Donnerstag6. November 2025

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E Bléck duerch d’LënsEugène Leger: Ein Widerstandskämpfer in Luxemburg und darüber hinaus (14. April 1919 – 18. Dezember 1944)

E Bléck duerch d’Lëns / Eugène Leger: Ein Widerstandskämpfer in Luxemburg und darüber hinaus (14. April 1919 – 18. Dezember 1944)
Eugène Leger, Datum unbekannt Quelle: MNRDH

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Als Resistenzler der ersten Stunde war Eugène Leger eine Schlüsselfigur der Widerstandsorganisation PI-Men. Seine Tätigkeiten in der Fluchthilfe und der Informationsweitergabe bezahlte der mutige Differdinger mit seinem Leben. 80 Jahre nach seinem Tod wirft „E Bléck duerch d‘Lëns“ einen Blick auf seine Lebensgeschichte.

Kurz nach der Besatzung Luxemburgs engagierte sich der Gemeindeangestellte Eugène Leger im Widerstand. Zusammen mit den Widerstandsgruppen „Lëtzebuerger Fräiheetskämpfer“ (LFK) um Ady Claude und „Patriotes indépendants“ (PI-Men) um Emile Krieps und Josy Goerres beteiligte sich Eugène Leger beim Verteilen von Gegenpropaganda. Durch aufklärerische bzw. patriotische Flugblätter sollte in der Öffentlichkeitsmeinung ein Gegenpol zur Nazipropaganda gebildet werden. Im April 1941 wurde somit an die luxemburgische Bevölkerung appelliert, die Festlichkeiten zu Hitlers Geburtstag zu boykottieren.

Die Serie

In der Rubrik „E Bléck duerch d’Lëns“ liefern die Historiker*innen André Marques, Julie Depotter und Jérôme Courtoy einen facettenreichen Blick auf verschiedene zeitgeschichtliche Themen.

Widerstand in Luxemburg

Mit dem Aufbau des Gestapo-Verfolgungsapparats erhöhte sich die Zahl der Einwohner, die durch Flucht der Verfolgung zu entkommen versuchten. Um die vielen Flüchtlinge sicher über die Grenze zu bringen, brauchte der Widerstand jedoch organisierte Fluchtwege sowie materielle Hilfe und Geld. Einer dieser Fluchtwege verlief von Differdingen aus zur Grenze und wurde von den PI-Men Krieps und Goerres elaboriert. Auf diesem war Eugène Leger, zusammen mit Albert Ungeheuer, als einer der ersten Passeure aktiv.

Die Historikerin Julie Depotter
Die Historikerin Julie Depotter Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Zwischen Juli und November 1941 gelang es ihnen, zirka hundert Verfolgten zur Flucht nach Frankreich zu verhelfen. Eugène Leger half auch, das benötigte Geld für die „Lëtzebuerger Fräiheetskämpfer“ aufzutreiben. Nachdem sein Mitstreiter Ady Claude von den Deutschen verhaftet wurde, übernahm ab Oktober 1941 die Widerstandskämpferin Madeleine Weis-Bauler seine Aufgaben. Die enge Zusammenarbeit zwischen den beiden führte zum Beginn einer Liebesbeziehung.

Nach der Verhaftung der PI-Men Goerres und Krieps am 1. Oktober 1941 wurde es für Eugène Leger und Albert Ungeheuer zusehends gefährlicher und sie entschieden sich dazu, ebenfalls zu fliehen. Gemeinsam mit Madeleine Bauler und Régine Ney – die sich ihrem auferlegten Reichsarbeitsdienst entzogen – setzten sich die Passeure am 6. November 1941 ins unbesetzte Frankreich ab.

Weiterarbeit im Exil

Im französischen Exil setzte Leger seine Flüchtlingshilfe während der Wintermonate 1941/1942 fort. Dabei begab er sich weiterhin – trotz hoher Gefahr – nach Luxemburg. Er konnte sich rasch ein Netzwerk von französischen Widerstandskämpfern aufbauen und trat der Organisation „Bureau central de renseignement et d’action“ (BCRA) bei. Im Sommer 1942 wurde Leger zum ständigen Agenten Reno F 761 des Informationsnetzwerks Mithridate ernannt und operierte unter zahlreichen Decknamen als Geheimagent. Neben einem ersten bestehenden Geheimdienstnetz im Nordosten Frankreichs und Luxemburg erweiterte er seine Aktivitäten auf die französischen Departements Loire, Saône-et-Loire und Allier. Gemeinsam mit anderen Exil-Luxemburgern übermittelte das Netzwerk Informationen nach London bezüglich den deutschen Truppen- und Materialbewegungen, Luftwaffenstützpunkten und der Infrastruktur von Eisenbahn-, Straßen- und Flussnetzen. Die gesammelten Daten wurden von den Alliierten zur strategischen Planung von Angriffen genutzt.

