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Et geet schonn ëm Käpp: Sie sollen Luxemburg in den nächsten fünf Jahren regieren

Et geet schonn ëm Käpp: Sie sollen Luxemburg in den nächsten fünf Jahren regieren

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„Et geet net ëm Käpp“, behauptete Regierungsbildner Xavier Bettel in den vergangenen Wochen immer wieder. Und doch spielen die Vorgeschichten der Politiker eine wichtige Rolle bei ihrer Regierungsarbeit. Wer sind die Menschen, die in den nächsten fünf Jahren Luxemburg regieren werden?
Ein Überblick.

Von Yves Greis, Pol Schock und Nico Wildschutz

Die DP

Xavier Bettel, vom Volke geliebt

Plötzlich Premier. Das war 2013 die Geschichte von Xavier Bettel. Denn vor fünf Jahren hatte der damalige Bürgermeister der Stadt Luxemburg nicht damit gerechnet, Staatsminister zu werden. Auch fünf Jahre später war Bettels Kalkül ein anderes. Doch ihm ist Historisches gelungen: Er kann als erster Politiker jenseits der CSV in eine zweite Amtszeit als Premierminister gehen. Bettel bezieht seine politische Stärke aus seiner Beliebtheit beim Volk sowie aus seinem politischen Instinkt. Neben dem Staatsministerium soll er das neu geschaffene Ministerium für Digitalisierung leiten. Es heißt, er wolle sich damit ein klareres politisches Profil erschaffen. Und wer sagt eigentlich, dass danach Schluss sein soll? 2023 wird Bettel erst seinen fünfzigsten Geburtstag feiern.

Corinne Cahen, die Mächtige

Die DP-Parteipräsidentin gehört zu den großen Gewinnern der Parlamentswahlen. Sie behält ihre Ressorts Familie, Integration und Großregion. Doch vielmehr konnte sie ihre Macht innerhalb der Partei ausbauen. Durch ihr gutes Wahlresultat sind ihre Kritiker in den Hintergrund geraten. Cahen hat ihre Partei im Duo mit Xavier Bettel unter Kontrolle gebracht. Und damit das auch so bleibt, hat sie sowohl auf Regierungsebene wie wohl auch an der Spitze der Fraktion in Zukunft loyale Gefolgsleute an der Seite. Die geplanten Gesellschaftsreformen von Individualbesteuerung bis gratis Kinderbetreuung tragen Cahens Handschrift.

Claude Meisch, der Unbeliebte

Es gilt wohl als eine der undankbarsten Aufgaben überhaupt: das Amt des Bildungsministers. Denn schließlich hat jeder Bürger mehrere Jahre in einer Schule verbracht, ist also quasi Experte. Wer als Minister dann auch noch derart reformfreudig mit der Brechstange vorgeht wie Claude Meisch, darf sich über Gegenwind nicht wundern. Dass Meisch Stimmen einbüßen würde, war klar. Da sich die Verluste in Grenzen hielten, kann er weiter Anspruch auf das Bildungsressort stellen. Und damit auch seine Reformpläne für eine moderne Schule durchführen – mitsamt Gegenwind von Lehrpersonal und „Experten“. Zudem wird er wieder wie zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode die Ressorts Hochschule und Forschung übernehmen.

Pierre Gramgena, Mister Level-Playing-Field

Er war 2013 die große Unbekannte: Pierre Gramegna. Ohne politische Erfahrung musste der frühere Direktor der Handelskammer gleich im ersten Jahr als Finanzminister und damit als Politiker die große LuxLeaks-Krise managen. Gramegna haftete dabei stets der Ruf des Technokraten an, der sich mehr für Excel-Sheets interessierte als für Menschen – mehr für Bewertungen der Ratingagenturen als für Umfragewerte. Pünktlich zum Wahlkampf gelang es ihm, sich ein Stück weit von diesem Image zu emanzipieren. Als Politiker, der auch im Straßenwahlkampf in Esch bestehen kann. Oder wie der ehemalige Uni-Rektor Rolf Tarrach ihn einmal bezeichnete: „Ein Weinkenner mit einem besonders schwachen Verlangen nach Macht.“ Er wird weiterhin das Finanzministerium leiten.

Marc Hansen, der Lucky Loser

Das Wahlergebnis war für ihn eine Enttäuschung. Trotz Ministerbonus konnte Marc Hansen kein Direktmandat für das Parlament erlangen. Dennoch soll er Minister bleiben, Cahen und Bettel bestehen darauf. Bereits bei den Koalitionsverhandlungen saß Hansen etwas überraschend mit am Tisch. Allerdings wird er nicht mehr für Hochschule und Wohnungsbau zuständig sein, sondern neue – eher undankbare – Ressorts erhalten. Als Minister des öffentlichen Dienstes kann er sich mit der CGFP herumplagen und als Minister für administrative Vereinfachung soll ihm das gelingen, was jeder sich wünscht, aber bisher niemand hinbekommen hat: die Dinge einfacher machen.

