Mittwoch22. Oktober 2025

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RumänienEine nationalistische Zeitenwende könnte Folgen für die EU-Unterstützung der Ukraine haben

Rumänien / Eine nationalistische Zeitenwende könnte Folgen für die EU-Unterstützung der Ukraine haben
Frei nach Da Vincis „Madonna mit Kind“, Kremlherrscher Wladimir Putin mit dem prorussischen rumänischen Präsidentschaftskandidaten Calin Georgescu im Arm. Das Bild wird während eines Protestes gegen den prorussischen Kandidaten gezeigt Foto: Daniel Mihailescu/AFP

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Nach dem Etappensieg des rechtsextremen Präsidentschaftsanwärters Calin Georgescu verspüren die prorussischen Kräfte neuen Aufwind. Ausgemacht ist eine nationalistische Wende in Bukarest zwar noch keineswegs. Doch ein Machtwechsel könnte auch Folgen für die EU-Unterstützung der Ukraine haben.

Dem Paukenschlag zum Auftakt des dreiwöchigen Wahlmarathons könnte am Wochenende schon der nächste Theaterdonner auf dem turbulenten Politparkett Rumäniens folgen: Vor der Stichwahl der Präsidentenkür am 8. Dezember wird am Sonntag noch die Parlamentswahl steigen. Ausgemacht ist eine nationalistische Zeitenwende trotz des unerwarteten Etappensiegs des rechtsextremen Präsidentschaftsanwärters Calin Georgescu zwar noch keineswegs. Doch nicht nur in Bukarest verspüren prorussische Kräfte in Südosteuropa neuen Aufwind.

„Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“, höhnt die vom Verfassungsgericht vermutlich auf Druck der regierenden Sozialisten (PSD) frühzeitig aus dem Präsidentschaftsrennen genommene Ultranationalistin Diana Sosoaca (SOS): Sie sieht die etablierten Parteien nach dem Präsidentschaftsdebakel auch bei den Parlamentswahlen im „freien Fall“.

Tatsächlich müssen mit der PSD und der konservativen PN zumindest die Regierungsparteien mit satten Verlusten rechnen: Beide „Systemparteien“ der unpopulären großen Koalition dürften Schwierigkeiten haben, ihre sonst so disziplinierten Stammwähler zu dem Urnengang zu motivieren.

Die Präsidentschaftsstimmen für Georgescu dürften sich bei der Parlamentswahl vor allem auf die rechtsextreme AUR und die noch extremere SOS verteilen. Beide gelten allerdings kaum als koalitionsfähig und dürften Probleme haben, eine Regierungsmehrheit zu finden. Mehr Koalitionspotenzial hat die bisher oppositionelle liberale Reformpartei URS, die nach dem Einzug ihrer Präsidentschaftskandidatin Elena Lasconi in die Stichwahl mit kräftigen Zugewinnen rechnet.

Zwar kann Lasconi in der Stichwahl auf die Wahlempfehlung aller ausgeschiedenen, prowestlichen Konkurrenten zählen. Doch nicht nur wegen des Vorsprungs von 340.000 Stimmen aus dem ersten Wahlgang für Georgescu ist eine nationalistische Ära im Präsidentenpalast keineswegs auszuschließen. Einerseits dürften Georgescu die rund 1,2 Millionen Stimmen des Viertplatzierten, AUR-Chef George Simion, zufallen. Andererseits ist es keineswegs sicher, dass alle der eher rechtsklerikal gestrickten PSD-Wähler für die liberale Lasconi votieren.

Russophiler Pakt unter Budapester Führung

Doch was würde ein russophiler NATO-Gegner an der Spitze eines NATO-Mitglieds für Europa bedeuten? Zwar ist Rumänien keine Präsidialdemokratie, aber der Präsident hat deutlich mehr zu melden als beispielsweise seine mit repräsentativen Grüßgott-Pflichten betrauten Amtskollegen in Berlin oder Wien: Da in der Regel der Präsident das Land bei EU-Gipfeln vertritt, könnte die Wahl von Georgescu auch Folgen für die EU-Hilfen an die Ukraine haben.

Schon jetzt hat Ungarns prorussischer Premier Viktor Orban nach dem faktischen Zerfall des Visegrad-Bündnisses mit der ähnlich getakteten Slowakei, den EU-Anwärtern Serbien, Nordmazedonien und des bosnischen Teilstaats der Republika Srpska im Südosten einen losen, russophilen Pakt unter Budapester Federführung geschaffen. Dessen Erweiterung durch ein nationalistisch gewendetes Rumänien wäre allein wegen des ungarisch-rumänischen Dauerclinchs um Siebenbürgen zwar kaum zu erwarten. Doch in der Frage des Ukrainekriegs könnte es sehr wohl zu einem taktischen Schulterschluss der russophilen Nationalisten in Budapest und Bukarest kommen.

Doch wäre eine rumänische Kehrtwende im Ukrainekrieg vorstellbar? Bukarest habe bisher fest zur Ukraine gestanden, „aber die Unterstützung wurde vor allem von der Regierung und dem Präsidenten getragen, nicht unbedingt von der Bevölkerung“, sagt der Politologieprofessor Cristian Pirvelescu gegenüber dem Tageblatt: „Die Leute sind zwar nicht anti-ukrainisch eingestellt. Aber die Furcht, in den Krieg hineingezogen zu werden, ist groß. Und das machen sich die Populisten zu Nutze.“

Jenseits von Gut und Böse
27. November 2024 - 8.51

Das Fundament der EU hat Risse und die Unterstützung der Ukraine wird einstürzen!🫢😱🤐