Freitag7. November 2025

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Österreich FPÖ-Parlamentspräsident ignoriert Proteste und lädt zu Event für Ewiggestrige

Österreich  / FPÖ-Parlamentspräsident ignoriert Proteste und lädt zu Event für Ewiggestrige
Der FPÖ-Politiker Walter Rosenkranz ist wegen seiner rechtslastigen Gesinnung als österreichischer Nationalratspräsident umstritten Foto Copyright Parlamentsdirektion/​Thomas Topf

Der österreichische Nazi und Antisemit Franz Dinghofer ist Namensgeber eines FPÖ-Thinktanks, der nächsten Dienstag im Wiener Parlament ein Event abhalten wird. Es hagelt heftige Proteste, die Nationalratspräsident Walter Rosenkranz einfach ignoriert.

Der Titel der nur zwei Tage nach dem Reichspogromnacht-Gedenken angesetzten Veranstaltung klingt in diesem Kontext ganz nach rechtsextremen „Lügenpresse“-Parolen: „Zensur und Ideologisierung – die Freiheit in Gefahr!“ Das FPÖ-nahe Dinghofer-Institut wird damit einmal mehr im Hohen Haus seine Duftmarke hinterlassen. Das tat es schon in den vergangenen Jahren immer wieder in den Fraktionsräumen der Rechtspopulisten. Doch heuer geht das Event auf einem höheren Level über die Bühne. Denn seit die FPÖ bei der Nationalratswahl im vergangenen September zur stärksten Kraft aufgestiegen ist, stellt sie den Ersten Nationalratspräsidenten und damit den – nach dem Bundespräsidenten – protokollarisch zweithöchsten Repräsentanten des Landes. Von Anfang an war Walter Rosenkranz wegen seiner rechtslastigen Gesinnung umstritten. Jetzt gießt er Öl ins Feuer, indem er selbst zu dem Dinghofer-Symposium einlädt.

Alle gegen FPÖ

Die FPÖler werden allerdings unter sich bleiben. Denn die vier anderen Parlamentsparteien protestieren lautstark. Der Zweite NR-Präsident Peter Haubner (ÖVP) und die Dritte Präsidentin Doris Bures (SPÖ) äußerten sich „mehr als befremdet“ von der Veranstaltung, die „äußerst zweifelhafte historische Signale“ aussende. Noch deutlicher wurde Rosenkranz’ ÖVP-Vorgänger Wolfgang Sobotka: „Dinghofer, ein bekennender Großdeutscher, Antisemit und Gegner eines freien Österreichs, eignet sich in keiner Weise zur Erörterung demokratischer Werte wie Freiheit.“

Mehrere Zeithistoriker beklagen in einem offenen Brief, dass die FPÖ das Parlament damit „zum Ort des ehrenden Erinnerns an einen deklarierten Antisemiten und Nationalsozialisten“ mache.

Lupenreiner Antisemit

Der 1956 verstorbene Dinghofer war in der Zwischenkriegszeit Nationalratsabgeordneter, Justizminister, Vizekanzler und Dritter Präsident des Nationalrates. Seine 1933, also fünf Jahre vor dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland, mit der NSDAP fusionierte Großdeutsche Volkspartei hatte sich schon in den 1920er-Jahren einen „Arierparagrafen“ in die Statuten geschrieben. Juden bezeichnete Dinghofer als einen „die Volksgemeinschaft zersetzenden Fremdkörper“.

Nichtsdestotrotz stoßen die vielen Appelle zur Absage des Symposiums bei der FPÖ auf taube Ohren. Im Gegenteil: Die Rechtspopulisten versuchen, Dinghofer als Patrioten und sich selbst wieder einmal als Opfer linker Lügenpropaganda darzustellen. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker dankte Rosenkranz dafür, dass dieser sich „von linkem Gesinnungsdruck nicht einschüchtern“ lasse. Die Kritik wertet er als „politisch motivierten Rufmord an einem der bedeutendsten Staatsmänner der österreichischen Geschichte“. Die FPÖ bestreitet sogar, dass Dinghofer Nazi war. Im Berliner Bundesarchiv liegt allerdings Dinghofers NSDAP-Mitgliedskarte mit der Nummer 8450902.

„Soweit wir wissen, hat Franz Dinghofer kein Verbrechen begangen. Aber er hat ein Verbrecherregime unterstützt“, hatte Willi Mernyi, der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ), schon vor einem Jahr bei ähnlicher Gelegenheit geurteilt. Für die FPÖ ist das offenbar kein Grund, den nach einem solchen Politiker benannten Verein im Hohen Haus Geschichtsklitterung und identitäre Propaganda betreiben zu lassen.