19. Oktober 2025 - 11.17 Uhr
Interview mit Ann MullerFünf Monate grüne Oase: Wie die LUGA Schmetterlinge und Vögel in die Stadt lockte

Tageblatt: Wie fällt Ihr Fazit nach fünf Monaten LUGA aus?
Ann Muller: Durchweg positiv. Ich bin voller Bewunderung, insbesondere für mein Team, das mit demselben Elan, Enthusiasmus und Kampfgeist an das Projekt herangetreten ist wie ich. Es ist natürlich schwer, eine objektive Einschätzung in Bezug auf das Projekt zu äußern, da ich immer noch die rosarote Brille trage. Fakt ist: Wir wurden oft kritisiert, wir mussten das Vertrauen der Politik gewinnen und uns Verständnis für unser Konzept – das von Anfang an eher ein Experiment war – erarbeiten. Dass die Ausstellung mit 80 Installationen und rund 1.500 Veranstaltungen im Endeffekt so gut beim Publikum ankam, ist mir eine große Freude.
Warum war es eher ein Experiment?
Es war nie unser Ziel, schöne, fertige Kunst anzubieten – unsere Installationen sollten kein „schönes Instagram-Bild“ rekonstruieren, sondern die Realität widerspiegeln. Ein Garten sieht heute anders aus als vor zwei Monaten und genau darum ging es uns: Besuchern und besonders den Stadtbewohnern die Jahreszeiten und Lebenszyklen der Natur, die eng miteinander verwoben sind, wieder näherzubringen. Deswegen funktionierte die Ausstellung wie ein Labor, in dem man unterschiedliche Experimente – in unserem Fall Installationen – entdecken konnte, darüber reflektierte und idealerweise mit unbeantworteten Fragen nach Hause ging.
Wie fallen die Reaktionen der Besucher aus?
Das Feedback der Besucher ist sehr positiv. Ich selbst bin dank der LUGA Fan von Luxemburg-Stadt geworden. Viele erzählten, wie sie durch den Parcours Teile der Hauptstadt entdeckt haben, die ihnen vorher total unbekannt waren. Die Gärten und Installationen trugen außerdem in dieser kurzen Zeit bereits zur Verbesserung der Biodiversität bei. Durch das Aufblühen der Wiesen wurden Schmetterlinge, Vögel und andere Bestäuber gesichtet, die man in dieser Menge niemals in einer Stadt vermuten würde.
Kann man den Erfolg der LUGA an Zahlen festmachen?
Da es sich um eine Freilichtausstellung handelt und die meisten Veranstaltungen ohne Tickets verwaltet wurden, ist es schwierig, eine Zahl zu nennen. Die Stadt Luxemburg verzeichnete einen Besucheranstieg von zehn Prozent und auch die Gastronomie-Branche berichtete von einem Plus von 20 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Vorjahr – das ist sicherlich zum Teil auf die LUGA zurückzuführen. Unsere interaktive Online-Karte wurde rund 2.000 Mal pro Tag aufgerufen, ca. 25.000 Menschen besuchten die „Serre des orchidées“ der Fondation Pescatore und 15.000 die „Serre merveilleuse“ im Stadtpark Édouard André. Wie oft die QR-Codes an den Schildern zum Einsatz kamen, wird gerade noch ausgewertet.
Die Aktion „LUGA ReCycle“ soll Gärten, Pflanzen und Installationen ein zweites Leben ermöglichen. Was passiert mit den Gärten, die im Endeffekt nicht übernommen werden?
Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft war uns von Anfang an wichtig – Priorität für die Interessenbekundung haben die Vereinigungen, Gemeinden, Ministerien und Institutionen, die die urbanen Gärten und Installationen vollständig übernehmen wollen – es wurden auf jeden Fall viele Anfragen registriert. Die Gärten, die danach übrig bleiben und trotzdem verschwinden sollen, werden dann zerlegt. Die verbleibenden Materialien werden gespendet, das technische Material und Ausrüstungen werden verkauft. Am 20., 21. und 25. Oktober können auch Privatpersonen Staudenpflanzen in den LUGA-Hubs abholen. Was im Endeffekt von den Installationen alles bleiben darf, darüber werden die politischen Verantwortlichen gemeinsam mit den zuständigen Gemeindediensten entscheiden.
Wie sehr haben die Wetterbedingungen den Verlauf der Ausstellung beeinflusst?
Der Starkregen im September hatte sehr geringe Auswirkungen – lediglich zwei Installationen standen unter Wasser. Wenn starke Regenfälle angekündigt wurden, entfernten wir vorsorglich alles, was sich in der Nähe eines Flusses befand. Große Schäden gab es dabei keine. Einige Veranstaltungen und Workshops mussten wegen schlechten Wetterbedingungen abgesagt werden, da diese im Freien stattfinden sollten.

Thema Zerstörung: Kam es zu Vandalismus?
Nein – es wurde kein einziger Garten oder Installation zerstört. Wir entdeckten nur vereinzelte Graffiti an den Holzaufstellern. Ein speziell dafür vorgesehenes Budget kam daher kaum zum Einsatz, was uns sehr freut. Vor vier Tagen wurde allerdings ein Objekt aus der Vitrine des „Pavillon der Himmlischen Verheißung“ im Stadtpark entwendet.
Das Ende der LUGA steht vor der Tür. Wohin verschlägt es Sie als Nächstes?
Was die Zukunft bringt, weiß ich jetzt noch nicht. Ich hatte noch nie einen wirklichen Plan in meinem Leben, das ist ein Privileg. Feststeht: Ich brauche vorerst ein wenig Abstand. Wir sind aktuell mit dem Abbau der Installationen beschäftigt, einige Mitarbeiter des Teams haben bereits andere Arbeitsstellen gefunden. Wie ich mich am Sonntag fühlen werde, kann ich jetzt noch nicht beantworten. Ich bin dankbar für die schöne Zeit und die Begegnungen. Vor allem aber möchte ich zeigen: Auch als 64-jährige Frau hat man noch die Kapazität, an der Front eines großen Projekts zu stehen.
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