Mittwoch5. November 2025

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UkraineExperten warnen vor fatalen Auswirkungen russischer Angriffe auf Verteilungsnetze

Ukraine / Experten warnen vor fatalen Auswirkungen russischer Angriffe auf Verteilungsnetze
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeichnete jüngst verdienstvolle Verteidiger der ukrainischen Stadt Prokrowsk während eines Besuchs an der Front aus Foto: Handout/Ukrainian Presidential Press Service/AFP

Angesichts gezielter russischer Angriffe auf die Stromverteilung warnen ukrainische Energie-Experten vor den fatalen Folgen für den bevorstehenden Winter.

Russland habe bereits mit „intensiven Angriffen auf Verteilungsnetze“ begonnen, sagte der Chef des nationalen Energieforschungszentrums, Oleksandr Chartschenko, am Mittwoch vor Journalisten. Diese Angriffe hätten derzeit „größere Auswirkungen als Angriffe auf Hochspannungsnetze“. Ukrainische Städte sollten Notfallpläne vorbereiten, fügte er hinzu

Während seines bald vier Jahre andauernden Angriffskrieges hat Russland immer wieder gezielt das Strom- und Heizungsnetz der Ukraine angegriffen. Ein Großteil der wichtigen zivilen Infrastruktur ist zerstört. Beschädigt sind insbesondere die Erdgasanlagen, die den wichtigsten Brennstoff für die Heizungen im Land produzieren.

Die Kiewer Hochschule School of Economics schätzt, dass durch die anhaltenden russischen Angriffe die Hälfte der Erdgasproduktion der Ukraine lahmgelegt wurde. Was die Stromversorgung angeht, sind laut Chartschenko zwar einige Kraftwerke gut geschützt. Das Verteilungsnetz sei aber weiterhin anfällig für Angriffe, warnte er.

Die Menschen in den ukrainischen Städten sind größtenteils auf Zentralheizungen angewiesen. Sollten in Kiew die beiden Kraft- und Heizwerke bei Minustemperaturen unter minus zehn Grad länger als drei Tage ausfallen, wäre dies für die Hauptstadt eine „technologische Katastrophe“, sagte Chartschenko.

In den vergangenen Wochen hat Russland seine Angriffe auf die zivile Infrastruktur der Ukraine verstärkt. Allein im Oktober feuerte Moskau etwa 270 Raketen auf das Nachbarland ab – die größte Anzahl an Geschossen in einem Monat seit dem Beginn der Veröffentlichung derartiger Statistiken Anfang 2023.

Unterdessen hat die Ukraine russische Angaben zurückgewiesen, wonach ukrainische Streitkräfte in der umkämpften Stadt Pokrowsk im Osten des Landes von russischen Soldaten umzingelt seien. Der ukrainische Generalstab erklärte am Mittwoch in Onlinenetzwerken: „Es gibt keine Umzingelung unserer Einheiten und Divisionen.“ Es würden Maßnahmen ergriffen, um den Feind zu blockieren, der versuche, in die Stadt einzudringen. „Der aktive Widerstand gegen Versuche feindlicher Infanteriegruppen, Stellungen zu errichten, dauert an.“

Pokrowsk seit mehr als einem Jahr umkämpft

Das strategisch wichtige Pokrowsk liegt auf einem Versorgungsweg für die Ukraine. Seit mehr als einem Jahr versucht die russische Armee, die Stadt in der Industrieregion Donezk einzunehmen. Kiew hatte zuletzt eingeräumt, dass mehrere Hundert russische Soldaten nach Pokrowsk eingedrungen seien.

Am Wochenende gab Kiew die Entsendung von Spezialtruppen dorthin bekannt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besuchte am Dienstag Truppen eines Asow-Korps nahe der umkämpften Stadt und kündigte an, dass alles getan werden solle, um die Stadt unter ukrainischer Kontrolle zu halten.

Die russische Armee hatte am Dienstag erklärt, sie verstärke in Pokrowsk „die Umzingelung des Gegners“. Einige Dutzend Gebäude seien in der Stadt bereits eingenommen worden. Das russische Verteidigungsministerium erklärte am Mittwoch, dass sich die Situation der ukrainischen Streitkräfte in Pokrowsk und Kupjansk, einer weiteren strategisch wichtigen Stadt im Nordosten der Ukraine, „schnell verschlechtert“.

Seit einigen Monaten hat die russische Armee ihre Taktik auf dem Schlachtfeld in der Ukraine geändert und entsendet vermehrt kleine Kampfgruppen aus wenigen Soldaten hinter die Frontlinie, um so weniger Angriffsfläche für ukrainische Drohnenangriffe zu bieten. Vorrangiges Ziel Russlands bleibt die Eroberung der Region Donezk. Die Einnahme von Pokrowsk, das vor Ausbruch des Krieges 60.000 Einwohner zählte, wäre ein erheblicher Sieg für Moskau.