GrenzgängerGeht den Luxemburger Unternehmen bald das Personal aus? – Zeit für einheitliches Home-Office drängt

Grenzgänger / Geht den Luxemburger Unternehmen bald das Personal aus? – Zeit für einheitliches Home-Office drängt
 Symbolfoto: dpa/Peter Steffen

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Luxemburg als Arbeitsort wird für viele Fachkräfte immer weniger attraktiv – vor allem für Banken, Versicherungen und Dienstleister. Denn es fehlt eine einheitliche Homeoffice-Regel für Grenzgänger.

„Es quietscht eindeutig im Luxemburger Gebälk.“ Was Stefan Pelger, Präsident der Deutsch-Luxemburgischen Wirtschaftsinitiative (DLWI) anspricht, ist die nach seinen Worten „immer schwieriger werdende Personalsuche im Großherzogtum nach Fachkräften in der Großregion“. Fehlen in der Region Trier aktuell bereits rund 6.400 Arbeitskräfte für den heimischen Arbeitsmarkt, so sind in Luxemburg derzeit immerhin gut 10.000 Stellen nicht besetzt. Tendenz steigend. Denn auch wenn immer noch jede zweite, neu geschaffene Stelle von Grenzpendlern aus Deutschland, Frankreich oder Belgien besetzt wird, so wird gerade dies immer komplizierter – vor allem von deutscher Seite aus. Das berichtet der Trierische Volksfreund.

Beispiel Finanz- und Wirtschaftsdienstleistung: „Die Big Four – die großen Vier – der Wirtschaftsprüfung, PWC, Ernst & Young, KPMG und Deloitte stellen jährlich rund 100 Mitarbeiter aus Deutschland ein. Früher haben die Kollegen aus Deutschland sehnsüchtig auf das Gehalt der Beschäftigten in Luxemburg geschaut. Das ist heute nicht mehr so“, sagt Pelger: „Das Gehalt allein spielt keine große Rolle mehr.“

Der Grund: Corona und die Folgen des Homeoffices. Zwei Stunden täglich im Auto, zwei nationale Finanzbehörden und Steuererklärungen, zu wenig Work-Live-Balance und eine eine fehlende Homeoffice-Regel, die für alle gleich ist: „Viele jüngere Kollegen bewerten diese Kriterien als nachteiliger im Vergleich zu einem höheren Gehalt und höheren Sozialleistungen“, erklärt der DLWI-Präsident.

Wir sorgen uns inzwischen um die Standortattraktivität Luxemburgs

Stefan Pelger, Chef der DKV Versicherung in Luxemburg

Die Initiative versucht seit zwölf Jahren, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Großherzogtum voranzubringen. Rund 60 Firmenmitglieder mit jeweils drei Repräsentanten, rund 100 persönliche Mitglieder und derzeit acht Ehrenmitglieder repräsentieren immerhin rund 15.000 Beschäftigte. „Wir sorgen uns inzwischen um die Standortattraktivität Luxemburgs“, macht Stefan Pelger, Chef der DKV Versicherung in Luxemburg mit gut 100 Beschäftigten, klar – wenn es keine einheitliche Homeoffice-Regel für Pendler aller Nationalitäten gebe.

Während die Beschäftigten etwa im Sozialbereich, bei Bildung, Erziehung und Gesundheit noch von einem größeren Lohnplus in Luxemburg im Vergleich zu Deutschland profitierten, ist die Personalnot bei Finanzen, Wirtschaftsprüfung, Steuer und Dienstleistung im Allgemeinen größer, weil die Unterschiede weniger auffielen, weiß Pelger.

Eine weitere Hürde: Belgier dürfen 34 Tage und Franzosen 29 Tage von zu Hause aus arbeiten, ehe sie in ihrem Heimatland steuerpflichtig werden. In Deutschland gelten 19 Tage als Zielmarke. Zudem unterliegen Grenzgänger der Sozialversicherungspflicht ihres Wohnsitzlandes, wenn sie mehr als 25 Prozent der Gesamtarbeitszeit im Wohnland arbeiten.

