Kosovo/SerbienEskalierter Autoschilderstreit vorläufig beigelegt

Kosovo/Serbien / Eskalierter Autoschilderstreit vorläufig beigelegt
Noch am Mittwoch demonstrierten serbische Frauen in Motrovica, der geteilten Stadt im Norden des Kosovo, gegen die kosovarischen Bestimmungen Foto: AFP/Armend Nimani

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Kosovo und Serbien haben ihren unseligen Autokennzeichen-Streit auf starken Druck der EU und der USA vorläufig beigelegt und vertagt: Die unwilligen Nachbarn sollen sich nun auf wichtigere bilaterale Fragen konzentrieren.

Nach dem Ende von Kosovos unseligem Autoschilder-Streit können sich beide beteiligten Dauerstreithähne erneut als Sieger wähnen. „Wir haben unsere Kennzeichen bewahrt und das serbische Volk in Nordkosovo geschützt“, frohlockte Serbiens Unterhändler Peter Petkovic nach dem am Mittwochabend erzielten Kompromiss in Brüssel. Das Abkommen „öffne alle Türen“ für intensive Verhandlungen zur „völligen Normalisierung“ unserer Beziehungen, vermeldete zufrieden Kosovos Chefunterhändler Besnik Bislimi.

„Wir haben einen Deal“, vermeldete erleichtert der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell per Twitter: Er sei „sehr erfreut“, dass sich beide Seiten auf die „Vermeidung einer weiteren Eskalierung“ verständigt hätten und „sich voll auf die Normalisierung“ konzentrieren wollten.

Schon seit Wochen hält die Posse um rund 10.000 Autokennzeichen für die im Nordkosovo lebenden Serben nicht nur die Öffentlichkeit der unwilligen Nachbarn, sondern auch die internationale Diplomatie gehörig auf Trab. Nachdem Hunderte Kosovo-Serben zu Monatsbeginn unter der Regie Belgrads aus Protest ihren Dienst bei der Kosovo-Polizei und in der Justiz quittiert hatten, drohte der Schilderstreit zunehmend aus dem Ruder zu laufen.

Der seit 2008 unabhängige, aber von Serbien noch immer nicht anerkannte Staatsneuling wollte die Einführung seiner Autokennzeichen auch im überwiegend serbisch besiedelten Norden seines Territoriums erzwingen. Belgrad wiederum erklärte das Festhalten an den von Serbien ausgegebenen KFZ-Kennzeichnen in Nordkosovo zur nationalen Schicksalsfrage, obwohl die Mehrheit der Kosovo-Serben im Süden des Landes die von Pristina ausgegebenen Autoschilder längst akzeptiert hatte.

Noch weit von gegenseitiger Anerkennung entfernt

Die EU befürwortet zwar die Einführung landesweiter Kennzeichen, aber drängte Pristina bislang vergeblich, deren Umsetzung vorläufig auszusetzen: Noch am Montag waren in Brüssel die stundenlangen Verhandlungen zwischen Serbiens Präsident Aleksandar Vucic und Kosovos Premier Albin Kurti ergebnislos gescheitert. Letztendlich waren es die USA, die Pristina dazu bewegten, den nun abgesegneten Kompromiss zu schlucken: Serbien soll keine Kennzeichen mehr ausgeben, Kosovo auf Strafmandate vorläufig verzichten.

Kosovos Staatschefin Vjosa Osmani bedankte sich bei den USA ausdrücklich „für das aktive Engagement“ beim Zustandekommen der Vereinbarung: Die US-Unterstützung für den von der EU moderierten Dialog zwischen Serbien und Kosovo sei „unverzichtbar“. Noch weiter geht Kosovos früherer Premier Ramush Haradinaj (AAK): „Unter der Führung der USA“ müsse nun auch ein Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung beider Staaten erzielt werden.

Davon sind die Ex-Kriegsgegner trotz der Beilegung ihres Schilderstreits allerdings noch weit entfernt. Der von Berlin und Paris ausgearbeitete EU-Plan zur Normalisierung der labilen Nachbarschaftsehe sieht denn auch keine offizielle, sondern eine indirekte Anerkennung vor: Beide Seiten sollten die Unverletzlichkeit der zwischen ihnen bestehenden Grenze respektieren.

Für Belgrad, das die längst verlorene Ex-Provinz noch stets als Teil des eigenen Territoriums betrachtet, ist dies ein kaum zu schluckender Kloß. Der deutsch-französische Plan gehe von der für Serbien „inakzeptablen Grundlage“ aus, dass Kosovo ein unabhängiger Staat sei, wetterte bereits zu Monatsbeginn Serbiens Außenminister Ivica Dacic: „Er bietet uns keine Chance zu verhandeln.“