Es ist das erste ausführliche Pressestatement des Bundeskanzlers in spe, nachdem Bundespräsident Alexander van der Bellen am Montag dem FPÖ-Chef zähneknirschend den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt hatte. ÖVP, SPÖ und Neos waren davor im Ringen um eine Dreier- bzw. Zweierkoalition gescheitert, weshalb außer Neuwahlen nur noch die Option mit dem blieb, den bis zum Umfaller der ÖVP vorgestern noch alle als Partner kategorisch ausgeschlossen hatten: Herbert Kickl.
Gleich zu Beginn stellt der Kanzler in spe im Presseraum der FPÖ-Zentrale klar: Fragen sind keine zugelassen. Die Journalisten sind schon daran gewöhnt. Seit einiger Zeit kommt es immer öfter vor, dass Politiker – nicht nur Freiheitliche – ein Hinterfragen ihrer abgelesenen Botschaften verweigern. Enttäuscht wurde, wer inhaltliche Ansagen dazu erwartet hatte, wie eine von ihm geführte Regierung das Budget sanieren und die Wirtschaft wieder in Schwung bringen möchte. Kickl befindet sich noch beziehungsweise schon wieder im Wahlkampfmodus. Ausführlich spricht er über das Versagen der Anderen, ihn nach seinem Wahltriumph Ende September von der Macht fernzuhalten. Immerhin gibt sich der sonst um keine Verbalattacke verlegene Rechtspopulist versöhnlich. Geradezu generös bietet er dem neuen ÖVP-Vorsitzenden Christian Stocker, der Kickl im Dezember noch „Sicherheitsrisiko für Österreich“ genannt hatte, ein Hintanstellen persönlicher Befindlichkeiten an. Schwer sei es ihm aber schon gefallen, Stocker die Hand entgegenzustrecken, unterstreicht Kickl seine Großzügigkeit, vor der ihn viele „besorgte Bürger“ angeblich gewarnt haben. Viele hätten ihn gefragt, ob man dieser ÖVP trauen könne, viele hätten ihn gewarnt, dass sie ein falsches Spiel mit ihm spielen würde. Doch Kickl „will niemandem absprechen, klüger zu werden“, weshalb er Vertrauen in den potenziellen Koalitionspartner investiere.
Asche aufs Haupt
Damit hat es sich aber schon mit den Freundlichkeiten. Kickls eigentliche Botschaft ist ebenso klar wie knallhart: Die ÖVP hat sich in ihr Schicksal als Juniorpartner zu fügen. Er erwarte sich „vom Gegenüber ein Bewusstsein, wer die Wahl gewonnen hat, und die Einsicht, wer das Land in diese Situation gebracht hat“. Tatsächlich steht Österreich nach fünf Jahren türkis-grüner Koalition schlecht da, es droht ein drittes Rezessionsjahr und noch im Jänner ein EU-Defizitverfahren. Noch bevor die Koalitionsgespräche starten, verlangt die FPÖ von den Christdemokraten, Asche aufs Haupt zu streuen und ein Abfinden mit der Rolle des Zweiten. Außerdem akzeptiere er nur einen Partner, der „geschlossen, homogen und stabil“ sei und „wo nicht unterschiedliche Akteure unterschiedliche Ziele verfolgen“, sagt Kickl und stellt der ÖVP die Neuwahlrute ins Fenster. „Wenn das nicht gewährleistet ist, dann war es dann auch schon wieder“, warnt der FPÖ-Chef und betont, dass er in der Lage sei, die guten Umfragewerte seiner Partei in Wahlergebnisse umzumünzen.
ÖVP in prekärer Lage
Kickl kann sich diese Demütigung des Gegenübers leisten. Er weiß um dessen prekäre Situation nach den gescheiterten Verhandlungen mit den anderen Parteien. Die Christdemokraten haben keine Alternative. Außer Neuwahlen, die niemand mehr fürchten muss, als eben die ÖVP. Ihre Verhandlungsposition könnte schwächer nicht sein. Man darf gespannt sein, wie weit Kickl bei der Demontage des Partners zu gehen bereit ist. Bei aller Einigkeit im Hinblick auf eine restriktive Migrations- und Integrationspolitik sowie auf eine unternehmerfreundliche Wirtschaftspolitik gibt es genug Knackpunkte. Zum Beispiel die Beteiligung am Luftabwehrsystem „Sky Shield“, auf der die ÖVP besteht, während die FPÖ im Wahlkampf den Ausstieg versprochen hat. Auch der Stopp von Ukraine-Hilfen war ein zentrales Wahlkampfthema der in diesem Konflikt das russische Narrativ teilenden Rechtspopulisten.
Je mehr sich Stocker in den Verhandlungen abräumen lässt, desto weniger wird er aber die von Kickl eingeforderte Geschlossenheit der Partei garantieren können. Schon jetzt rumort es. Außenminister Alexander Schallenberg, der sich gut als Signal der Kontinuität an die verunsicherten EU-Partner gemacht hätte, hat schon klargestellt, unter Kickl nicht Minister sein zu wollen. Ex-EU-Kommissar Franz Fischler hat seinen Austritt aus der ÖVP verkündet, wenn diese tatsächlich mit der FPÖ ins Koalitionsbett steigt.
De Maart
Man kann getrost davon ausgehen, dass nicht alle Mitglieder der konservativen ÖVP Faschisten sind.
Genau diese Mitglieder sind jetzt gefordert sich vehement gegen eine Koalition mit der rechtsextremen FPÖ zu stellen und somit eine VerKicklung Österreichs zu verhindern.
Österreich braucht, wie alle anderen Staaten auch, eine Koalition zwischen demokratischen Parteien und zu diesen zählt die FPÖ definitiv nicht.