Esch BikenRadaktivisten im Kampf für mehr Sicherheit

Esch Biken / Radaktivisten im Kampf für mehr Sicherheit
Die Aktivität von Esch Biken begann in Sommer 2020 mit dem Posten von Escher Radfahrern, hier im Mosaik zusammengefasst  Fotos: Esch Biken; Montage: Yannick Schumacher

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Seit Juni 2020 gibt es Esch Biken. Die Aktivisten wollen das Radfahren in der Stadt sicher machen und die Alltagstauglichkeit Eschs für das Fahrrad verbessern. Dafür sind sie bei der Gemeinde in Vorleistung gegangen.   

Vor zwei Wochen machte Mobilitätsminister François Bausch die Erfahrung, was es bedeutet, sich mit Fahrradaktivisten anzulegen. Auf einer Pressekonferenz hatte er beiläufig das Verbot von Blinklichtern erwähnt und löste damit in den Online-Foren der Radliebhaber einen Sturm der Entrüstung aus. Drei Tage später ruderte Bausch zurück.

In Esch heißt der Verein ohne Gewinnzweck Esch Biken. Innerhalb kürzester Zeit hat Esch Biken in den sozialen Netzwerken eine starke Gemeinschaft aufgebaut. So folgen 500 Menschen dem Instagram-Profil, während die Facebookseite knapp 700 Abonnenten zählt. Das ist wesentlich mehr, als Siggy the Cyclist, das Pendant aus der Hauptstadt, oder Velo Diddeleng haben. Und trotzdem sitzen alle in einem Boot und spielen sich gerne in den sozialen Netzwerken den Ball zu, wie auch im Fall des Blinklichtverbots.

Esch Biken existiert seit Juni 2020. Der harte Kern besteht aus zehn Radfreunden, denen es darum geht, das Fahrradfahren in Esch sicherer zu machen und die Alltagstauglichkeit Eschs für Radfahrer zu verbessern. Sie  haben es satt, dass in Sachen Radinfrastruktur seit Jahren Stillstand in der Minettemetropole herrscht. Beschränkten sie sich anfangs in erster Linie darauf, Fotos von Escher Fahrradfahrern zu posten und somit eine Community aufzubauen, so ist jetzt die Zeit gekommen, aktiv in den Gestaltungsprozess einzugreifen. Das wollen sie machen, indem sie aktiv betroffenen Gemeindediensten zuarbeiten. Bereits zwei Versammlungen fanden mit den Gemeindeverantwortlichen statt.  

Unpolitisch

Ihr Engagement ist persönlich und unpolitisch, niemand besitzt eine Parteikarte. Dadurch ist die Gefahr kleiner, instrumentalisiert zu werden, meinen sie. Die Macher von Esch Biken wollen nicht im Vordergrund stehen und bleiben lieber anonym. Dass die Mitglieder nicht politisch aktiv sind, ist für sie eine Grundvoraussetzung. Das unterscheidet sie von der anderen Escher Radbewegung, Vélorution. Trotzdem machen sie natürlich gemeinsame Sache, sodass Esch Biken auch bei der 5. Auflage der Vélorution am 20. März am Start ist.  

„Wir haben das Gefühl, dass in Luxemburg erst etwas geändert wird, wenn etwas Schlimmes geschieht“, sagen sie bei Esch Biken. So lange wollen sie nicht warten. Einige der Aktivisten haben kleine Kinder, die sie auf ihre Radfahrten mitnehmen. Da stellt sich die Frage nach der Sicherheit natürlich ganz besonders. Und man merkt schnell, dass das Escher Radwegenetz wenig geeignet ist für Anhänger mit Kleinkindern. Das ist nur ein Beispiel, denn der Wurm steckt so ziemlich überall drin, angefangen bei der Beschilderung. Beispiel: In der Jean-Pierre-Michels-Straße wird der Radweg ständig unterbrochen, ohne dass ein Schild darauf hinweist.

