Montag27. Oktober 2025

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DeutschlandGrünes Licht im Haushaltsausschuss für Staatseinstieg bei Meyer-Werft

Deutschland / Grünes Licht im Haushaltsausschuss für Staatseinstieg bei Meyer-Werft
Blick in die Werft in Papenburg während des Besuchs einer Luxemburger Delegation 2016 Foto: Christian Muller

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Der lang diskutierte und verhandelte Weg für den Einstieg des deutschen Staates bei der angeschlagenen Meyer-Werft im Emsland ist frei: Die Haushaltsausschüsse im Bundestag und im niedersächsischen Landtag haben der Übernahme von mehr als 80 Prozent der Firmenanteile zugestimmt. Der offizielle Firmensitz wird von Luxemburg nach Deutschland zurückverlegt.

Der Einstieg des Staates bei der angeschlagenen Meyer-Werft in Niedersachsen ist besiegelt. Die Haushaltsausschüsse des Bundestages und des Landtags in Hannover stimmten am Mittwoch der Rettung des 1795 gegründeten Traditionsunternehmens aus dem Emsland zu. „Die Meyer-Werft gehört zu den größten und modernsten Werften weltweit. Sie ist von immenser Bedeutung für den deutschen Schiffbau“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Viele Aufträge sprächen für eine gute Zukunftsperspektive. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Werft zuvor als „industrielles Kronjuwel“ bezeichnet.

Geplant ist, dass Bund und Niedersachsen mit 400 Millionen Euro Eigenkapital einsteigen und vorübergehend rund 80 Prozent der Werft übernehmen. Zudem sichert die öffentliche Hand mit Bürgschaften von rund zwei Milliarden Euro Bankkredite ab. Nun müssen noch letzte Details geklärt werden. Eine Lösung soll bis spätestens Sonntag stehen. Die Eignerfamilie Meyer hält weiter knapp 20 Prozent und hat eine Art Rückkaufoption. Denn der Staat peilt den Ausstieg mit dem geplanten Ende der Sanierung Anfang 2028 an.

Zum Verhängnis wurden der Meyer-Werft die übliche Finanzierungspraxis der Branche, die Flaute in der Corona-Krise und steigende Baupreise. Denn Kunden zahlen in der Regel nur 20 Prozent an, der Rest wird erst bei der Übergabe der Schiffe fällig. Die Werft musste also die Baukosten vorfinanzieren, meist aus Anzahlungen. Die hohe Kompetenz des Unternehmens ist aber unbestritten: Jüngst hatte sich die Werft den größten Auftrag der Firmengeschichte gesichert und baut für Walt Disney vier weitere Kreuzfahrtschiffe. Der Auftragsbestand liegt damit nach Angaben des Unternehmens bei über elf Milliarden Euro.

Firmensitz wird verlegt

Die Meyer-Gruppe hat rund 7.000 Beschäftigte und betreibt Schiffsbau an drei Standorten. Die Werft in Papenburg im Emsland baut mit 3.400 Beschäftigten vor allem Kreuzfahrtschiffe und gehört hier zur Weltspitze. Zudem gibt es noch Werften in Rostock und im finnischen Turku.

„Wir sichern mit der Unterstützung die Zukunft der Werft und ihrer Zulieferer und damit auch viele tausende Arbeitsplätze“, sagte Habeck zur Begründung der Hilfen. Perspektivisch könne die Werft auch über den Offshore-Konverter-Plattformbau zur Energiewende beitragen, betonte der Grünen-Politiker.

Neben dem Abbau von 340 Jobs in Papenburg gab es noch andere Voraussetzungen für den Staatseinstieg. So wird der offizielle Firmensitz von Luxemburg nach Deutschland zurückverlegt, ein mitbestimmter Aufsichtsrat geschaffen und ein Konzernbetriebsrat eingerichtet. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warf dem Konzern vor, er habe „alles dafür getan, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Mitbestimmung haben“. Dies werde sich nun ändern, sagte Mützenich am Mittwoch im Bundestag.

Die Bundesregierung begründet den Staatseinstieg auch mit militärischen Erwägungen. „Letztlich könnte die Meyer-Werft bei einer Verschärfung der geopolitischen Lage auch eine bedeutende Rolle im deutschen militärischen Schiffbau einnehmen“, hieß es in einem Hintergrundpapier der Regierung für den Haushaltsausschuss des Bundestages. „Die Mehrheitsverhältnisse sind so ausgestaltet, dass Entscheidungen nur von Bund und Land gemeinschaftlich getroffen werden können, damit der Bund in der Gesellschafterversammlung nicht überstimmt werden kann“, heißt es in der Unterlage. (mit rtr)