Donnerstag13. November 2025

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Forum von Joëlle PizzaferriEscher Gemeinderat: Versuchen sich die Religionsgemeinschaften den Weg in die Politik durch die Hintertür freizuschaufeln?

Forum von Joëlle Pizzaferri / Escher Gemeinderat: Versuchen sich die Religionsgemeinschaften den Weg in die Politik durch die Hintertür freizuschaufeln?
 Foto: Editpress/Alain Rischard

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Mit der blau-rot-grünen Regierung wurde die Trennung von Staat und Glaubensgemeinschaften im Jahr 2015 besiegelt: Säkularisierung der öffentlichen Zeremonien, Abschaffung des Religionsunterrichts in den Schulen und Neufestlegung der staatlichen Finanzierung.

Dennoch ist die Luxemburger Gesellschaft keineswegs nichtreligiös – im Gegenteil, sie wächst zu einer religiös vielfältigen Gemeinschaft an. In diesem Sinne kann man die Bildung einer „Commission des cultes“ auf Gemeindeebene nur begrüßen, da eine solche die Glaubensfreiheit und den Austausch zwischen den verschiedenen Kulten fördern kann.

Die Religionsfreiheit und Weltanschauungsfreiheit sind ein völkerrechtlich verankertes Menschenrecht und umfassen die Freiheit, eine Religion oder Weltanschauung eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, keine Religion zu haben oder sie zu wechseln.

Wie also garantieren die politischen Vertreter der Escher Gemeinde dieses Grundrecht und wie wollen Sie dafür sorgen, dass ein Gleichgewicht der Kräfte innerhalb der „Commission des cultes“ herrschen wird, wenn diese sich folgendes Aufnahmeverfahren geben will:

„La Commission se compose de représentants nommés par les diverses communautés religieuses d’Esch-sur-Alzette. L’adhésion d’un nouveau membre aux valeurs de la Charte est obligatoire, et son intégration est soumise à l’approbation des membres actuels par voie de vote.“

Wie stimmt dieses Aufnahmeverfahren mit dem Artikel 15 des Gemeindegesetzes überein, der besagt:

„Le conseil communal peut constituer des commissions consultatives dont la composition, le fonctionnement et les attributions sont fixés par règlement d’ordre intérieur. Dans les communes qui votent d’après le système de la représentation proportionnelle chaque groupement de candidats est représenté dans les commissions consultatives en fonction du nombre de ses élus au conseil.“

Momentan hat jede im Gemeinderat vertretene Partei einen Sitz in der „Commission des cultes“. Doch welche Meinung vertreten diese Parteimitglieder: die Grundprinzipien ihrer Partei und/oder ihre individuellen, religiösen oder philosophischen Ansichten?

Wo ist festgelegt, welche Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (Freidenker, Atheisten, usw.) in der Kommission vertreten sind? Und in welcher Anzahl? Gibt es ein Ausschlussverfahren? Dürfen die Mitglieder der Kommission dieses bestimmen? Gibt es ein Rekursrecht und wo wird es eingereicht?

Die Gemeinde agiert als religiös neutral, auch die Nichtgläubigen müssen ihre Meinung zum Ausdruck bringen dürfen.

Eines steht fest, die „Commission des cultes“ kann nur, wie alle anderen Kommissionen, eine rein beratende Rolle spielen und ihre Meinung über Angelegenheiten abgeben, die ihr unter Berücksichtigung ihrer Kompetenz zugewiesen wurden.

Was genau ist die Kompetenz der Kommission?

Über den Zuständigkeitsbereich hinaus

Vorschläge wie folgende gehen deutlich über den Zuständigkeitsbereich einer beratenden Kommission und einer Gemeinde hinaus:

„Le Conseil Communal, en partenariat avec la Commission, garantit la visibilité des diverses communautés dans la vie publique de la ville, {…} en favorisant leur participation active dans la vie publique“; la Commission publie „des déclarations et des communiqués de presse“.

„La Commission élabore des programmes visant à sensibiliser les jeunes aux valeurs de respect, de tolérance et de vivre-ensemble, notamment à travers des actions éducatives et des partenariats avec les acteurs locaux“ et „{…} encouragera les écoles à inclure des visites des lieux de célébration des différents cultes {…} dans le cadre des cours de Vie et société“.

