Gilles Muller im Gespräch: „Ein Sieg wäre schon Gold wert“

Gilles Muller im Gespräch: „Ein Sieg wäre schon Gold wert“

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Obwohl er voriges Jahr luxemburgische Sportgeschichte geschrieben hat: Gilles Muller gibt sich vor seiner Erstrunden-Partie in Wembledon bescheiden.

Gilles Muller (ATP 60) wird am Montag um 11.30 Uhr (12.30 Uhr MESZ) auf Court 7 gegen Michael Mmoh (USA, ATP 119, LL) in sein elftes Wimbledon-Turnier im Hauptfeld starten. Dabei ist sein letzter Auftritt hier auf dem heiligen Rasen in London sicherlich noch den meisten luxemburgischen Sportfans bestens in Erinnerung, als es der 35-Jährige nach dem phänomenalen Sieg gegen Rafael Nadal bis ins Viertelfinale schaffte. Eigentlich müsste der FLT-Spieler demnach mit großen Ambitionen in das dritte Major-Turnier des Jahres starten. Doch Muller ist schon seit Anfang der Saison auf Formsuche und backt deshalb sogar gegen einen Spieler, der nicht in den Top 100 der Welt steht, eher kleinere Brötchen.

Aus Wimbledon berichtet Tageblatt-Redakteur Laurent Neiertz

Tageblatt: Gilles, wie ist es für dich, wieder an den Platz zurückzukehren, an dem du im letzten Jahr luxemburgische Sportgeschichte geschrieben hast? Gehst du jetzt mit einem anderen Gefühl als die Jahre zuvor in dieses Turnier?
Gilles Muller: Nein, eigentlich nicht. Wimbledon ist nämlich seit immer ein Turnier, das ich sehr mag und schätze. „The Championships“ darf man ruhig als das Mekka des Tennissports bezeichnen. Aber diese und letzte Saison sind einfach zwei verschiedene Paar Schuhe, die nicht miteinander zu vergleichen sind. Ich bin aber immer froh, hierhin zurückzukehren.

War der Empfang diesmal anders als die Jahre zuvor? Erinnern sich die Leute noch an deinen Sensationssieg gegen Rafael Nadal?
Alles verlief wie immer. Ich habe mich nicht verändert und die Leute auch nicht. Keiner behandelt mich anders als sonst. In Wimbledon habe ich mich aber stets wohlgefühlt und ich verstehe mich gut mit dem ganzen Organisationsteam. Man kennt sich alle schon ziemlich lange und hat sich auch vorher schon geschätzt.

Man gibt dir also nicht das Gefühl, dass du derjenige bist, der Rafael Nadal bezwingen konnte?
Nein, gar nicht. Es ist ja auch nicht das erste Mal, dass jemand „Rafa“ in einem Grand-Slam-Turnier schlagen konnte. Aber die Medien lieben solche Geschichten natürlich. Natürlich habe ich ein gutes Spiel gegen ihn gemacht, aber für mich zählt, dass ich hier in der Runde der letzten acht stand.

In den letzten Jahren bist du stets mit einem guten Gefühl zu diesem Turnier gereist. In der vergangenen Saison bist du auf Rasen aus acht Duellen sieben Mal als Sieger vom Platz gegangen. In diesem Jahr liegt die Bilanz bei einem Sieg aus vier Partien. Das sind ja komplett unterschiedliche Voraussetzungen …
Ja, absolut. Das ändert natürlich viel. Da liegt es auf der Hand, dass du nicht das gleiche Selbstvertrauen oder den gleichen Rhythmus wie in den Jahren zuvor hast. Auch das Training gehe ich deshalb anders an. 2017 gönnte ich meinem Körper in der Woche vor Wimbledon etwas Erholung, diesmal suche ich eher danach, mich auf dem Platz wohlzufühlen. Ich könnte meine momentane Situation mit der einer Fußballmannschaft vergleichen, die um den Klassenerhalt kämpft. Diese kann sich nämlich auch nicht das Ziel setzen, um plötzlich mit um den Titel zu spielen. Ich hoffe, dass ich heute wieder die Kurve kriegen kann.

