Gummizähne gegen Google: Alleingang bei Digitalsteuer soll Trump nicht zu sehr reizen

Gummizähne gegen Google: Alleingang bei Digitalsteuer soll Trump nicht zu sehr reizen

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Nach dem Scheitern der Pläne für eine Digitalsteuer auf EU-Ebene wagt Österreich den Alleingang. Der fällt aber so moderat aus, dass Donald Trump vielleicht nicht böse wird.

Von unserem Korrespondenten Manfred Maurer, Wien

„Was Europa nicht schafft, Österreich schafft es“ – auch Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) verbreitet gern das Wir-sind-besser-als-die-anderenMantra der türkis-blauen Regierung in Wien. Also zeigen die Österreicher, wie man das richtig macht mit dem Besteuern der überwiegend in den USA situierten Onlinegiganten. Dem vom Ministerrat beschlossenen Plan zufolge sollen sie schon ab dem kommenden Jahr zur Kasse gebeten werden.

Konkret soll eine Abgabe von fünf Prozent auf Werbeeinnahmen fällig werden, was exakt dem Steuersatz entspricht, der in Österreich für Inserate in Print-Medien anfällt. Aus den Einnahmen sollen die heimischen Zeitungsverlage 15 Millionen Euro zur Förderung ihrer eigenen Digitalisierungsoffensiven erhalten.

Da die Werbeabgabe nur Google und Facebook trifft, ließ sich die Regierung auch für Airbnb, Amazon und andere Onlinehändler etwas einfallen. So wird die derzeit bis zu einem Warenwert von 22 Euro geltende Umsatzsteuerbefreiung gestrichen. Ab 2020 muss jede im Internet bestellte Lieferung versteuert werden. Damit sich die Online-Marktplätze nicht aus der Verantwortung stehlen können, werden sie zu Steuerschuldnern erklärt. Ähnlich geht man auch bei Vermittlungsplattformen von Ferienwohnungen vor: Airbnb und Co. sollen für nicht versteuerte Einnahmen der Vermieter haften.

Wer zahlt also die 200 Millionen?

Alle Maßnahmen zusammen sollen 200 Millionen Euro bringen, kalkuliert der Finanzminister. Das klingt angesichts der Geschäftsvolumina nicht nach viel, aber noch immer nach mehr, als es tatsächlich ist. Denn die 200 Millionen werden nur zu einem kleineren Teil vom InternetGoliath kommen, dem der alpenrepublikanische Steuer-David eigentlich ein großes Stück vom Einnahmenkuchen wegbeißen möchte. Airbnb etwa wird nur quasi zur Eintreibung von eigentlich schon jetzt fälligen Steuern vergattert.

Denn wer seine Wohnung über die Plattform vermietet, unterliegt einer Steuerpflicht, der nur viele nicht nachkommen. Also: Nicht Airbnb wird diese Steuer zahlen, sondern die Vermieter, die diese wiederum an die Mieter abwälzen können. Ähnlich verhält es sich bei den OnlineMärkten, wo nun ohnehin existierende Steuerpflichten umgesetzt werden. Und auch Google und Facebook können die Werbeabgabe, so wie es auch die Printverlage tun, ihren Kunden weiterverrechnen.

Während der Staat bei „klassischen“ und kleineren Unternehmen durchaus kraftvoll zubeißt, tut er das bei Google und Co. nur mit Gummizähnen. Darauf konzentriert sich auch die Kritik: Andreas Schieder, SPÖ-Spitzenkandidat für die Europawahl, sieht in dieser Steuer nur „eine längst überfällige Betrugsbekämpfungsmaßnahme“. Die Arbeiterkammer verweist auf weiter ungleiche Wettbewerbsbedingungen: „Für Facebook bedeutet die Digitalsteuer eine effektive Gewinnbesteuerung von etwa 10 Prozent, während österreichische Betriebe 25 Prozent Körperschaftsteuer zahlen.“

Unfaire Besteuerung

Die Erklärung für den sanften Umgang mit den Onlinegiganten liegt nicht nur in der Schwierigkeit, eine effektive Ertragssteuer über Grenzen hinweg im Alleingang zu organisieren, sondern wohl auch in der Rücksicht auf Washington. Ein kleines Land kann es sich nicht leisten, den erratischen Donald zu reizen. Und im Visier der Amerikaner sind die Alleingänger schon.

Vor drei Wochen hatte der US-Beauftragte für internationale Handelsgespräche, Chip Harter, Frankreich vor Digitalsteuern gegen US-Konzerne gewarnt. Paris wälzt ähnliche Pläne wie Wien. Die US-Regierung untersuche die „diskriminierende Wirkung“ einer solchen Steuer, kündigte Harter an und drohte mit dem Gang vor die Welthandelsorganisation WTO. Noch liegen die Wiener Pläne nicht in Gesetzesform vor. Aber Trumps Handelskriegslust dürften sie kaum anstacheln.