Es ist ein Ergebnis, das die Erwartungen sicherlich übertroffen hat. In München haben am Sonntag 66 Prozent der Wähler für eine Olympia-Bewerbung gestimmt. Damit wird die bayrische Hauptstadt ins Rennen um eine deutsche Kandidatur für die Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044 gehen. Ob die Wahl des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) am Ende tatsächlich auf München fallen wird, steht jedoch noch nicht fest. Auch Berlin, Hamburg und die Region Rhein/Ruhr, die zuletzt die University Games ausrichtete, wollen in den kommenden Monaten ihre Bewerbungen einreichen. Die endgültige Entscheidung soll dann im Herbst 2026 fallen.
Die Wahl am Sonntag zeigt, dass das Thema Olympia die Menschen in Deutschland beschäftigt und mobilisiert. Eine Wahlbeteiligung von 42 Prozent bei einem Volksentscheid ist für München ein Rekord. Mehr noch scheint sich die Sicht auf die Austragung von Olympischen Spielen in den letzten Jahren komplett geändert zu haben. Gut in Erinnerung sind noch die gescheiterten Bewerbungen für die Winterspiele 2022 in München und Garmisch-Partenkirchen – 2013 stimmten in der Landeshauptstadt 52,1 Prozent dagegen, im Landkreis Traunstein sogar fast 60 Prozent. Auch eine mögliche Bewerbung Hamburgs für die Sommerspiele 2024 wurde im Jahr 2015 mit 51,6 Prozent von den Bürgern abgeschmettert. Kritikpunkte gab es viele: von Geld- und Ressourcenverschwendung über Korruption bis hin zu fehlender Nachhaltigkeit. Vor allem in Europa standen die Menschen dem Gigantismus des IOC zuletzt immer kritischer gegenüber. Sieht man sich etwa die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro an, so bleiben vor allem die ausufernden Kosten von 13,1 Milliarden US-Dollar in Erinnerung und Bilder von Sportstätten, die anschließend in sich zusammenfielen.
In München schien jedoch ein Großevent einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben: die European Championships 2022. Eine Multisportveranstaltung, die kleiner und authentischer wirkte, bestehende Infrastruktur wie den Olympiapark nutzte und auch zu den Menschen in die Innenstadt kam. Die Championships wurden von den Menschen angenommen, die Sportstätten waren voll und es herrschte eine Volksfeststimmung, die ein gutes Gefühl hinterlassen zu haben scheint. Auch das positive Bild, das die Sommerspiele in Paris erzeugten, dürfte eine Rolle gespielt haben, dass eine Olympiabewerbung derzeit weniger kritisch gesehen wird, vielleicht sogar ein falsches Gefühl vermittelt.
Denn auch die Gegner haben ihre Argumente und verweisen darauf, dass laut Studien seit den 1960er-Jahren keine Ausrichterstadt ihr ursprüngliches Budget eingehalten hat. Eine ernsthafte Kostenabschätzung sei so weit im Vorfeld überhaupt noch nicht möglich und alleine eine Bewerbung dürfte Millionen verschlingen. Dabei gehen die Gegner von weit mehr als den sechs bis sieben Millionen aus, die der Oberbürgermeister der Stadt genannt hat. Auch die Intransparenz im Vergabeverfahren des DOSB sorgt für große Kritik. Dass sich eine positive Stimmung auch schnell wieder ändern kann, ist bekannt. Und so dürfte in den kommenden Monaten und Jahren ein ganz genauer Blick auf Kosten, Transparenz und Nachhaltigkeit geworfen werden.
De Maart

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