DeutschlandEinheitliche Homeoffice-Regeln für Pendler in Luxemburg?

Deutschland / Einheitliche Homeoffice-Regeln für Pendler in Luxemburg?
 Foto: Sebastian Gollnow/dpa

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55 Homeoffice-Tage für Grenzgänger in Luxemburg? Das fordern nun rund 200 Mitglieder der Deutsch-Luxemburgischen Wirtschaftsinitiative (DLWI). Was den Betrieben vor allem auf die Nerven geht und was sie fordern.

Nach gut anderthalb Jahren Corona-Pandemie, verbunden mit vielfachen Einschränkungen, liegen bei vielen Unternehmen und ihren Chefs und Beschäftigten die Nerven blank. Ein Faktor, der in Luxemburg sowohl das Arbeiten erleichtert hat als auch den innerbetrieblichen Frieden in Pandemiezeiten erhalten hat, war die Möglichkeit zum Homeoffice und die Telearbeit. Denn die in Luxemburg ansässigen Unternehmen sind – wie etwa in der Finanzbranche – vielfach Dienstleister, bei denen der Arbeitsort nicht zwangsläufig eine Rolle dabei spielt, ob und in welchem Maß gearbeitet werden kann.

Deutsch-Luxemburgische Wirtschaftsinitiative

Seit elf Jahren existiert die Deutsch-Luxemburgische Wirtschaftsinitiative, um die Förderung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Großherzogtum voranzubringen. Rund 60 Firmenmitglieder mit jeweils drei Repräsentanten, rund 100 persönliche Mitglieder und derzeit acht Ehrenmitglieder repräsentieren immerhin rund 15.000 Beschäftigte. Während in ruhigen Zeiten der Informationsaustausch im Netzwerk im Vordergrund steht, hat sich die DLWI in der Pandemie nochmals stärker auch mit den Kammern und der deutschen Botschaft vernetzt, um die Interessenvertretung der in Luxemburg tätigen Deutschen deutlich zu machen.

Die Regeln der drei Grenzgängerländer

Während es für in Luxemburg wohnende Beschäftigte gleich ist, ob sie vom Büro oder von zu Hause aus arbeiten, weil sie ohnehin unter Luxemburger Steuerrecht fallen, gelten für die Grenzgänger aus den drei angrenzenden Nachbarstaaten des Großherzogtums unterschiedliche Regeln. Während für belgische und französische Pendler ab dem 1. Januar 2022 einheitlich 34 Tage Homeoffice gelten und das belgische Staatsbudget durch Ausgleichszahlungen aufgefüllt wird, ehe die Besteuerung der jeweiligen Wohnortländer greift, sind es für deutsche Grenzgänger derzeit noch 19 Tage. Allerdings ist diese 19-Tage-Regel anhand der Verständigungsvereinbarung zwischen Deutschland und Luxemburg vom Oktober 2020 noch bis zum 31. März 2022 ausgesetzt.

Was fordert die Wirtschaftsinitiative?

Doch was dann? Zurück zum 19-Tage-Modell, Anpassung an Belgien und Frankreich oder eine größere Ausweitung? Rund 200 Befragte aus dem Mitgliederkreis der Deutsch-Luxemburgischen Wirtschaftsinitiative (DLWI, siehe Info) haben nun in Folge einer Umfrage eine „einheitlich für alle grenzpendelnden Arbeitnehmer geltende Definition der Grenze zur Besteuerung der Arbeitstage an den jeweiligen Wohnorten“ gefordert. „Egal, welche Ansätze bei der Einführung der Telearbeitsregeln auch immer überdacht werden, sie führen doch immer zu unnötiger Komplexität, zu erhöhtem Aufwand in der Mitarbeiteradministration, zu Wettbewerbsnachteilen bei der Gewinnung neuer Talente und vor allem zur nachhaltigen Störung des Betriebsfriedens“, sagt Stefan Pelger, Präsident der DLWI.