Ein Versuch der Missionierung? Nein danke! In einem säkularen Staat ist der für Religion angemessene Platz im Privaten verortet.

Es darf nicht sein, dass der Schein erweckt wird, dass die Gemeinde eine Religion unterstützt oder die Jugend zu religiösen Aktivitäten verleitet, weil diese Aktivitäten als Wille der Gemeinde angesehen werden.

Eine klare Abgrenzung des Handlungsraums der „Commission des cultes“ scheint vonnöten. Die Zusammensetzung, die Funktionsweise und die zugewiesene Kompetenz müssen, wie das Gesetz es vorschreibt, in einer Geschäftsordnung vorgesehen werden und dürfen sich nicht im Gegensatz zu den festgelegten gemeinsamen Werten unserer Gesellschaft bewegen.

Die sechs konventionierten Glaubensgemeinschaften (die katholische und evangelische Kirche, die israelische und muslimische Gemeinschaft, die anglikanische und orthodoxe Kirche) haben sich gegenüber dem Staat verpflichtet „{…} à respecter les droits et libertés constitutionnels, l’ordre public et les valeurs démocratiques, la promotion des droits de l’homme et l’égalité de traitement ainsi que l’égalité entre hommes et femmes. Aussi, ils s’engagent à écarter de l’organisation de leur communauté tout membre qui agit ou appelle à agir en violation de ces principes.“

Diese gesellschaftspolitischen Errungenschaften beinhalten das Recht auf Selbstbestimmung und die Ausrufung zum LGBTIQ-Freiheitsraum.

Ressourcen und Maßnahmen

Zu guter Letzt sieht der vorliegende Text vor, dass die „Commission des cultes“ mit den notwendigen Ressourcen für ihre Maßnahmen und Initiativen unterstützt wird:

„La Ville d’Esch-sur-Alzette, représentée par son Conseil communal, réaffirme son engagement à soutenir la Commission des cultes dans sa mission. En s’associant activement aux initiatives de la Commission, la Ville met en place les ressources nécessaires {…}.“

Was sind notwendige Ressourcen? Wie kontrolliert die Escher Gemeinde, dass sich keine Glaubensgemeinschaft politische und materielle Vorteile verschafft? Werden die Eigenmittel der diversen Religionsgemeinschaften überprüft und die Quelle ihrer Finanzierung? Wie ist diese angeforderte Ressourcenverteilung mit dem Gesetz vereinbar?

Werden die diversen Religionsgemeinschaften in unserer Gemeinde mit öffentlichen Mitteln finanziert?

Die dieswöchige Gemeinderatssitzung wird mit der Vereidigung eines neuen Gemeinderatsmitglieds eröffnet und wie bei jedem Gemeinderatsmitglied ist das Vorlesen des Satzes „Je jure d’observer la Constitution et les lois et de remplir ma fonction avec intégrité, exactitude et impartialité“ nicht nur als Symbol zu verstehen.

Joëlle Pizzaferri ist LSAP-Politikerin und ehemalige Escher Gemeinderätin
Joëlle Pizzaferri ist LSAP-Politikerin und ehemalige Escher Gemeinderätin Foto: Editpress/Julien Garroy
Reinertz Barriera Manfred
16. Mai 2025 - 15.10

Die Trennung Kirche Staat war richtig und bleibt richtig Religion oder nicht Religion ist Privatsache und das betrifft den Staat nicht....endlich sind wir soweit gekommen!

JJ
15. Mai 2025 - 8.19

Freiheit von Religion,nicht Religionsfreiheit. Natürlich auf freiwilliger Basis. Denn: " Tantum Religio potuit suadere Malorum." ( Lukrez ) Die Sekten können ja ihre jeweiligen Geschichtsbücher austauschen und abstimmen welche die schlimmste ist. Und warum sollte ein Religionsloser zum Beispiel auf die Bibel schwören? Aber es ist ja eh nur Geste und Brauch. Trump schwor auf drei Bibeln gleichzeitig.
Vor allem die drei Buchreligonen sind Kriegsparteien und waren es schon immer,denn ihre Bücher verordnen Mord,Totschlag und Frauenhass. Man sollte also darauf achten dass die Freiheit der einen die der anderen nicht einschränkt und schon gar nicht Gesundheit und Leben bedrohen.