Mittwoch5. November 2025

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NeujahrsempfangGrüner Wind bei Starkregen: „déi gréng“ bei ihrem Einstand in Hesperingen

Neujahrsempfang / Grüner Wind bei Starkregen: „déi gréng“ bei ihrem Einstand in Hesperingen
Starker Auftritt: Das grüne Spitzenteam Sam Tanson, François Benoy, Tilly Metz und Stéphanie Empain Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die Grünen haben bei ihrem Neujahrsempfang in Hesperingen einen kämpferischen Eindruck erweckt und für eine deutliche grüne Note in einer schwarz-blauen Hochburg gesorgt. 

Es war Zufall, dass ausgerechnet am Montagabend in Hesperingen die Alzette einmal mehr über die Ufer getreten war, während „déi gréng“ im örtlichen Kulturzentrum CELO ihren „Neujahrspatt“ gaben. Kein Zufall war es, dass die Extremwetterereignisse im vergangenen Jahr zugenommen haben. Laut EU-Klimadienst Copernicus war 2024 ein Jahr der Negativ-Rekorde – und das wärmste jemals gemessene Jahr.

Trotzdem scheint der Klima- und Umweltschutz in Europa kaum noch eine Rolle zu spielen: etwa im deutschen Wahlkampf zur anstehenden Bundestagswahl im Februar, aber auch in Luxemburg scheine die Klima- und Umweltkrise in der Politik der CSV-DP-Regierung nicht mehr zu existieren. „Sie ist total verschollen“, sagte die Abgeordnete und frühere Ministerin Sam Tanson. „Zumindest hat man den Eindruck, dass die Regierung alles unternimmt, um die Klima-Transition zu stoppen.“

Die Klimapolitik werde verschlafen, und die Natur werde permanent gegen alle anderen Themen ausgespielt, so die Grünen-Politikerin. Zudem habe es die Regierung in gut einem Jahr geschafft, die Zivilgesellschaft komplett gegen sich aufzubringen, allen voran die Gewerkschaften. Mit dem Hinweis darauf, dass der Sozialdialog mit Füßen getreten werde, wie die OGBL-Präsidentin Nora Back am selben Tag im Face-à-Face mit CSV-Fraktionschef Marc Spautz gesagt hatte, warf Tanson der Regierung vor, vor allem das Patronat zufriedenzustellen – und dabei vor allem jenen Teil der Arbeitgeber, der besonders kurzfristig denkt.

Luxemburger Modell in Gefahr

Das Luxemburger Modell stehe dadurch zur Disposition, befürchtet Tanson weiter. Stattdessen habe der Premierminister „Plattitüden“ parat. Ständig werde einer gegen den anderen ausgespielt, sagte sie und zählte auf: „Patronat versus Gewerkschaften, Umwelt versus Logement, Bettler und Flüchtlinge versus Sicherheit“. Damit schaffe man vor allem neue Probleme. Die Regierung sei noch immer in einem permanenten Wahlkampf, so die Einschätzung der Abgeordneten, die bei den Grünen für die „sensibilité politique“ zuständig ist. Regeln – auch auf EU-Ebene – hin zu mehr Nachhaltigkeit zurückzuschrauben und dies dann als Errungenschaft darzustellen, halte sie für „extrem enttäuschend“. Die Grünen hingegen werden sich nach den Worten der Ex-Ministerin weiter für eine starke Klima- und Umweltpolitik einsetzen.

Verstärkt kapitalismuskritisch argumentierte die Europaabgeordnete Tilly Metz: „Wir sind weit weg von der Logik ‚Eigentum verpflichtet‘“, betonte sie und erntete dafür Bravo-Rufe und lange anhaltenden Beifall. Der Kapitalismus sei „another elephant in the room“, über den nicht genug gesprochen werde. Ihn ungehindert gewähren zu lassen, führe dazu, dass dieser sich selbst untergräbt, weil ihm die Ressourcen ausgingen.

Balsam für die grüne Seele

Metz, die vor allem Balsam für die grüne Seele verteilte, redete der „Ehrlichkeit“ in der Politik das Wort, „auch wenn es einen kalten Gegenwind gibt“, und auf „Zuversicht“, dass jeder etwa mit mehr Energieeffizienz leben kann und dass die Empathie erhalten bleibe. Zudem sprach sich die erfahrene Europapolitikerin, vergangenes Jahr in ihrem Mandat bestätigt, für ein starkes und autonomes Europa aus. Die mit dem Ukraine-Krieg veränderte Situation in der internationalen Sicherheitspolitik erwähnte sie dabei nicht.

Schon zu Beginn hatte die im Oktober gewählte neue Doppelspitze aus Stéphanie Empain und François Benoy darauf hingewiesen, dass es in einer Zeit, die vor allem von negativen Schlagzeilen dominiert werde, besonders gelte, den jüngsten Entwicklungen wie dem Rechtsruck standzuhalten. „Diese Entwicklungen können nicht gleichgültig machen“, so Empain. „Immer mehr Politiker der Mitte springen auf den Zug des Populismus auf“, sagte Benoy. Politiker wie Premierminister Luc Frieden und Arbeitsminister Georges Mischo (beide CSV) hätten es in kürzester Zeit geschafft, eine tiefe Verunsicherung auszulösen.

„déi gréng“ hingegen scheinen bei ihrem Neujahrseinstand, den sie ausgerechnet in einer CSV- und DP-Hochburg feierten, dem zuletzt arg von Affären geprägten Hesperingen, nach den Niederlagen im Superwahljahr 2023 neuen Mut geschöpft zu haben. Mehrmals war davon die Rede, den „Kopf nicht in den Sand zu stecken“. Das eine oder andere Parteimitglied hatte den Eindruck, als würde die Partei „wie befreit“ auftreten. Wohlwissend, dass Hesperingen auch eine Bastion der Grünen ist.