Initialzündung für eine einheitliche Regulierung

Nachdem Belgien und Frankreich noch nicht abschließend entschieden haben, ob Corona-Ausnahmeregelungen über den 30. Juni hinaus gelten, haben die 50.000 deutschen Grenzgänger mit dem 30. Juni ein Schlussdatum für die vormals geltende pandemiebedingte Ausnahme im Homeoffice. In der zweiten Jahreshälfte sind demnach noch 19 Tage Homeoffice möglich. „Versuchen Sie solch unterschiedliche Regeln mal zu vermitteln. Das ist aus der Zeit gefallen“, kritisiert Pelger.

Beim Deutsch-Luxemburgischen Wirtschaftsabend in der Trierer Industrie- und Handelskammer (IHK) findet er schnell Verbündete, die das ähnlich sehen, zumal der Schwerpunkt zur Mitarbeiterführung in internationalen Teams und Anpassung an Digitalisierung und Homeoffice hier ins Bild passt. „Das Homeoffice ist Chance und Herausforderung zugleich“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Glockauer. Sicher sei aber auch: „Es bleibt ein fester Bestandteil für viele Beschäftigte.“

Da die „erste Euphorie über die Möglichkeiten der Digitalisierung verflogen ist“, wie Pelger es formuliert, müsse es neue Formate geben – und zwar bald. „2022 ist vor dem Hintergrund von Corona noch ein Übergangsjahr. Deshalb bleiben wir als DLWI dran“, sagt der Unternehmenschef. So fordert er Luxemburg auf, die Initialzündung für eine einheitliche Regulierung mit Deutschland und innerhalb Europas zu übernehmen – sobald wie möglich.

Das kosten Arbeitnehmer in Europa

Ein Arbeitnehmer kostet in Luxemburg durchschnittlich 43 Euro pro Stunde (Gehalt und Nebenkosten) und ist damit innerhalb der Europäischen Union am zweitteuersten. Topverdiener der EU sind die Dänen mit 46,90 Euro. Das hat das Europäische Statistikamt Eurostat herausgefunden. Auf Rang drei rangiert Belgien mit 41,60 Euro. Frankreich kommt mit 37,90 Euro auf dem fünften und Deutschland mit 37,20 Euro auf dem siebten Platz. 
Rechnet man alle europäischen Länder hinzu, ist die Rangfolge etwas verändert: Norwegen hat mit 51,10 Euro pro Mitarbeiter die höchsten Kosten. Luxemburg rangiert hier auf Platz vier. Die niedrigsten Stundenkosten werden in Bulgarien mit sieben Euro und in Rumänien (8,50 Euro) gezahlt.
In der Berechnung von Eurostat sind sowohl Löhne und Gehälter als auch Lohnnebenkosten wie Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung oder Arbeitskleidung enthalten.
Luxemburg hat den höchsten Mindestlohn in der EU. Dies gilt sowohl in der Höhe als auch im Kaufkraftstandard (was dieses Gehalt in dem betreffenden Land leisten kann). Bei einem Mindestlohn von 2.257 Euro (gegenüber 1.775 Euro für Irland auf Rang zwei) hat Luxemburg einen Kaufkraftstandard von 1.707 Euro knapp vor Deutschland mit 1.516 Euro.

Peter /
10. Mai 2022 - 15.48

Die Standortattraktivität beruhte allein auf dem Gehaltsunterschied und die sind im privatwirtschaftlichen Bereich mittlerweile zu gering als das sich allein deswegen ein Umzug oder die Pendelei noch lohnen würde. Jetzt wird auch noch der Index manipuliert, obwohl dieser integraler Bestandteil vieler Arbeitsverträge ist. Es empfiehlt sich heute nicht mehr sich in Luxemburg zu bewerben. Dabei braucht die Wirtschaft gute Leute von außen, zu wenige werden hier ausgebildet und die wenigen verschwinden dann auch noch bei erster Gelegenheit im Staatsdienst.