KunsteckeGeschichtliches und kulturelles Bewusstsein tanken

Kunstecke / Geschichtliches und kulturelles Bewusstsein tanken
Eines der bekanntesten historischen Gebäude auf der place d’Armes Foto: Robert L. Philippart

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Standen die bewegte Geschichte und der Stellenwert der place d’Armes am 28. Januar im Fokus der sonntäglichen Promenade von Historiker Robert L. Philippart (siehe Tageblatt vom 8. Februar 2024), richtet sich am 28. Februar der Blick auf die „gestion du patrimoine mondial“ bei der zweiten „promenade architecturale“, einer gemeinsamen Initiative der Vereinigung „Histoire urbaine Luxembourg“, des „Nationalmusée um Fëschmaart“ und des „Musée Dräi Eechelen“. Ziel dieser Promenaden ist es, unter fachkundiger Leitung mehr über die Stadtarchitektur, ihre Entwicklung und einige Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt zu erfahren.

Conférencier Robert L Philippart, Unesco Site Manager und Historiker am Kulturministerium, führt dieses Programm schon seit mehreren Jahren durch. Sein breites Wissen über die Geschichte der Stadt, ihre Architektur und wichtigen Plätze, aber auch Anekdoten zu wichtigen Ereignissen ermöglichen es ihm, das Programm der jährlichen zehn Promenaden immer wieder anzupassen, wobei zentrale Themen auch schon mal unter neuem Blickwinkel beleuchtet werden. Die am 28. Januar unter dem Titel „La place d’Armes: des canons aux cafés et commerces“ stand letztes Jahr nicht auf der Agenda. Viele glauben, den sogenannten „Salon der Hauptstadt“ gut zu kennen, doch Historiker Philippart konnte verdeutlichen, wie dieser an sich gemütliche Platz sich im Laufe der Zeit sowohl von der Architektur mit Umbauten als auch mit dem Wechsel der dort betriebenen Restaurants verändert hat, und sei es nur durch die Tatsache, dass die Autos seit 1968 verbannt sind und dieser Ort mit einem umfangreichen Terrassen-Angebot mittlerweile Schnittpunkt der Fußgängerzone geworden ist, ideal auch für Konzerte, kleine Märkte und manchmal auch öffentliche Protestkundgebungen. Einwohner wie Touristen mögen diesen Platz.

Vom „Salon der Stadt“ zum Unesco-Kulturerbe

Seit Luxemburg mit seinen historisch interessanten Vierteln zum Unesco-Kulturerbe zählt, gilt es selbstredend, diese und die Befestigungsanlagen auch einem heimischen Publikum zu erläutern. Die spannende Führung startet auf dem Knuedler und endet im „Rousegaart op de Rondelen“, derweil zwischendurch auch das im Luxembourg City Museum beheimatete Unesco Visitor Center besucht wird. Im Rahmen der im „Musée Dräi Eechelen“ laufenden Expo „Sub umbra alarum – Luxembourg, forteresse des Habsbourg 1716-1741“ werden am 24. März die städtebaulichen Veränderungen der österreichischen Zeit im Sinne der betreffenden Residenzen hoher Würdenträger und Militärs aufgegriffen und auch die Wichtigkeit der Religion im 18. Jahrhundert wird dargestellt. Am 23. April schwenkt das Pendel der Entdeckungen in das Viertel des Bahnhofs, einer traditionsreichen Ecke der Stadt, haben dort bekanntlich zahlreiche Handelsgeschäfte geblüht, auch hat sich das Hotelwesen in der Folge der Erschließung einer Eisenbahnverbindung beträchtlich entfaltet. Angesichts der heutigen Situation wird diese Visite wohl zu einer Nostalgie-Tour, umso interessanter vielleicht, um aktuellen Stadtplanern vielleicht neue Impulse zu verleihen.

„Rousegäertchen“ einmal anders

Im Wonnemonat geht es am 26. Mai um die Gestaltung der place des Martyrs, auch „Rousegäertchen“ genannt. Dieser erstreckt sich majestätisch vor dem ehemaligen Arbed-Sitz und entlang der avenue de la liberté. Doch dies war nicht immer so. Dazu gibt es Erklärungen, auch zu der Namensgebung dieses Platzes, der von vielen Stadtmenschen tagsüber als willkommene Ruhe-Oase genutzt wird. Im Stadtpark sind mehrere Gebäude angesiedelt, darunter auch die „Fondation J-P Pescatore“, deren Architektur nach ihren Gründerjahren mittlerweile durch Neubauten ergänzt wurde, geht es doch darum, die Wohnkapazitäten für Senioren an die steigenden Bedürfnisse anzupassen. Doch welche Geheimnisse verstecken sich in diesen Gemäuern, die auch im Zweiten Weltkrieg eine Rolle gespielt haben und so manche Kunstschätze beherbergen, fragt sich der Besucher. Antworten auf diese Fragen gibt es am 30. Juni bei einer in französischer Sprache geführten Visite.

