AußenministertreffenEU verstärkt Engagement im Nahostkrieg

Außenministertreffen / EU verstärkt Engagement im Nahostkrieg
Mindestens 45 Menschen kamen bei einem israelischen Angriff auf ein palästinensisches Flüchtlingslager ums Leben Foto: AFP/Eyad Baba

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Unter dem Eindruck von neuen Hamas-Raketen und blutiger Vergeltung durch Israel will die EU ihren Teil für eine Entspannung beitragen und eine alte Mission in Rafah wiederbeleben.

Auf dem Weg in den Ratssaal unterstreicht die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, wie wichtig das gemeinsame Agieren angesichts der dramatischen Situation sei. Europa könne nur stark sein, wenn es geschlossen sei. Doch das bezieht sie am Vortag der Anerkennung eines Palästinenser-Staates durch drei weitere europäische Staaten nicht auf den diplomatischen Umgang mit den Kriegsparteien im Nahen Osten, sondern auf ihren Appell an Ungarn, die Blockade der EU-Unterstützung für die Ukraine endlich aufzugeben. Nahost steht jedoch auch auf der Tagesordnung dieses EU-Außenministertreffens. Und es läuft auf eine Ausweitung des EU-Engagements in der Region hinaus.

EU-Außenbeauftragter Josep Borrell hat den Vorschlag auf den Tisch gelegt: „Kommen wir bei unserem Bemühen um eine Feuerpause und eine Entschärfung der Lage voran, wenn wir das Projekt Eubam wiederbeleben?“, lautet seine Frage. Selbst Experten der Region müssen lange zurückdenken, um diese Mission wieder vor Augen zu haben. 2005 hatte die EU die Verständigung zwischen Ägyptern und Palästinensern um einen geregelten Grenzverkehr in Rafah mit einer Assistenz des Grenzschutzes an dieser Stelle begleitet. Allerdings wurde die Mission nach der Machtübernahme der Hamas schon 2007 bereits wieder eingestellt. Die EU hätte mit der Hamas zusammenarbeiten müssen. „Das war für uns undenkbar“, erinnert Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg am Montag in Brüssel. Doch jetzt sei „die Situation eine andere“.

Keine zu hohen Erwartungen an Eubam-Mission

Jetzt werden die Schlagzeilen und die Gefühle der Teilnehmer des Treffens in Brüssel von den blutigen Ereignissen des Wochenendes bestimmt. Von den Raketen der Hamas auf Tel Aviv, abgefeuert in Rafah. Und von der Reaktion Israels darauf, der nach palästinensischen Angaben 45 Menschen in einem Flüchtlingslager zum Opfer fielen. Israel will auf hochrangige Hamas-Terroristen gezielt haben, aber auch die oberste israelische Militärstaatsanwältin untersucht den „sehr schwerwiegenden“ Luftangriff. Rafah sei zur „Hölle auf Erden“ geworden, erklärt das UN-Hilfswerk UNRWA. „Dieses Leid kann keinen Tag weiter gehen“, meint Baerbock. Sie verweist auf die Hamas-Raketen, und fährt dann fort: „Zugleich sehen wir, dass es kein Gewinn für Israels Sicherheit ist, keine Geisel frei kommt, wenn jetzt Menschen in Zelten verbrennen.“ Das humanitäre Völkerrecht gelte für alle, „auch für die israelische Kriegsführung“, sagt Baerbock in Brüssel.

Schallenberg warnt jedoch vor zu hohen Erwartungen an die Eubam-Wiederbelebung: „Die Mission ist im Winterschlaf, das braucht eine Weile“, sagt der Österreicher. Und der EU-Spitzendiplomat Borrell verweist darauf, dass zu den Voraussetzungen auch eine Übereinkunft aller Akteure gehöre, also vor allem der Ägypter, der Palästinenser und der Israelis. Er kommt danach sofort auf die Zweistaatenlösung für die Beilegung des israelisch-palästinensischen Konfliktes zu sprechen und meint zerknirscht, dieses Zweistaatenkonzept sehe jeden Tag als weniger erreichbar aus. Offenbar soll Eubam auch als kleiner mentaler Hoffnungsschimmer auf den Weg gebracht werden.

Dem Frieden nicht näher gekommen

Einen anderen erhofft sich Borrell von den arabischen EU-Partnern, die für diesen Montag nach Brüssel eingeladen worden sind. Sie sollen erläutern, welche Visionen sie haben und was sie von den Europäern erwarten, um den Friedensprozess wiederbeleben zu können. „Wenn jeder nur an der Seitenlinie steht und gute Ratschläge gibt, kommen wir nicht weiter“, betont Schallenberg. Und Baerbock unterstreicht, die Europäer wollten alles tun, das Leid für Israelis und Palästinenser zu beenden. Mit kräftiger Betonung des Wortes „alles“. Die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes zur Einstellung der Kampfhandlungen sei „bindend“, unterstreicht Baerbock. Die Europäische Union setze sich seit mehr als sechs Monaten für diese humanitäre Feuerpause ein.

Die Aktivierung von Eubam gehört für Baerbock zu dem Bemühen, humanitäre Hilfe in dieser erneut verschärften Situation nach Gaza reinzubekommen. Die Anerkennung eines Palästinenserstaates spricht sie nicht an. „Nicht unsere Idee“, meint in Brüssel auch Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis. Spanien, Irland und (das Nicht-EU-Land) Norwegen wollen diesen Schritt jedoch an diesem Dienstag vollziehen. Als Beitrag zu einer friedlichen Lösung. Bei vergangenen Eskalationen im Nahen Osten hatten dies bereits Schweden, Bulgarien, Polen und weitere EU-Mitglieder getan. Ohne dem Frieden damit näher gekommen zu sein.