Aus ihrer Genugtuung über die von Washington geplante Zerschlagung der Entwicklungsbehörde USAID machen zumindest Südosteuropas autoritär gestrickte Regenten keine Mördergrube. USAID habe Bosnien und Herzegowina „kaufen“ wollen und jahrelang Millionen zur „Destabilisierung“ des Landes ausgegeben, poltert Bosniens russophiler Serbenführer Milorad Dodik und kündigt zufrieden gar Justizermittlungen an.
Das Wirken von USAID habe Serbien „besser und schöner“ gemacht, hatte Serbiens damalige Regierungschefin Ana Brnabic 2021 beim 20-jährigen Jubiläum von dessen Wirken in dem Balkanstaat noch beteuert. Doch obwohl die heutige Parlamentsvorsitzende ihre Berufskarriere einst als Beraterin für USAID-Projekte zur Verbesserung der kommunalen Selbstverwaltung begonnen hatte, lässt die Strohfrau und das Sprachrohr des allgewaltigen Staatschefs Aleksandar Vucic an ihrem einstigen Geldgeber heute kein gutes Wort: Von USAID finanzierte Medien hätten „Serbien systematisch beschädigt“.
Die Welt sei US-Präsident Donald Trump für die „Aufdeckung der dunklen Verschwörung“ zu Dank verpflichtet, jubiliert derweil in Budapest Ungarns Premier Viktor Orban über den „säubernden Wind“ des „Trump-Tornados“. Alle Beschäftigten von heimischen Organisationen, die von USAID finanziert worden seien, müssten als „Agenten“ betrachtet werden und „juristische Konsequenzen“ fürchten.
Partnerorganisationen bangen um ihre Existenz
Zwar hat ein US-Bundesrichter die Entlassungswelle bei USAID in den USA vorläufig gestoppt. Doch deren beabsichtigte Zerschlagung lässt in Südosteuropa nicht nur deren bisherige Partnerorganisationen und Hunderte von Projektmitarbeitern um ihre Existenz bangen, sondern nährt auch die Furcht vor einem noch größeren Einfluss von Russland und China auf dem Westbalkan.
Über die anvisierte Abwicklung der 1961 gegründeten USAID „freuen sich nur diejenigen, die nicht weiter als ihre politische Nase sehen“, titelt das Webportal des TV-Senders Al Jazeera Balkans in Sarajevo. Tatsächlich hatte Washington seit Ende der Jugoslawienkriege in den 90er-Jahren über USAID nicht nur den von den Machthabern der Nachfolgestaaten oft misstrauisch beäugten Kampf gegen die Korruption, für mehr Pressefreiheit und die Überwindung der Kriegstraumata unterstützt, sondern mit Milliardenhilfen auch handfeste Wiederaufbauarbeit geleistet.
Von Förderprogrammen für Kleinunternehmer, Landwirte und dem IT-Sektor über die Initiierung von Forschungszentren, Unterstützung für Verwaltungs- und Justizreformen bis hin zur Finanzierung neuer Gesundheitszentren und Kindergärten reicht die sehr breite Palette der USAID-Hilfen. Selbst Serbiens sehr spät zur USAID-Kritikerin mutierte Parlamentsvorsitzende Brnabic profitiert direkt von dem Engagement der US-Entwicklungsbehörde: Die Website von Serbiens Parlament wurde mit Mitteln von USAID neu gestaltet.
Geben die USA den Westbalkan ausgerechnet den bisherigen Erzfeinden preis? Im EU-Wartesaal ist der Wegfall der USAID-Mittel vor allem für kleinere lokale Medien- und Frauenprojekte ein Schlag, die kaum auf US-Förderung mehr hoffen können und für die EU-Mittel nur schwer zugänglich sind. Das drohende Aus von Initiativen zur Medienbeobachtung und Faktencheck dürfte gleichzeitig der auf dem Westbalkan ohnehin sehr starken Propaganda-Maschinerie des Kremls ihre Arbeit noch erleichtern. Peking wiederum könnte sich das durch das Ausdünnen oder Versiegen der US-Hilfen entstandene Vakuum mit verstärkten Kreditofferten für von chinesischen Staatskonzernen realisierte Projekte zunutze machen.
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können