Lust zu lesenGlutrote Leidenschaften: „Sumpffieber“ von Vicente Blasco Ibáñez

Lust zu lesen / Glutrote Leidenschaften: „Sumpffieber“ von Vicente Blasco Ibáñez
Vicente Blasco Ibáñez (1867-1928)  

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In der Reihe „Vergessene Moderne“ hat der deutsche Mediathoughts-Verlag den Roman „Sumpffieber“ von Vicente Blasco Ibáñez (1867-1928) wiederveröffentlicht.

Vor genau hundert Jahren war dieser spanische Schriftsteller einer der meistgelesenen Autoren weltweit. Sein Kriegsroman „Die vier Reiter der Apokalypse“ aus dem Jahr 1914 wurde ein riesiger Erfolg, fünfzig Jahre lang rangierte dessen Verfilmung durch den Regisseur Rex Ingram 1921 unter den zehn größten Hits an der Kinokasse. „Sumpffieber“ erschien 1902 erstmals unter dem Titel „Cañas y Barro“, und man kann anhand dieser Arbeit gut nachvollziehen, weshalb Blasco Ibáñez, wie der naturalistische Erzählstil insgesamt, dem er literarisch zugeordnet wird, seit den 1930ern aus der Mode kam.

Der Armut entfliehen

Erzählt wird die tragische Geschichte von Neleta und Tonet. Beide sind Angehörige der unterprivilegierten Schicht der Reisbauern in den Sumpfmarschen von Albufera. „Sumpffieber“ kann man deshalb als Versuch von Leuten lesen, die alles daran setzten, der angestammten Armut zu entfliehen. Während Tonet als Soldat sein Glück zu machen sucht, heiratet Neleta den reichsten Mann der Gegend. Spätestens ab diesem Moment nehmen in dem Roman die melodramatischen Züge überhand. Und man mag heutzutage die Grausamkeit, mit der hier das Schicksal unweigerlich seinen Lauf nimmt, kaum noch ernst nehmen. Wobei der Sumpf von Albufera als Metapher sowohl für das Emporkommen wie für die Unentrinnbarkeit des Leids, das durch das Taktieren der Liebenden heraufbeschworen wird, von Blasco Ibáñez sehr eindrucksvoll in Szene gesetzt wird.

Noch immer werden in Spanien wie auch in Lateinamerika Geschichten, in denen sich die Gefühlswallungen geradezu auftürmen, sehr geschätzt. Und man kann sich „Sumpffieber“ sehr gut als Grundstock einer Telenovela vorstellen. Ernsthaft betrachtet zeigt der Roman vor allem aber, was durch die u.a. von Georg Lukács in den 1930ern angefachte Realismusdebatte an erzählerischen Formen aus dem literarischen Zentrum verdrängt wurde, um seitdem eine Art Schattenexistenz am Rande zu fristen. Man muss dem Mediathoughts-Verlag hoch anrechnen, dass „Sumpffieber“ in einer behutsam modernisierten Übersetzung veröffentlicht wurde. Denn dadurch ist es möglich, Vicente Blasco Ibáñez’ glutrote Schilderungen triebhafter Leidenschaften und Verstrickungen so zu rezipieren, dass wir uns vom seinerzeitigen Weltruhm dieses Autors deutlich mehr als nur eine vage Ahnung machen können.

„Sumpffieber“

Von Vicente Blasco Ibáñez
Mediathoughts-Verlag, Zürich 2023
300 S., 22,00 Euro
ISBN 978-3-947724-46-8

den Tarzan
5. Februar 2024 - 8.37

Der ähnelt doch unserem " Jean national " Asselborn.