Diese Straße ist ein Beleg dafür, was in Esch in Sachen Radwegenetz schiefläuft. In Richtung Pater-Kirche wird der Weg durch Hindernisse unterbrochen, zum Beispiel Bushäuschen. Der Radler wird mehrmals gezwungen, auf die Straße auszuweichen, ohne dass darauf hingewiesen würde. Da hier Tempo 30 gilt, sollte das Radfahren auf der Straße prinzipiell wenig gefährlich sein. Doch das Problem von Straßen wie der J.P.-Michels-Straße, der Beleser Straße oder der Kanalstraße ist, dass der Durchgangsverkehr in Esch nicht auf den Hauptachsen bleibt und dass in Tempo-30-Zonen oft verkehrsberuhigende Maßnahmen fehlen. So wird die Begrenzung auf 30 km/h vom motorisierten Verkehr oft ignoriert, was die Sache für Radfahrer (und alle anderen auch) dann wieder gefährlich macht. 

Problem Alzettestraße 

In Gegenrichtung beginnt der separate Radweg der Jean-Pierre-Michels-Straße erst in Höhe der rue Emile Mayrisch. Es gibt keinen Anschluss an andere Radwege. Als vor zwei Monaten der Winter in Luxemburg Einzug hielt, war die Straße schnell geräumt, die Radwege dagegen blieben tagelang vereist. Es braucht nicht viel, um in einer Straße wie dieser Abhilfe zu schaffen: Ein wenig Logik, ein wenig Farbe, ein abgeflachter Bordstein, ein paar neue Schilder und auch ein wenig Mut z.B. in der Auslegung des „Code de la route“ würden die Situation entschärfen, sagen sie bei Esch Biken. Das gelte quasi für ganz Esch. Den Gemeindeverantwortlichen haben sie deswegen in den Versammlungen zwei Dossiers überreicht, in denen die Problemzonen und Gefahrenpunkte von zwei Zonen des Stadtgebiets aufgezeigt sind und konkrete Lösungsvorschläge gemacht werden. Weitere werden folgen. Einige kleinere Anpassungen seien daraufhin auch erfolgt. 

Immerhin, im Gemeinde-Budget ist eine hohe Summe für Signalisation der Straßen vorgesehen. Bei Esch Biken hofft man, dass ein Teil des Geldes in der Praxis Anwendung findet und nicht komplett an ein Beraterbüro für Studien geht. Deshalb leiste man auch die Vorarbeit. Nicht einverstanden ist man zudem mit der Alternativroute für die Alzettestraße. Dort ist inzwischen der Radverkehr ganztägig verboten, von der von den Gemeindeverantwortlichen vorgesehenen Ausweichroute über die Kanalstraße ist man bei Esch Biken nicht überzeugt, da die Straße vor allem im unteren Teil extrem eng wird. Im Moment erschweren zudem einige Baustellen die Situation für Radfahrer zusätzlich. Als Alternative hat man im Dossier die Dicksstraße vorgeschlagen, die von den Radfahrern gegen die Fahrtrichtung der Autos benutzt werden könnte. Dafür müssten allerdings vier Parkplätze geopfert werden. Das sei im Autoland Luxemburg schwer, und auch den Escher Gemeindeverantwortlichen ganz offensichtlich zu viel. 

Mit den Dossiers habe man Vorarbeit geleistet, jetzt aber sieht man die Gemeinde in der Bringschuld. „Wir brauchen in Esch ein zusammenhängendes Netz von Radwegen, das es erlaubt, sicher auf dem Fahrrad unterwegs zu sein“, sind sie sich bei Esch Biken einig. Nicht zuletzt der Jugend würde das helfen. „Es kann nicht sein, dass sich ein Kind nicht sicher durch sein Viertel bewegen kann, ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Tretroller“, sagt ein Esch Biker, der von Beruf Lehrer ist: „Ich habe nichts gegen den Pedibus, im Gegenteil. Aber warum wird das Problem nicht bei der Wurzel gepackt?“ Er meint damit, dass der Pedibus nichts anderes ist als eine Reaktion auf den gefährlichen Schulweg. Und dass eine Stadt den Menschen gehören sollte, nicht den Autos.    

 Logo: Esch Biken

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