Nach dem Sieg gegen den Top-30-Spieler Denis Shapovalov und nach einer anspruchsvollen Leistung gegen Marin Cilic in Queen’s hätte man gedacht, dass dies den Schalter bei dir umlegen könnte. Doch gegen John Millman gegen Eastbourne lief es dann wieder nicht so gut …
Diese Aufs und Abs ziehen sich wie ein roter Faden durch meine Saison. Ich schaffe es einfach nicht, aus diesem Loch herauszukommen. Auch wenn ich mal einen Sieg feiern kann, gibt mir das nicht den nötigen Auftrieb. Ich müsste dann eigentlich entspannter werden, das ist aber nicht der Fall.

In welcher Gefühlslage befindest du dich momentan?
Es fällt mir schwer, diese Frage ehrlich zu beantworten (lacht). Sagen wir so, ich bin auf der Suche nach meinen Anhaltspunkten. Ich habe auf dem Platz nicht mehr die gleichen Automatismen wie noch im letzten Jahr. Da kommen natürlich einige Zweifel auf. Habe ich viele meiner Qualitäten innerhalb einer Saison einfach so verloren? Das sind Fragen, die ich mir stelle. Ich mache einfach viele Sachen schlechter als noch im vergangenen Jahr. Das ist echt frustrierend, vor allem weil ich noch nicht die Lösung dazu gefunden habe, um wieder in die richtige Spur zu kommen. Doch im Kopf muss ich stets positiv bleiben und weiter hart an mir arbeiten. Ich hoffe, dass jetzt in Wimbledon ein positives Erfolgserlebnis für mich herausspringen wird.

Was würdest du denn als Erfolg werten?
Ein Sieg hier würde mir schon viel bedeuten. Bisher habe ich erst sieben Siege auf der ATP-Tour 2018 feiern können. Etwas sarkastisch ausgedrückt könnte man sagen, dass ich bis jetzt jeden Monat nur ein Spiel gewonnen habe. Das ist wahrlich nicht viel. Ein Erfolg hier wäre schon Gold wert.

Du sagst immer, dass du kein Spieler bist, der auf die Weltranglistenposition schaut. Würdest du aber zum Auftakt hier in Wimbledon verlieren, dann würdest du mit großer Wahrscheinlichkeit aus den Top 100 der Welt fallen. Spielt das in deinem Kopf eine Rolle?
Nein, keinesfalls. Ich bin mir aber im Klaren darüber, dass die Gefahr besteht, dass ich nach diesem Turnier vielleicht nicht mehr unter den besten 100 Spielern der Welt stehen werde. Aber wenn dies eintreffen sollte, wäre das kein Weltuntergang. Es wäre zwar sicherlich nicht diese Platzierung, die ich mir vor der Saison erwartet hätte, aber im Endeffekt ist es nur eine Zahl, die deine Leistungen und deine Arbeit der vergangenen Monate widerspiegelt. Wenn man also keine guten Resultate erzielen kann, kann man auch nicht erwarten, dass man ganz vorne im Ranking bleibt.

Was würdest du momentan als deine größte Schwachstelle bezeichnen?
Mein Selbstvertrauen ist seit Monaten im Keller. Ich stelle mir einfach zu viele Fragen auf dem Platz. Jeder Spieler funktioniert in dieser Hinsicht anders. Ich bin jemand, der stets damit zu kämpfen hat. Das lässt sich auch jetzt mit 35 Jahren nicht mehr ändern. Aber in schwierigen Phasen kommen diese Zweifel noch schneller auf. Des Weiteren bereitet mir meine Ellbogenverletzung noch ab und zu Sorgen. Zu einem Zeitpunkt wusste ich ja gar nicht, wie es überhaupt mit meiner sportlichen Karriere weitergehen würde. Es ist also eine Mischung aus vielen Faktoren, die dazu führt, dass ich nicht an mein gewohntes Leistungsniveau herankomme.

In der ersten Runde wirst du es mit Michael Mmoh zu tun bekommen. Was weißt du über diesen Spieler?
Ich bin zwar noch nie gegen ihn angetreten, habe aber schon einmal mit ihm bei den US Open trainiert. Er gehört der neuen Generation von Spielern an, die gerne von der Grundlinie mit festen Schlägen agiert. Mmoh wird nicht allzu oft vorne am Netz zu finden sein. Seine diesjährigen Resultate auf Rasen (Anm. d. Red.: u.a. Halbfinale beim Challenger-Turnier in Ilkley) lassen sich aber sehen.

Fan
2. Juli 2018 - 13.37

Allez mulles, du packs dat...?✊