„Mühlviertler Hasenjagd“, Tod durch Arbeit, Todesstiege, rund 90.000 Ermordete: Mauthausen und seine Nebenlager wie Gusen, alle nahe der österreichischen Industriestadt Linz gelegen, gehörten zu den grausamsten Konzentrationslagern des NS-Regimes. 1938 eröffnet, wurden dort zunächst deutsche und österreichische Regimegegner, Kriminelle und sozial unerwünschte Menschen interniert. Nach Beginn des Krieges verschleppten die Nationalsozialisten Menschen aus über 40 Nationen dorthin – darunter 176 Luxemburger, von denen 62 nicht zurückkehrten. Die Häftlinge wurden brutal zur Arbeit in Steinbrüchen, Munitionsfabriken und anderen Betrieben gezwungen, oft bis zum Tod.
Am 5. Mai 1945 erreichten US-Truppen das Lager. Am Sonntag wurde die 80-jährige Befreiung groß gefeiert, unter anderem in Anwesenheit des spanischen Königspaares und des österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen.
Als offizieller Vertreter der luxemburgischen Regierung reiste Innenminister Léon Gloden (CSV) nach Mauthausen und hat mitgeholfen, die Gerbe niederzulegen. Ebenfalls anwesend waren Luxemburgs Botschafter in Österreich, Jean Graff, sowie Botschaftsrat und Konsul Christophe Schoentgen. Graff legte als Repräsentant Luxemburgs auch einen Kranz am ukrainischen Mahnmal nieder.
Zahlreiche Luxemburger dabei
Im Mittelpunkt der luxemburgischen Delegation standen jedoch andere: 28 Schülerinnen und Schüler einer 2e-Klasse des Escher „Lycée de garçons“, begleitet von ihren Lehrern Gianni Mersch (neuer Präsident der „Amicale des anciens prisonniers politiques luxembourgeois de Mauthausen“) und Fabrice Genot sowie Lehrerin Edina Lugen. Ebenfalls dabei war Guy Dockendorf, seit 1987 Sekretär der „Amicale Mauthausen“ und seit 2014 Präsident des „Comité international de Mauthausen“. Er hielt später auf dem Appellplatz am zentralen Denkmal (einem Sarkophag mit der Inschrift „Aus der Toten Geschick mögen die Lebenden lernen“) eine eindringliche Rede.

Zahlreiche weitere Mitglieder der „Amicale“ waren ebenfalls angereist, darunter Vizepräsident Paul Hansen, dessen Vater Toni Hansen in Mauthausen ums Leben kam, sowie Roland Hayum, Fabien Flies (Sekretär der „Unioun vun de Lëtzebuerger Resistenzorganisatiounen“), Christiane und Yves Trauffler-Faltz, Michel Faltz sowie Monique und Paul Hammelmann. Den „Clairon“ bei der Zeremonie am luxemburgischen Mahnmal spielte Edmond Faber.
Wir haben die Pflicht, immer wieder Toleranz, Respekt vor dem Menschen, Frieden und den Widerstand gegen Hass zu lehren
Zwischen 1938 und 1945 wurden fast 190.000 Menschen in das KZ-System Mauthausen deportiert. Mindestens 90.000 starben, die Hälfte davon in den letzten vier Monaten vor der Befreiung. Auf dem Gelände der ehemaligen SS-Offiziersbaracken befindet sich heute ein Denkmalpark. Seit 1947 errichteten dort zahlreiche Nationen und Opfergruppen ihre Gedenksteine – auch Luxemburg.
Eine Rede mit Nachhall
Nach den Einzelzeremonien an den Mahnmalen folgte der gemeinsame Gang zur zentralen Kranzniederlegung. In alphabetischer Reihenfolge zogen die Delegationen der Nationen und Opferverbände zum Appellplatz – ein stundenlanger, bewegender Akt, der die globale Dimension des NS-Terrors sichtbar machte. Auch viele Spanienkämpfer waren in Mauthausen inhaftiert, nachdem sie auf der Flucht vor Francos Schergen im Vichy-Frankreich den Nazis in die Hände gefallen waren – darunter Chinesen, Uruguayer, Kubaner. Zudem waren viele Nachkommen von Opfern aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, etwa aus Kirgisistan, Kasachstan oder Turkmenistan, zur Feier gekommen.

Vor dem spanischen König und den weiteren Ehrengästen kam dann einem Luxemburger eine besondere Rolle zu. „Mit großer Sorge beobachten wir, wie faschistische, nationalistische, rechtsextreme und andere extremistische Bewegungen und Parteien an Stärke gewinnen. Die liberalen Demokratien und ihre unabhängige Justiz sind bedroht. Kultur und Bildung verlieren ihre Vielfalt. Wenn wir uns umsehen – im Osten wie im Westen – sehen wir, wie autoritäre Regime und Oligarchen den Druck auf freie Demokratien und ihre Presse erhöhen“, sagte Guy Dockendorf in seiner Rede als Präsident des Internationalen Mauthausenkomitees. „Wir haben die Pflicht, immer wieder Toleranz, Respekt vor dem Menschen, Frieden und den Widerstand gegen Hass zu lehren – und das Vermächtnis der Überlebenden weiterzugeben“, so Dockendorf weiter. Die luxemburgische Delegation hatte ihren Kranz zu diesem Zeitpunkt bereits am zentralen Mahnmal niedergelegt – mit Mitgliedern der „Amicale“ sowie Schülerinnen und Schülern als Fahnenträgerinnen und Fahnenträger in der ersten Reihe.
Dockendorf erwähnte in seiner Rede auch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: „Die brutale Aggression des russischen Diktators wird von böswilligen Attacken in sozialen Medien begleitet. Viele Menschen fühlen sich hilflos und zweifeln an den Werten der Demokratie.“ Dieser erste große Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg warf seinen Schatten also auch auf diese Gedenkfeier. In den KZ-Komplex Mauthausen-Gusen waren 37.000 sowjetische Bürger deportiert worden, darunter fast 12.000 Kriegsgefangene. Russland war wegen seines Krieges gegen die Ukraine am Sonntag nicht offiziell eingeladen. Vertreter der russischen Botschaft mussten ihre Kränze deshalb bereits am frühen Morgen niederlegen.
Ein weiterhin aktueller Schwur
Trotz der düsteren Gegenwart schöpfte Fabien Flies, Sekretär und Fahnenträger der „Unioun vun de Lëtzebuerger Resistenzler Asbl.“, Zuversicht aus dem gemeinsamen Gedenken: „Hier geht ein Land zum anderen – das ist gelebte Solidarität. Das müsste doch auch im Großen möglich sein“, sagte er dem Tageblatt.
Später verlasen Vertreter des Internationalen Häftlingskomitees den „Mauthausen-Schwur“, in dem sie dazu aufriefen, eine „Welt des freien Menschen“ zu schaffen. Oder, wie Dockendorf seine Rede beendete – unter blauem Himmel, an jenem Ort, an dem die Nazis 1938 eines ihrer grausamsten Lager errichtet hatten: „Wir wenden uns an die ganze Welt und rufen: Helfen Sie uns bei dieser Arbeit! Es lebe die internationale Solidarität! Es lebe die Freiheit!“
De Maart












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