Die Europäische Union will den Steuertricks großer Konzerne einen Riegel vorschieben und die neue, von den USA durchgesetzte globale Mindeststeuer zügig einführen. Zugleich begräbt die EU-Kommission aber ihren Plan für eine europäische Digitalsteuer, die vor allem große US-Konzerne wie Amazon, Facebook oder Google getroffen hätte.
Dieser Deal war schon im Sommer mit den USA ausgehandelt worden, danach gab es eine Einigung mit über 130 Ländern auf internationaler Ebene. Nun geht es an die Umsetzung. Die EU werde zum weltweiten Vorreiter, freute sich EU-Kommissar Paolo Gentiloni, der seinen Vorschlag am Mittwoch in Brüssel vorstellte – als letzten Akt vor der Weihnachtspause.
Geplant ist, einen effektiven Steuersatz von 15 Prozent auf die Gewinne multinationaler Unternehmen einzuführen und so das Steuerdumping zu beenden. Auch die Verlagerung von Gewinnen in Steueroasen soll erschwert werden, genau wie die Nutzung von Briefkastenfirmen. EU-Länder wie Luxemburg, Malta, die Niederlande oder Irland waren wegen dieser und anderer Tricks immer wieder in die Schlagzeilen geraten.
Damit soll spätestens 2023 Schluss sein. Internationale Firmen mit mindestens 750 Millionen Euro Umsatz pro Jahr sollen dann die neue Mindeststeuer zahlen – unabhängig von ihrem Sitz. Zahlt ein Unternehmen mit seiner Tochterfirma im Ausland weniger Steuern, kann der Heimatstaat die Differenz einkassieren. Briefkastenfirmen sollen auch dort zahlen, wo sie wirklich aktiv sind.
Die neuen EU-Regeln sollen transparent und effizient sein, versprach Gentiloni. Sie bedeuteten aber kein Ende des Steuerwettbewerbs und keine Harmonisierung. So können Länder wie Deutschland auch künftig höhere Unternehmenssteuern kassieren. „Wir wollen nur den Unterbietungswettbewerb beenden“, so der Italiener. Es gehe um mehr Fairness und ein Ende der Trickserei.
Wie hoch die Mehreinnahmen aus den Unternehmenssteuern ausfallen, konnte Gentiloni nicht sagen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) rechnet mit 150 Milliarden Dollar zusätzlich. Nach Berechnungen der EU-Steuerbeobachtungsstelle, eines unabhängigen Analysehauses, könnte Deutschland mit 5,7 Mrd. Euro mehr rechnen, Luxemburg käme auf 4,1 Mrd. Euro.
Wie die Mehreinnahmen verwendet werden sollen
Einen Teil des Geldsegens will die EU selbst kassieren, um ihre Schulden aus dem bis zu 800 Mrd. Euro schweren Corona-Aufbaufonds abzutragen. Dazu braucht die EU sogenannte Eigenmittel. Auch dazu kam am Mittwoch ein Vorschlag aus Brüssel. Haushaltskommissar Johannes Hahn möchte Geld aus der globalen Steuerreform abzweigen, sich aber auch Einnahmen aus dem Emissionshandel und dem geplanten europäischen Klimaschutz-Zoll sichern.
Mit diesem Paket werde die Basis für die Rückzahlung der Corona-Hilfen gelegt und gleichzeitig das Klimaschutz-Paket „Fit for 55“ finanziert, so Hahn. Die neuen Einnahmequellen würden durchschnittlich rund 17 Milliarden Euro im Jahr für den EU-Haushalt generieren. Allerdings müssen die 27 EU-Staaten noch zustimmen. Bisher waren sie bei Eigenmitteln ausgesprochen knausrig.
Die Mitgliedsstaaten müssten „runter von der Bremse“, fordert denn auch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. „Der Aufbaufonds wurde mit dem Versprechen neuer Eigenmittel auf Pump finanziert. Dieses Versprechen muss nun mit Leben gefüllt werden“, so Ferber.
Ähnlich äußerte sich der Grünen-Politiker Rasmus Andresen. „Die Einnahmen der Konzernsteuer gehören in den EU-Haushalt und sollten nicht in nationale Haushalte versickern“, sagte er. Nötig sei auch die Einrichtung eines Klimasozialfonds. Die bisher dafür vorgesehenen Gelder reichten nicht aus.
De Maart
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