Samstag18. Oktober 2025

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Bahnhofsviertel„Es reicht!“ – Einwohner organisieren zweite Demo für mehr Sicherheit und Lebensqualität

Bahnhofsviertel / „Es reicht!“ – Einwohner organisieren zweite Demo für mehr Sicherheit und Lebensqualität
Die Einwohner fordern „Sicherheit, Sauberkeit und Ruhe“ Foto: Carole Theisen

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Die Verzweiflung der Bewohner des Bahnhofsviertels in Luxemburg hat einen neuen Höhepunkt erreicht: Am vergangenen Samstag fand die bereits zweite Demonstration in vier Monaten für mehr Sicherheit und Lebensqualität statt – organisiert von einer Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger.

Eine wachsende Gruppe von Bewohnern hat sich über eine Whatsapp-Gruppe organisiert, die mit rund 760 Mitgliedern unter dem Namen „Quartier Gare – sécurité“ seit ihrer Gründung im Juli 2023 viel Zuspruch erfahren hat. Anhand von Texten, Bildern und Videos dokumentieren sie den täglichen Albtraum in ihrem Viertel, das von Drogenelend, Gewalt, Vandalismus und Ruhestörungen geprägt ist.

„Es ist genug! Es reicht! Wir, Einwohner des Bahnhofsviertels und Luxemburgs, wollen Sicherheit, Sauberkeit und Ruhe!“, hallt der entschlossene Appell der Organisatoren durch die Straßen der Hauptstadt. Bruno Atzori, ein langjähriger Einwohner, beschreibt die zunehmende Verschlechterung der Situation: „Ich lebe seit 2018 im Bahnhofsviertel und habe gesehen, wie sich die Lage nach Covid verschärft hat. Wir haben nun ein Kind, das zur Schule muss, doch die Schule ist von Drogendealern und Junkies umzingelt.“

Atzori schildert beängstigende Begegnungen, wie einen Vorfall vor einem Ramen-Restaurant in der rue Joseph Junck, wo ein Streit eskalierte und einer der Beteiligten sogar eine Waffe zog. Ähnliche Erfahrungen teilen Sen Sheng Zhan und Margaux Merel, Restaurantleiter in eben dieser Straße.

Seit der Eröffnung ihres Restaurants vor einem Monat sahen sich Zhan und Merel bereits mit zahlreichen Sicherheitsproblemen konfrontiert. Fenster wurden während der Renovierungsarbeiten eingeschlagen und die Präsenz von Drogenabhängigen beängstigt die Kunden rund um die Uhr. Margaux Merel schildert die prekäre Lage: „Manche laufen mit Spritzen in den Armen herum. Letztens mussten wir eine Person verscheuchen, die an unser Fenster pinkelte, vor einem Gast, der mit seinen Kindern zusammen aß, eines davon ein Kleinkind“, erzählt sie voller Ekel. Solcherlei Geschichten hat sie noch Hunderte auf Lager, sagt sie. „Dabei erzählen die Kunden uns, dass die Straße früher ein toller Ort war, wo sogar Kinder auf der Straße spielen konnten.“

Epizentrum der Kriminalität

Diese beängstigenden Szenen schrecken nicht nur potenzielle Kunden ab, sondern haben auch dazu geführt, dass sich viele Menschen nicht mal mehr sicher fühlen, die Straße überhaupt zu betreten. „Die Polizei kommt meistens vorbei, wenn man sie ruft, aber sie steigen dann nicht mal aus dem Auto“, berichtet Margaux Merel.

