Die neue italienische Regierung hat im Abgeordnetenhaus und im Senat problemlos das Vertrauen erhalten. In beiden Kammern verfügt die Regierungskoalition aus Fratelli d’Italia (FdI), Lega und Forza Italia (FI) über souveräne Mehrheiten. Giorgia Meloni, Chefin der postfaschistischen FdI und erste Ministerpräsidentin des Landes, gab sich in ihrem ersten Regierungsprogramm moderat in den Tönen gegenüber der EU – auf deren Gelder aus dem Recovery Fund Italien auch dringend angewiesen ist –, partnerschaftlich gegenüber der nordatlantischen Allianz und solidarisch mit der Ukraine.
Die befürchteten nationalistischen und souveränistischen Äußerungen blieben aus. Wiederholt distanzierte sich Meloni sogar vom Faschismus und totalitären Regimen. Meloni, das war deutlich zu spüren, wollte das Erbe der Mussolini-Zeit abschütteln. Für Flüchtlinge sind das trotzdem keine guten Nachrichten.
Meloni sprach sich in ihrer Regierungserklärung zwar für eine moderate und kontrollierte Einwanderungspolitik aus. Wie das im Konkreten aussehen könnte, ließ der parteilose, der Lega nahestehende Innenminister Matteo Piantedosi aber bereits erkennen, der die südlichen Außengrenzen Italiens da bereits abgeschottet hatte.
Piantedosi ist kein Neuling in diesem Ressort. Der promovierte Jurist diente Matteo Salvini zu dessen Zeit als Innenminister als Kabinettschef und war mitverantwortlich für die rigide Flüchtlingspolitik des Lega-Chefs, die Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn einst zu seinem berühmt gewordenen „Merde alors“-Wutausbruch brachte. Während sich Salvini immer noch mit Strafverfahren wegen Menschenraubs und Amtsmissbrauchs herumschlägt, setzt Piantedosi erneut auf Abschottung. So sollen die NGO-Schiffe „Ocean Viking“ und „Humanitas 1“ nicht mehr in italienischen Häfen anlegen können, weil sie sich „nicht im Einklang mit dem Geist der europäischen und italienischen Vorschriften über Sicherheit und Grenzkontrolle und Strafverfolgung gegen illegale Einwanderung verhalten“.
Auffanglager in Afrika
Für Donnerstag hat Piantedosi die Spitzen von Innenministerium, Küstenwache, Verteidigungsstab und der Geheimdienste einberufen, um im Rahmen dieses „Nationalen Komitees für öffentliche Ordnung und Sicherheit“ ein neues Paket zur Migrationspolitik zu verabschieden, das vor allem ein Ziel kennt: Flüchtlinge von Italiens Küsten fernhalten. Der italienische Küstenschutz und die europäische Grenzschutzagentur Frontex sollen diesen Plan umsetzen. Piantedosi erklärte zwar, er sei – übereinstimmend mit der Regierungschefin – nicht gänzlich gegen Einwanderung von Flüchtlingen. Nur dürfe diese nicht an den italienischen Grenzen stattfinden. Geht es nach Piantedosi, soll in Auffanglagern jenseits des Mittelmeeres festgelegt werden, wer nach Italien darf und wer nicht.
In diesem Jahr sind bislang knapp 80.000 Flüchtlinge in Italien angekommen. Piantedosi will dem ein Ende setzen, indem die Flaggen-Länder der NGO-Schiffe die Verantwortung für die im Mittelmeer geretteten Schiffbrüchigen übernehmen. Bei der „Ocean Viking“ wäre dies Norwegen, bei der „Humanity 1“ Deutschland. Rettungsschiffe sollen Flüchtlingen keinen Anreiz geben, die gefährliche Fahrt überhaupt erst anzutreten – Italien werde ihnen keinen sicheren Hafen mehr bieten. Das ist Piantedosis Botschaft. Wie unter Salvini schottet sich Italien wieder ab.
De Maart
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