Eugène Leger, Datum unbekannt
Eugène Leger, Datum unbekannt Quelle: Privatarchiv Jim Goerres

Verrat und Verhaftung

Sowohl als Geheimagent als auch als Privatmann blieb Eugène Leger während seines Aufenthalts in Frankreich ständig in Kontakt mit der LVL, den PI-Men und mit seiner Familie. Die zahlreichen Kontakte nutze er, um gefälschte Papiere, Geld und Dokumente der Geheimdienstnetzwerke weiter zu schmuggeln. Am 15. April 1944 wurde die Differdingerin Ketty Modolin, die für den örtlichen Widerstand tätig war, an der Grenze festgenommen. Bei ihrer Festnahme hatte sie nicht nur Dokumente für den alliierten Geheimdienst, sondern auch eine erhebliche Summe in Reichsmark sowie einen Brief an Eugène Leger bei sich. Unter dem Druck der Gestapo denunzierte Modolin etwa 40 Widerstandskämpfer, die daraufhin verhaftet wurden.

Eugène Leger wurde auf einem aufgestellten Treffen mit Modolin am 26. April 1944 in einen Hinterhalt gelockt. Das Paar Bauler-Leger wurde sofort von der Gestapo verhaftet. Madeleine Bauler kam nach einer ersten Phase von Gefängnisaufenthalten, unter anderem in Flussbach, Wittlich und Ziegenhain, weiter in die Konzentrationslager Ravensbrück und Bergen-Belsen. Erst am 15. April 1945 wurde sie von den Alliierten Soldaten befreit.

Eugène Leger wurde zuerst in der Villa Pauly, dem Sitz der Gestapo in Luxemburg, verhört und gefoltert. Trotz schwerer Misshandlung weigerte er sich, seine Mitstreiter zu verraten. Anschließend kam er zuerst nach Metz ins Gefängnis, dann ins KZ Hinzert und später in die Gefängnisse von Wittlich und Ziegenhain. Seine Odyssee endete im Sammellager Breitenau bei Kassel. Hier gelang ihm am 4. Oktober 1944 während eines Bombenangriffs der Alliierten die Flucht. Während neun Wochen versteckte er sich im deutschen Niederschelden bei Madeleine Baulers Eltern, welche durch das politische Fehlverhalten der Kinder umgesiedelt worden waren. Am 16. Dezember 1944 verließ er sein Versteck, um über die Schweiz wieder nach Frankreich zu gelangen und seine Widerstandsaktivitäten fortzusetzen. Danach verlor sich seine Spur.

V.l.: Jospeh Besch, Eugène Leger und Albert Ungeheuer in Roanne (FR), vermutlich Anfang 1943
V.l.: Jospeh Besch, Eugène Leger und Albert Ungeheuer in Roanne (FR), vermutlich Anfang 1943 Quelle: Privatarchiv Jim Goerres

Am 9. August 1951 berichtete die luxemburgische Mission in Deutschland von der Verhaftung eines gewissen „Guy Lafont“, der am 18. Dezember 1944 von der deutschen Kriminalpolizei in Linz am Rhein verhaftet worden war und noch am selben Tag tot in seiner Zelle vorgefunden wurde. Um einen naheliegenden Verdacht zu bestätigen, wurde die Leiche kurz darauf exhumiert. Anhand einer Analyse der Gebisskarte konnte schlussendlich die Identität von „Guy Lafont“ erwiesen werden: Es handelte sich um Eugène Leger.

Weitere Nachforschungen im Jahre 1987 ergaben, dass seine Exekution durch die Kriminalpolizei offiziell als „Tod durch Erhängen“ eingetragen wurde. Nach der Überführung der sterblichen Überreste in seine Heimat fand Eugène Leger am 2. Oktober 1965 seine letzte Ruhestätte in Differdingen.