
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