Lex Delles, der Newbie

Als Maggy Nagel geschasst wurde, blickten eigentlich alle nach Mondorf auf Lex Delles. Die politische Sphäre ging davon aus, dass der junge Bürgermeister ihre Nachfolge als Kulturminister bzw. Staatsekretär übernehmen würde. Doch Delles zögerte, wollte nicht zum erstbesten Zeitpunkt die Karriereleiter aufsteigen. Seine Geduld zahlte sich aus. Bei den Wahlen gelang ihm als Erstgewähltem der DP im Osten ein äußerst beachtliches Resultat. „Diesmal kommst du nicht an einem Ministerposten vorbei“, sollen DP-Spitzen zu ihm gesagt haben. Er soll das Sportministerium gefordert haben. Erhielt aber Tourismus und Mittelstand.

Die LSAP

Etienne Schneider, Major Tom

Seitdem er im Februar 2012 das Amt des Wirtschaftsministers von Jeannot Krecké übernommen hat, haftet Etienne Schneider der Ruf an, für einen Sozialisten zu wirtschaftsfreundlich zu sein. Seit seinem Amtsantritt bemüht sich Schneider, neue Unternehmen nach Luxemburg zu bringen. Darunter eine große Joghurtfabrik, die wegen ihres hohen Wasserverbrauchs zum Streit mit Umweltministerin Carole Dieschbourg führte. Eine Herzensangelegenheit von Etienne Schneider ist das Space Mining. Dabei geht es darum, Unternehmen nach Luxemburg zu bringen, die in nicht zu ferner Zukunft im Weltall Ressourcen abbauen wollen. Was bei manchen als zukunftsweisend und wichtig gilt, ist für andere reine Geldverschwendung und eine schlechte Setzung von Prioritäten. Bei den Wahlen im Oktober hat Etienne Schneider erheblich an Stimmen verloren. Zuletzt war Schneider Vizepremier, Minister für Wirtschaft, Energie und Tourismus sowie für innere Sicherheit und Verteidigung. In Zukunft soll er Vizepremier, Wirtschafts- und Gesundheitsminister sein.

Jean Asselborn, Monsieur Merde Alors

Außenminister, Radfahrer und gern gesehener Gast in deutschen Talkshows. In Luxemburg gibt es erwachsene Menschen, die sich an keinen anderen Außenminister erinnern können. Asselborn macht den Job seit 2004. Bekannt dafür, seine Meinung frei heraus und unzensiert zu sagen, ist er ein beliebter Interviewpartner der europäischen Presse. Seine Art kommt allerdings nicht bei jedem gut an. Für einige ist Asselborns Ton nicht diplomatisch genug. Als Asselborn im deutschen Fernsehen Luxemburg im Rahmen der Luxleaks-Affäre verteidigte, sagte die deutsche Linkenchefin Sahra Wagenknecht über ihn: „Herr Asselborn, Sie sind einfach zu nett, um Sie zu kritisieren.“ Zuletzt fiel Asselborn auf, als er dem italienischen Innenminister Matteo Salvini die Meinung geigte, nachdem dieser sich rassistisch geäußert hatte, und den Raum mit einem wütenden „Merde alors!“ verließ. Asselborns Posten war nie wirklich in Gefahr – er bleibt Außenminister und ist weiterhin für Immigration zuständig.

Romain Schneider, Schniggi

Seine Karriere als Regierungsmitglied begann Romain Schneider 2009 als Minister für Landwirtschaft und Weinbau. 2013 wurde er Sportminister – ein Amt, für das er sich im Vorfeld starkgemacht hatte. Nun wird Schneider wieder Landwirtschaftsminister. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Grünen zum zweiten Mal hintereinander nicht ins Landwirtschaftsministerium einziehen – ein Ressort, das eigentlich eines ihrer Kernthemen ist. Dass Bauern nicht gerade eine innige Liebe für die Grünen empfinden, ist bekannt und soll mit der Entscheidung zu tun haben, das Amt mit einem Sozialdemokraten zu besetzen. Romain Schneider behält außerdem das Ressort Sozialversicherung. Am Verhandlungstisch wird Schneider es also mit zwei Gruppen zu tun bekommen, die nicht gerade als nachgiebige Gesprächspartner gelten: Bauern und Gewerkschaften.

