ItalienFünf Sterne zerschellen am Ukraine-Krieg – Außenminister Di Maio verlässt die Bewegung

Italien / Fünf Sterne zerschellen am Ukraine-Krieg – Außenminister Di Maio verlässt die Bewegung
Luigi Di Maio, Außenminister von Italien, ist nach Querelen in seiner Partei aus der Fünf-Sterne-Bewegung ausgetreten Foto: dpa/Mauro Scrobogna

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Nach wochenlangem Streit innerhalb seiner Partei verlässt Luigi Di Maio die Bewegung 5 Sterne (M5S). Der Außenminister steht hinter dem Regierungskurs Mario Draghis zur weiteren Unterstützung der Ukraine. „Grillini“-Chef Giuseppe Conte lehnt hingegen weitere Waffenlieferung in den Osten ab.

Seit Wochen tobte heftiger Streit in der Führungsspitze des Movimento 5 Stelle. Das Gros der „Grillini“ hatte sich wie der ehemalige Regierungschef und jetzige Parteivorsitzende Giuseppe Conte mehrfach gegen eine weitere Militarisierung des Ukrainekonflikts und gegen Waffenlieferungen an Kiew ausgesprochen. Conte fordert von der Regierung, sich stärker für diplomatische Lösungen einzusetzen.

Außenminister Luigi Di Maio, der dem zentristischen Flügel von M5S angehörte, unterstützte hingegen die Position Mario Draghis, der erst kürzlich bei seinem gemeinsamen Besuch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz sowie dem rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis Kiew nicht nur in Aussicht stellte, Kandidat der EU zu werden, sondern auch weitere Waffen- und Finanzhilfe versprach.

Der Streit innerhalb der Sternebewegung ging so weit, dass die Parteiführung Anfang der Woche ein Ausschlussverfahren gegen Luigi Di Maio erwog. Dem kam der Außenminister nun zuvor, indem er selbst die einst vom Kabarettisten Beppe Grillo gegründete Bürgerbewegung verließ. Mit Di Maio verließen weitere 51 Mandatsträger die M5S-Fraktion und gründeten eine in der politischen Mitte angesiedelte Gruppierung „Insieme per il futuro“ /Gemeinsam für die Zukunft). Zur ihr gesellten sich auch zehn Deputierte des Senats, so dass insgesamt 62 Parlamentarier die Sternebewegung Richtung neue Gruppierung verlassen haben.

Sinkflug der Sterne

Parteigründer Beppe Grillo sagte ein für Mittwoch geplantes Treffen mit Giuseppe Conte ab. Grillo ließ erklären, er wolle die Lage erst einmal in Ruhe analysieren, bevor er sich mit den Spitzengremien von M5S zusammensetze. Im aktuellen Abgeordnetenhaus stellte die Sterne-Bewegung mit 159 Mandatsträgern die stärkste Fraktion. Doch der Wahlerfolg von 2018, der M5S zur stärksten Einzelpartei sah, widerspiegelt schon längst nicht mehr die politische Lage in Italien. Bei allen nachfolgenden Regional- und Kommunalwahlen erlitt die in sich tief zerstrittene Bewegung desaströse Niederlagen, keiner ihrer Kandidatinnen und Kandidaten konnte sich auf irgendeiner Ebene durchsetzen. Die Tendenz ist eher so, dass die einstigen Hoffnungsträger, die Italien aus einem Sumpf von Klüngel, Parteienwirtschaft und Korruption herausführen sollten, künftig in der Bedeutungslosigkeit verschwinden werden.

Dabei ist die jetzige Trennung Di Maios und seiner Vertrauten nicht ohne Beispiel in der hiesigen Politik: 2019 verließ nach langem Streit die Gallionsfigur der Sozialdemokraten, Matteo Renzi, die Partei und gründete „Italia Viva“, später folgte der Gouverneur von Ligurien, Giovanni Toti, der nach dem Verlassen der Berlusconi-Partei Forza Italia die neue Bewegung „Coraggio Italia“ (Mut, Italien) gründete. Beobachtet man die politische Entwicklung im Lande, so stellt sich der Eindruck, Italien kehre in den Status eines Landes der Splitterparteien wie in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg zurück.

Die Rechten profitieren

Obwohl das politisch rechte Lager von Lega, Forza Italia und den postfaschistischen Fratelli d’Italia (FdI) keineswegs als einig bezeichnet werden kann, profitiert es nun von den Streitigkeiten bei den Grillini. Matteo Salvini stellt nun mit seiner Lega (und 133 Abgeordneten) nicht nur die größte Fraktion im Parlament, sondern auch die größte Gruppe der Mehrparteienkoalition Mario Draghis. Salvini zur Seite stehen in der Koalition die 37 Abgeordneten der Berlusconi-Partei, während die 77 Mandatsträger von FdI derzeit noch auf der Oppositionsbank sitzen.

Die am Mittwoch unter Tumulten im Abgeordnetenhaus abgehaltene Stellungnahme Mario Draghis zur künftigen Unterstützung der Ukraine ließ einen kleinen Vorgeschmack auf künftige Auseinandersetzungen aufkommen. Zwar verfügt der Premier aufgrund der Breite der Koalition noch über genug Mandatsträger, seine Pläne umzusetzen. Doch die immer stärker aufkommende Kritik an Waffenlieferungen einerseits und Sanktionen andererseits dürfte bei einer weiteren Verschärfung der wirtschaftlichen Lage des Belpaese explosiven Charakter annehmen. Parteienstreitigkeiten sind dabei einer Beruhigung der Situation nicht förderlich.