Ganz so schnell wie vor einer Woche war es am Ende nicht. In 13,28 Sekunden sicherte sich Victoria Rausch am Sonntag aber souverän den Landesmeistertitel über 100 Meter Hürden. Ihre erste Konkurrentin distanzierte sie um mehr als eine Sekunde. „Ich bin sehr zufrieden. Es war nicht leicht mit den Wetterbedingungen. Der Wind drehte andauernd“, blickte sie wenige Augenblicke nach ihrem Sieg mit einem Lächeln auf ihre Leistung zurück. „Mein Ziel war es, erneut eine schnelle Zeit zu laufen. Dass es aber quasi unmöglich wird, wieder eine Bestzeit zu realisieren, war mit von vorneherein klar.“
Ihre aktuelle Bestzeit hatte Rausch erst in der Vorwoche beim internationalen Meeting in Schifflingen auf die Bahn gezaubert. Dort lief sie in beeindruckenden 13,09 Sekunden einen neuen Landesrekord. „Das ist mega verrückt“, so die 29-Jährige. „Vor einem Jahr bin ich noch auf Krücken herumgelaufen. Ich bin wirklich stolz auf mich und mein ganzes Team um Arnaud (Starck), die immer hinter mir standen und an mich geglaubt haben. Hätte mir das jemand vor einem Jahr gesagt, hätte ich sofort unterschrieben.“
Rausch hatte sich im Mai des vergangenen Jahres bei einem Rennen in Jerusalem schwer verletzt. Dort war sie gegen eine Hürde gelaufen und zog sich dabei am Absprungfuß nicht nur einen Bänderriss, sondern auch einen Knochenriss und einen Knorpelschaden zu. Es folgte eine lange Verletzungspause, in der Rausch großes Kämpferherz zeigte. Sie arbeitete sich in einem Reha-Prozess Stück für Stück zurück. Ihr Comeback gab sie schließlich Anfang 2025 in der Halle. Und in den darauffolgenden Monaten kam sie immer mehr an ihre alte Form heran – und sogar darüber hinaus. Im Juni verbesserte Rausch erst ihren drei Jahre alten Landesrekord um eine Hundertstelsekunde auf 13,23 Sekunden – und vergangene Woche legte sie mit der Zeit von 13,09 dann noch einmal deutlich nach.
Überraschende Zeit
„Ich wusste, dass ich mit einem sauberen Rennen eine gute Zeit laufen kann, da ich vor Schifflingen drei, viermal nacheinander 13,20er Zeiten gelaufen. Dass aber etwas unter 13,10 dabei herauskommt, hätte ich nicht erwartet. Das war auch für mich eine kleine Überraschung“, freut sich die Celtic-Läuferin. „Es war nicht mein erstes Comeback, das heißt, ich wusste, was ich machen muss. Für den Kopf war es aber trotzdem schwierig, sich einzugestehen, dass man wieder bei null anfangen muss. Ich musste mich wirklich zusammenreißen, um zurückzukommen. Das Ergebnis von letzter Woche war dann eine enorme Belohnung für all die harte Arbeit. Besser hätte es wirklich nicht laufen können.“
Rausch wird nun noch zwei Rennen laufen, ehe sie ihre Sommersaison beenden wird. „Meine Saison hat jetzt schon lange gedauert – und ich würde mich freuen, jetzt einmal eine Saison ohne Verletzung zu beenden. Deswegen hören wir rechtzeitig auf.“
Nächstes Jahr wird sie dann wieder versuchen, die ganz großen Wettbewerbe anzugreifen. Im Winter findet die Hallen-WM in Polen (20.-22. März) statt, im Sommer die Freiluft-EM in England (10.-16. August). Beides sind für Rausch große Ziele – Selbstvertrauen und Motivation hat sie jedenfalls in den vergangenen Wochen viel tanken können.
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