Dan Kersch, der linke Hitzkopf

Keinen leichten Job hatte Dan Kersch in der Vergangenheit als Minister für Inneres und den öffentlichen Dienst. Dort durfte er mit den Staatsbeamten um die Reform des öffentlichen Dienstes verhandeln. Sein Herzblut floss in die Reform der Rettungsdienste – seine „Königsreform“. Diese hatte Kersch viel Zeit und Arbeit und „eng Hellewull vun Entrevuen“ gekostet. Ganz nebenbei managte er die Trennung von Kirche und Staat. Als Herausforderungen für die kommende Regierung nannte Kersch vor kurzem die Reform der Grundsteuer, der Syndikate und des Gemeindegesetzes. Damit muss er sich nun nicht mehr herumplagen. Er wird in der neuen Regierung Arbeitsminister und Sportminister.

Taina Bofferding, die „Apparatschik“

Sie ist neu in der Regierung, ist allerdings keine Unbekannte. In den letzten Jahren saß sie für die Sozialdemokraten im Parlament und im Escher Gemeinderat. Zum anderen war Bofferding gewerkschaftlich beim OGBL aktiv. Sie wird es in Zukunft als Innenministerin mit den Gemeinden zu tun haben. Das Innenministerium wird künftig aber wohl anders aussehen als bislang. Das neu geschaffene Ministerium für Landesplanung unter der Leitung von Claude Turmes dürfte wohl einige Aufgaben übernehmen, die vorher dem Innenministerium zugeordnet waren. Bofferding übernimmt zudem das Ressort der Chancengleichheit.

Paulette Lenert, die Super-Beamtin

Sie ist die Unbekannte dieser Regierung: die neue Ministerin für Kooperation und Verbraucherschutz. Sie war bislang eher hinter den Kulissen als hochrangige Beamtin tätig: als „Premier conseiller de gouvernement“ und als Direktorin der Staatsschule INAP. Unter anderem arbeitete sie in den Bereichen administrative Vereinfachung und Reform des Staatsdienstes. Paulette Lenert war schon einmal im Gespräch als Anwärterin auf einen Regierungsposten. 2016, als spekuliert wurde, ob Nicolas Schmit an den Europäischen Rechnungshof geht, galt sie als eine mögliche Nachfolgerin. Der Zeitschrift Forum sagte sie, Reformunlust müsste im öffentlichen Bereich eigentlich ein Unwort sein.

déi gréng

François Bausch, Dingo statt Friedenspfeife

François Bausch war einmal Gewerkschafter, Trotzkist und Friedensaktivist. In seinen jungen Jahren demonstrierte er gegen den Bau der „Nordstraße“ und den NATO-Doppelbeschluss. 2018 soll er neben seinen bisherigen Portfolios Transport und Infrastruktur auch Minister für Verteidigung und innere Sicherheit werden. Bei „déi gréng“ hat er einen langen Weg hinter sich: Ab seinem Eintritt in den 80er-Jahren kämpfte er sich durch die Parteistrukturen. Mittlerweile ist er ein wichtiger Stratege der Grünen. Seine Anfangsjahre hat er längst hinter sich gelassen: Bausch gilt mittlerweile als Realo-Grüner. Eines seiner großen Vorbilder ist der ehemalige deutsche Außenminister und Grünenpolitiker Joschka Fischer. Einige Aspekte seiner Revoluzzer-Zeit hat er jedoch beibehalten: Bausch ist immer noch konfrontationsfreudig und hatte auch keine Probleme damit, sein Projekt Tram trotz Gegenwind unaufhaltsam durchzuziehen. Eine Aufgabe, der er sich nun weiter widmen kann. Wenn er nicht gerade mit Donald Trump über NATO-Beiträge verhandelt.

Claude Turmes, der Macht-Yogi

Der „Tuerm“ kehrt nach Luxemburg zurück. Die Entscheidung kam nach dem Tod des Staatssekretärs Camille Gira im Frühsommer dieses Jahres etwas überraschend. Claude Turmes war das europäische Gesicht von „déi gréng“. Mit seinen zu einem Zopf gebundenen langen Haaren und den regelmäßigen Yoga-Sessions vermittelt er immer noch das Image des Ur-Grünen. Doch Turmes kann auch anders. In seinen fast zwei Jahrzehnten in Brüssel hat er die Machtstrukturen kennen und meistern gelernt. Er gilt als sehr vernetzt und wusste, wie er seine Kontakte nutzen konnte, um das zu erreichen, was er wollte. Und tatsächlich wurde ihm bei den Koalitionsverhandlungen ein Ministerium gebastelt, von dem er wohl immer geträumt hat: Mit der Energie, der Kreislaufwirtschaft und der Landesplanung hat er drei Portfolios, in denen er viel bewirken kann und sich thematisch pudelwohl fühlt.