Letzter Termin vor den Sommerferien ist der 30. Juli mit einem für diese Jahreszeit angepassten Thema. Es geht um die Zerstörung wichtiger Straßenzüge in der Oberstadt, wurden doch 1879 von Edouard André üppige, mit Bäumen gesäumte Alleen geplant, Boulevards, die teils zurückgestuft wurden, wobei meist das schonende Grün der Straßenbäume geopfert wurde. Das Thema der auf den Klimawandel abgestimmten Städteplanung ist ja wieder hochaktuell.

Zum Abschluss zwei Friedhöfe im Fokus

Im September finden bekanntlich die europäischen Tage des Kulturerbes statt. Luxemburg gibt sich jährlich ein angepasstes Programm. Die Verantwortlichen der „sonntäglichen Promenaden“ haben den „Park Dräi Eechelen“, der nach seiner Neugestaltung mit bequemen Wegen und Skulpturen sowie der Nähe europäischer Institutionen und den beiden Museen zu einer neuen Blüte gefunden hat, in diese Agenda eingefügt. Die am 22. September auf Luxemburgisch durchgeführte Besichtigung soll die Wichtigkeit dieses einmaligen Parks mit Blick auf die Altstadt in ein neues Licht rücken. Für den 27. Oktober ist die traditionelle Pilgerpromenade auf den Notre-Dame-Friedhof vorgesehen. Es geht dabei darum, nicht nur kunstvolle Statuen und Gräber namhafter Luxemburger zu entdecken; es ist auch ein Ausflug in die kulturelle, soziale und politische Geschichte des Landes sowie ein wichtiger Moment der Erinnerung und des Gedenkens. Der gesamte Friedhof steht sozusagen unter Denkmalschutz.

Zum Abschluss der diesjährigen „promenades architecturales du dimanche“ werden Interessierte an den Friedhof „Val des bons malades“ geführt. Es ist der Ort, an dem der Nationalkomponist Laurent Menager seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Es ist aber auch eine Gedenkstätte für zwei französische Kommunarden, die in bewegten Zeiten in Paris die Flucht ins Ausland gesucht haben und in Luxemburg gestorben sind. Freunde des revolutionären Gedankens der Kommune ziehen einmal jährlich vor besagtes Monument, um an beide Kämpfer und die Französische Revolution zu erinnern. Wer jedoch genau hinsieht, merkt, dass dieser im Alzette-Tal gelegene Ort auch an andere denkwürdige Momente der Sozial- und Religionsgeschichte des Landes erinnert und eine Kapelle, die bis ins zehnte Jahrhundert zurückgeht, aufzuweisen hat. Es ist ein geschütztes Kulturerbe, das wohl vielen Zeitgenossen auch wegen seiner Lage unbekannt sein dürfte. Robert L. Philippart und Jean-André Stammet vom SIL Pafendall-Sichenhaff werden bei dieser Gelegenheit das Wort ergreifen. Treffpunkt ist die Kreuzung rue de Stavelot/ Val des bons malades.

Bei den Promenaden handelt es sich entweder um eine „Konferenz“ mit Besuch vor Ort (jeweils 90 Minuten) oder einen sogenannten „History-Flash“ von 60 Minuten. Es gibt deren nur zwei, der eine war im Januar und der zweite wird im Juni rund um die „Fondation J-P Pescatore“ sein.

Das diesjährige Programm der Promenaden birgt sowohl Traditionelles als auch Neuheiten. Es verspricht, spannend zu werden und vielleicht gar so manchem Teilnehmer die Augen hin zu einem besseren und verschärften Geschichtsbewusstsein mit Engagement fürs Kulturerbe zu öffnen.

Anmeldungen: servicepublics@mnha.etat.lu. Informationen auch via E-Mail an robertphilippart@msn.com oder auf  www.histoireurbaine.lu und www.m3e.lu.