Dienstag21. Oktober 2025

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LandwirtschaftEU-Agrarkommissar Christophe Hansen stellt das finanzielle Feld vor

Landwirtschaft / EU-Agrarkommissar Christophe Hansen stellt das finanzielle Feld vor
Christophe Hansen erklärt nach dem Arbeitsbesuch in der Chamber, wo der Hase hinläuft Foto: Editpress/Julien Garroy

EU-Agrarkommissar Christophe Hansen war am Montag auf Arbeitsbesuch in der Abgeordnetenkammer und hat sich dabei zu einem Meinungsaustausch mit den Mitgliedern der Kommission für Landwirtschaft, Ernährung und Weinbau sowie den Mitgliedern des Unterausschusses für europäische Angelegenheiten getroffen.

Dabei ging es im Rahmen der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union für den Zeitraum 2028 bis 2034 vornehmlich ums Geld und wie es verteilt werden soll. In diesem Zusammenhang will Hansen neue Prioritäten setzen. Im Vordergrund sollen den Worten des CSV-Politikers administrative Vereinfachungen vor allem für kleine landwirtschaftliche Betriebe stehen. Von den rund zwei Billionen Euro des EU-Haushalts sollen 300 Milliarden Euro in die Landwirtschaft fließen. Das wären fast 87 Milliarden Euro weniger als im aktuellen Zeitraum von 2021 bis 2027. Die Landwirte wurden daher in den vergangenen Monaten bereits als Verlierer der EU-Politik bezeichnet.

Anreizpolitik statt „Hektarprämien“

Christophe Hansen sieht dies anders. Er betrachtet die 300 Milliarden Euro als einen „Minimalbetrag“. Die fehlenden mehr als 20 Prozent sollen im Rahmen anderer nationaler und europäischer Fonds finanziert werden. Der „ländliche Raum“ könne also auf weiteres Geld hoffen. Die Regierungen könnten etwa entscheiden, mehr Geld aus dem EU-Haushalt in diesen zu investieren und den Mindestbetrag aufzustocken. Dadurch sei der Spielraum sogar größer. Die Landwirtschaft solle mindestens auf demselben Niveau unterstützt werden. Natürlich müsse sich die Europäische Union in dieser Hinsicht auf eine mögliche Erweiterung vorbereiten. Hansen sprach im selben Zusammenhang außerdem von einer verstärkten Anreizpolitik, weg von einfachen „Hektarprämien“.

Der EU-Agrarkommissar zeigt, wie die EU-Agrarreform aussehen soll
Der EU-Agrarkommissar zeigt, wie die EU-Agrarreform aussehen soll Foto: Editpress/Julien Garroy

Generell geht es, wie Hansen mehrfach betonte, um eine administrative Simplifizierung für die Bauern. Der Agrarkommissar ist in den ersten zehn Monaten seiner Amtszeit – Hansen trat im Dezember 2024 an – in insgesamt 24 verschiedenen EU-Mitgliedstaaten gewesen. Er wies dabei auf die großen Unterschiede im Agrarsektor zwischen den einzelnen Staaten hin. Dies gelte nicht zuletzt für die verschiedenen Agrarpolitiken: „Zum Beispiel sind Maßnahmen zum Schutz vor Erosion in Schweden anders als in Zypern.“

Ein Leid teilen die europäischen Landwirte: Sie haben große Probleme beim Nachwuchs, was ihm Sorgen bereite. In Zahlen drückt sich die demografische Tendenz, die dem Sektor weiter zusetzt, folgendermaßen aus: Weniger als zwölf Prozent der Bauern in der EU seien unter 40 Jahre alt. Das Durchschnittsalter liege bei mehr als 57 Jahren. Eine positive Ausnahme stelle Österreich dar, wo 24 Prozent der Landwirte unter 40 Jahre alt sind, während es in Portugal nur 3,8 Prozent sind. Er nannte unter anderem die unterschiedlichen Rentensysteme in den EU-Ländern, die dazu führten, dass sich viele Landwirte nicht leisten könnten, in Pension zu gehen.

Hansen auf Brasilien-Reise

In den kommenden Tagen wird Hansen zusammen mit einer Wirtschaftsdelegation aus 80 Vertretern des europäischen Agrar- und Lebensmittelsektors – zwei davon aus Luxemburg – Brasilien besuchen. Ziel sei es, den Export europäischer Agrarprodukte in das größte südamerikanische Land zu erleichtern und die Präsenz auf dem dortigen Markt auszubauen. Letzteres Potenzial ist als Absatzmarkt für Agrar- und Lebensmittelexporte aus der EU bislang weitgehend ungenutzt. Derzeit entfallen nur rund sechs Prozent aller EU-Ausfuhren in diese Region auf landwirtschaftliche Erzeugnisse. Hansen sprach von einem großen Exportpotenzial unter anderem bei Wein und Spirituosen, Milchprodukten, Schinken, Käse und Olivenöl.

Wir brauchen stabile Partner, vor allem in der schwierigen Zeit, die wir gerade im Verhältnis mit den USA durchlaufen

Christophe Hansen, EU-Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung

Die luxemburgischen Bauern sehen die Einigung auf das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Staaten des südamerikanischen Wirtschaftsbündnisses – Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay – skeptisch. Sie befürchten negative Auswirkungen, unter anderem einen Einbruch der Preise durch die Importe südamerikanischen Fleischs. Als weiteres Argument führen die hiesigen Landwirte jene Pestizide an, die in Europa verboten sind, aber in Südamerika verwendet werden. Sie würden mit dem Fleisch wieder nach Europa importiert.

Hansen erinnerte daran, dass der Fleischbestand in der Europäischen Union um 7,8 Prozent zurückgegangen sei sowie an die Preisanstiege in den vergangenen Jahren. „Wir brauchen stabile Partner“, so der EU-Agrarkommissar, vor allem in der „schwierigen Zeit, die wir gerade im Verhältnis mit den USA durchlaufen“.

Europäische Agrarpolitik

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union erhalten EU-Mittel im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Mit diesen Mitteln bekommen die Landwirte direkte Unterstützung durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL). Ländliche Gebiete, Klimaschutzmaßnahmen und die Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen werden durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert. Zurzeit geht es um das Budget und die Regeln der Agrarpolitik für die Zeit nach 2028. Im Jahr 2023 etwa wurden 38,16 Milliarden für Direktzahlungen an Landwirte und 12,95 Milliarden Euro für die Entwicklung des ländlichen Raums ausgegeben. Mit weiteren 2,67 Milliarden Euro wurde der Markt für landwirtschaftliche Erzeugnisse unterstützt. Frankreich erhielt 2023 den größten Anteil der EU-Agrarfördermittel: insgesamt etwa 9,5 Milliarden Euro aus dem EGFL (ca. 7,46 Mrd.) und dem ELER (ca. 2,09 Mrd.), gefolgt von Spanien (insgesamt 7,1 Milliarden), Deutschland (6,4 Milliarden), Italien (6,1 Milliarden) und Polen (5,1 Milliarden). Luxemburg erhielt 33,4 Millionen aus dem EGFL und 9,7 Millionen aus dem ELER. Nur Malta erhielt weniger.
(Quellen: Europäische Kommission/Europäisches Parlament)

Knapp 87 Milliarden Euro weniger für die europäischen Bauern? Alles eine Frage der Differenzierung.
Knapp 87 Milliarden Euro weniger für die europäischen Bauern? Alles eine Frage der Differenzierung. Foto: Editpress/Julien Garroy