Félix Braz, der Puffer

Der Justizminister ist der Technokrat unter den luxemburgischen Grünen. Während sich die anderen Politiker seiner Partei auf ihre Ressorts konzentrieren und versuchen, der Regierungsarbeit einen grünen Anstrich zu geben, gilt Félix Braz als Bindeglied zu den Koalitionspartnern DP und LSAP. Er pflegt laut eigenen Aussagen eine enge Freundschaft zu den beiden anderen Spitzenkandidaten Xavier Bettel und Etienne Schneider. Seine Rolle des Parteipuffers führte in der vergangenen Legislaturperiode zu umstrittenen Entscheidungen, wie beispielsweise der Einführung eines Burka-Verbots. Eine Maßnahme, die die Grünen eigentlich nicht wollten. Braz wird auch in der kommenden Legislaturperiode wieder Justizminister sein. Wegen des Erfolges der Grünen bei den Parlamentswahlen konnte er auch den Posten des Vizepremiers für sich beanspruchen, den er mit Etienne Schneider teilen wird. Seine Führungsrolle bei den Koalitionsverhandlungen stärkte sein Standing innerhalb der Partei.

Carole Dieschbourg, die „katholische Klima-Kämpferin“

Als Carole Dieschbourg vor fünf Jahren als Umweltministerin in den ersten Sitzungen erschien, war sie noch vorsichtig und zurückhaltend. Deshalb hatten die Grünen beschlossen, ihr den mittlerweile verstorbenen Staatssekretär Camille Gira an die Seite zu stellen. Doch Dieschbourg blühte auf in ihrem Amt. Sie spielte 2015 eine wichtige Rolle bei der Ausarbeitung des Pariser Klima-Abkommens. Luxemburg hatte damals die EU-Ratspräsidentschaft inne und Dieschbourg koordinierte als Umweltministerin die EU-Positionen im Abkommen. Am Ende der vergangenen Legislaturperiode erlaubte sie sich sogar einen offenen Schlagabtausch mit Wirtschaftsminister Etienne Schneider (LSAP) über die Ansiedlung von nicht umweltfreundlichen Unternehmen. Sie gilt mittlerweile als eine der wichtigsten Figuren bei den luxemburgischen Grünen. Übrigens hat Carole Dieschbourg auch eine etwas unbekanntere Seite: Sie ist religiös. Eine Nachrichtenagentur bezeichnete sie deshalb als „katholische Klima-Kämpferin“.

Sam Tanson, die Posten-Sammlerin

Die Juristin Sam Tanson wird als Newcomerin in der Regierung in Zukunft ins Ministerium statt ins Parlament radeln. Mit dem Wohnungsbau wurde ihr eines der schwierigsten Dossiers anvertraut. Tanson studierte Jura an der Sorbonne in Paris und arbeitete als Journalistin für die Wochenzeitung Lëtzebuerger Land und für RTL, bevor sie ihre Arbeit als Anwältin aufnahm. In der Partei bekleidete sie bereits wichtige Posten: Sie war Sprecherin der jungen Grünen, wurde Sprecherin der Partei und wenig später Parteipräsidentin. François Bausch gilt als ihr Förderer. Er holte sie in die Partei und begleitete ihre politische Karriere. In den letzten Jahren war sie für die Grünen im Staatsrat und als Gemeindepolitikerin in Luxemburg-Stadt tätigt. Dass ihr das Kulturressort zugesprochen wurde, ist wenig überraschend. Tanson gilt als Kulturkennerin und verfasste in ihrer Zeit als Journalistin unter anderem auch Theater-Rezensionen.

roger wohlfart
3. Dezember 2018 - 14.11

Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Minister heisst " Untergebener, Diener, Helfer ". Es wäre nicht schlecht, wenn verschiedene Regierungsmitglieder sich der eigentlichen Bedeutung ihres Amtes bewusst wären. In der Tat, sie herrschen oder regieren nicht, sie dienen wenn auch in einem gehoberen Amt.

J Daniel
2. Dezember 2018 - 20.32

Zitat : "Sie sollen Luxemburg in den nächsten fünf Jahren regieren" ......... Sie sollen den Luxemburgern in den nächsten fünf Jahren DIENEN !!!!!!!!!!!!!! Wählt man seinen Peiniger oder seinen Helfer ?????

Nomi
1. Dezember 2018 - 11.36

Xavier Bettel, vom Volke geliebt ????
Waat fir ee Vollek ??