Das denken Arbeitgeber in Luxemburg

Immerhin sind 94 Prozent der Befragten von der aktuellen Grenzgängerregelung betroffen, mehr als die Hälfte (55 Prozent) findet sie sogar hinderlich. Das betrifft etwa die Einstellung neuer Mitarbeiter oder die Handhabung bei Lohn- und Gehaltsabrechnung. Rund 35.000 Grenzgänger allein aus der Region Trier arbeiten derzeit in Luxemburg. Pelger ist sich sogar sicher, dass sich künftige Mitarbeitergenerationen nicht mehr mit reglementiertem Homeoffice abspeisen ließen, wenn man in Deutschland ein Recht darauf haben könne. Dies sei am Ende auch durch einen höheren Verdienst vor Ort in Luxemburg nicht wettzumachen. „Das ist ein Denken von gestern und kostet den Luxemburger Arbeitsmarkt am Ende dringend benötigte Fachkräfte“, ist er überzeugt.

92 Prozent der Betriebe haben die ausgesetzte 19-Tage-Regelung in der Pandemie bereits angewendet und Telearbeit eingeführt oder ausgeweitet – mit „in weiten Teilen sehr positiven Erfahrungen“, hält der Präsident fest. Auch bewerten die Befragten es als positiv, dass die CO₂-Bilanz entlastet werde und sich die fahrbedingte Stressbelastung verringere.

Immerhin 85 Prozent der Unternehmen würden die Telearbeit gern ausweiten, wie die Umfrage ergibt, auch über Pandemiezeiten hinaus. Allerdings „stehen 19 Arbeitstage pro Jahr als Grundlage für die deutsche Grenzpendler einer sinnvollen Telearbeitsregel bei 44 Jahresarbeitswochen entgegen“, wertet Pelger. Auch sieht er eine „potenzielle Gefährdung des Betriebsfriedens aufgrund der unterschiedlichen Regelungen“ in Deutschland, Belgien und Frankreich. Immerhin sind 86 Prozent der Befragten der DLWI-Untersuchung mit der 19-Tage-Regelung unzufrieden. Denn Aus- und Weiterbildungstage oder Kundenbesuche im Ausland fielen ebenfalls unter diese Vorgabe.

Das Ziel der Wirtschaftsinitiative

Und so fordert der die Wirtschaftsinitiative für die Festsetzung von steuerfreien Homeoffice-Tagen eine Ausweitung von 19 auf künftig 55 steuerfreie Homeoffice-Tage, wohl wissend, dass das Ziel ehrgeizig ist. Damit, so Präsident Pelger, orientere man sich an der Sozialversicherungspflicht.

Grundsätzlich gilt nämlich für deutsche Grenzgänger die Sozialversicherungspflicht in Luxemburg. Überschreitet jedoch die Tätigkeit im deutschen Homeoffice 25 Prozent der Zeit oder des Einkommens, dann fallen alle Einkünfte aus Deutschland und Luxemburg unter die deutsche Sozialversicherungspflicht. Dies wäre bei etwa fünf Tagen Telearbeit im Monat erreicht. Laut Stefan Pelger böten 55 steuerfreie Homeoffice-Tage den „Rahmen, der für die meisten Arbeitgeber zufriedenstellende Bedingungen bei der Einführung ihrer Telearbeitsregeln bieten würde. Eine Regel, rechtlich fest verankert – das hilft allen“.

Die Perspektiven

Bereits im Juni hatten der ehemalige Bundestagsabgeordnete Andreas Steier (CDU) und sein Parteikollege und Ex-Landrat Günther Schartz eine Ausweitung der steuerfreien Homeoffice-Tage auf 52 gefordert. Und auch der neue deutsche Botschafter in Luxemburg, Wilhelm Ullrich Klöckner, benannte das Thema Homeoffice und Telearbeit im TV-Interview jüngst als ein „Thema aus der Pandemie mit großer Tragweite. Hier muss bald eine Lösung gefunden werden“. Klöckner sagte zu, zusammen mit den deutschen Unternehmen die Faktenlage zu klären und diese dem Bundesfinanzminister zu übermitteln.

Der DLWI sieht in der Verlängerung der 19-Tage-Ausnahmeregelung bis Ende März 2022 nun laut Stefan Pelger „einen zeitlichen Gestaltungskorridor, den wir inhaltlich in der politischen Diskussion befüllen wollen. Auch wenn bis Ende März noch nicht alles beschlossen ist, so ist der Stein ins Rollen gebracht und wir haben uns Gehör verschafft“.