Die Inhaber des Restaurants mussten also selbst Maßnahmen ergreifen und einen Sicherheitsdienst engagieren, um ab dem späten Nachmittag bis in die Nacht die Sicherheit vor ihrem Restaurant zu gewährleisten. Sen Sheng Zhan kritisiert in diesem Sinne die Untätigkeit der Regierung: „Die Regierungen versprechen seit Jahren Maßnahmen, aber es passiert einfach nichts.“

Es scheint also, als hätte sich die rue Joseph Junck in ein Epizentrum der Kriminalität verwandelt. Je weiter man Richtung Oberstadt geht, desto sicherer scheinen sich die Menschen zu fühlen. Marilyne, Myriam und Athéna arbeiten in einem Concept-Store in der Nähe der Place de Paris und haben selbst noch keine wirklich negativen Erfahrungen gemacht. Auch ein Donutshop in der Avenue de la Liberté, der während der Demo gratis Donuts an die Demonstrierenden verteilte, blieb bisher verschont. Karim Ajouaou Saidi erklärt: „Unser Laden war jetzt nicht direkt von Kriminalität betroffen, aber man bekommt es natürlich mit und es ist auch in unserem Interesse, dass die Umgebung sicher ist.“

Positives Feedback

Die Demonstration am vergangenen Samstag vereinte fast 300 Menschen, die mit bunten Ballons und Schildern durch das Bahnhofsviertel bis in die Oberstadt marschierten. Vor der „Chambre des Députés“ angekommen, berichteten die Organisatorinnen Graziela Bodin und Laurence Gillen von positiven Rückmeldungen seit der ersten Demo im September 2023. Sie betonten, dass ihr Ziel, die Aufmerksamkeit der Behörden auf dieses Thema zu lenken, dank der Teilnahme der Bevölkerung zeitweise erfolgreich gewesen sei. In den vier Monaten nach der ersten Demonstration wartete man trotz der Dringlichkeit der Situation auf die Bildung und Organisation der neuen Regierung.

Diese Geduld habe sich ausgezahlt. Es gebe nun positive Rückmeldungen, darunter Briefe von Premierminister Luc Frieden und der Justizministerin Elisabeth Margue. Zusätzlich habe der Innenminister, Léon Gloden, sogar persönlich das Viertel besucht, begleitet von der Bürgermeisterin Lydie Polfer und weiteren Schöffenratsmitgliedern.

Doch Sen Sheng Zhan merkt an, dass die politischen Besuche von einem ungewöhnlich großen Aufgebot an Polizei und Sicherheitspersonal begleitet wurden – eine doch eher beunruhigende Situation. Normalerweise passieren nur sehr wenige Polizeipatrouillen die Straßen um den Bahnhof und es gibt auch keine Sicherheitskameras. „Es ist, als gäbe es hier keine Gesetze“, meint Zhan.

Die Forderungen der Betroffenen sind klar: verstärkte Polizeipräsenz rund um die Uhr, Fußstreifen und eine lokale Polizei, die die Gemeinschaft kennt und ständige Unterstützung bietet. Sie betonen, dass sie auf keinen Fall gegen die Drogenabhängigen, sondern gegen das System kämpfen. „Die Regierung ist diejenige, die aktiv werden muss, um die Situation zu verbessern“, betonen die Organisatoren der Demo. „Drogenabhängige sind Menschen, die irgendwann den Halt verloren haben und unter psychologischen und sozialen Problemen leiden. Sie benötigen eine unterstützende Betreuung und angemessene Infrastruktur.“

Die Demonstration sendet also ein deutliches Signal an die Regierung: Die Einwohner des Bahnhofsviertels fordern nicht nur Aufmerksamkeit, sondern vor allem konkrete Maßnahmen zur Wiederherstellung von Sicherheit, Sauberkeit und Lebensqualität in ihrem Viertel.

 
  Foto: Carole Theisen
Emile Müller
5. Februar 2024 - 14.55

@Nomi, sind sie doch, wenn man wenigsten die Überschrift lesen würde, wüsste man, dass es sich hierbei um die "zweite Demo" handelte. Die Hoffnung, dass wenigstens diese Regierung etwas tut bleibt.

Nomi
5. Februar 2024 - 14.35

Firwaat sinn dei' Garer Leit net zu Gambia-Zeiten ob d'Strooss gaang ??

Propper Staad
5. Februar 2024 - 14.03

und "léiwer Herrgotts Blieschen" für die Bettler.