Im Wandel der ZeitEin Hauch Nostalgie klingt immer mit: Geschichte und Geschichten zur Schueberfouer

Im Wandel der Zeit / Ein Hauch Nostalgie klingt immer mit: Geschichte und Geschichten zur Schueberfouer
Schon als Bub vom „Schueberfouer“-Fieber angesteckt: Historiker und Geschichtslehrer Steve Kayser Foto: Editpress/Alain Rischard

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Über die „Schueberfouer“ gibt es reichlich Geschichte und Geschichten zu erzählen. Einer, der sich damit auskennt, ist Steve Kayser. Spannend schildert er die fast 700 Jahre des Jahrmarktes und lässt Vergangenheit lebendig werden. Beispielsweise den Ursprung der „Fouer“ als Stoffmarkt, ihre drei Standorte, oder die Bedeutung der Technologie für ihre Entwicklung. 

Steve Kayser ist Historiker und Geschichtslehrer im Athénée. Bereits als kleines Kind interessiert er sich für die Kirmeswelt und ganz besonders für die „Schueberfouer“. Seine erste Zeichnung im Kindergarten sei die einer Geisterbahn gewesen. „Es war stets eine Freude, wenn die Schausteller mit den Lastwagen anreisten, die Fahrgeschäfte aufbauten und ich einen Blick hinter die Kulissen werfen sowie an ihrem täglichen Leben teilnehmen konnte.“ Später sei dann der geschichtliche Aspekt hinzugekommen. 

Bis heute lassen Begeisterung und Interesse offensichtlich nicht nach. Die Schueberfouer ist Steve Kaysers Welt. Sein Wissen über diesen fast 700 Jahre alten Jahrmarkt, dieses Stück typisch Luxemburger Tradition, scheint schier unerschöpflich.

1340 ins Leben gerufen, fand die erste Schueberfouer eigentlich 1341 statt. Nicht als Rummelplatz, sondern als Stoffmarkt. „Luxemburger Wolle ist von hoher Qualität, beliebt und damals in der ganzen Region bekannt.“ Die Schafe beim „Hämmelsmarsch“ erinnern heute noch daran. Gründer der Fouer ist „Jang de Blannen“, Johann, König von Böhmen und Graf von Luxemburg. Sein Grab befindet sich übrigens in der Krypta der Kathedrale. Eigentlich, so Steve Kayser, habe schon Johanns Vater, Heinrich VII, 1298 einen solchen Jahrmarkt gründen wollen. Daraus wurde aber nichts. Das Datum der Fouer, zwischen Karschnatz und Traubenlese gelegen, ist gut gewählt. Damals wie heute dauerte sie rund drei Wochen. Eine Woche Vorbereitung, eine Woche Markt und noch eine Woche, um alle Geschäfte abzuschließen, sagt Kayser. 

Der erste Austragungsort der Fouer befand sich nicht auf dem Glacis, sondern in der Nähe eines Klosters auf dem Heilig-Geist-Plateau – damals noch außerhalb der Festungsmauern der Stadt, so der Historiker: „Der Platz lag ideal. Nahe bei verschiedenen Handwerksbetrieben und Geschäftsleuten und nahe einer damals wichtigen Handelsroute, die von Süden nach Norden führte.“

Erster Umzug im Jahr 1610

Die Stadt gedieh und setzte alles dran, die ortsansässigen Handwerker und Händler bestens in den Jahrmarkt einzubinden, erzählt Kayser. Das geschäftliche Treiben habe mehr und mehr auf die Marktplätze im Stadtkern übergegriffen. Ende des 16. Jahrhunderts habe sich auch noch ein Viehmarkt, der sogenannte „Bartelméismaart“, zum Stoffhandel gesellt. Für die Schueberfouer sei es zu eng geworden auf dem Heilig-Geist-Plateau. So sei sie ein erstes Mal umgezogen: Ab 1610 fand sie auf den Feldern des noch unbebauten Limpertsbergs vor den Festungsmauern statt, also jenseits der heutigen Scheffer-Allee.

Im 17. und im 18. Jahrhundert habe der Jahrmarkt etwas an Bedeutung verloren. Unter anderem, weil sich mit aufblühendem Städtewesen auch ein stadteigenes Geschäftsleben entwickelte. Dort wurden dann Produkte, die es sonst nur auf dem Jahrmarkt gab, in stationären Verkaufsräumen angeboten. Doch während der Handel auf der Schueberfouer weniger wichtig wurde, nahmen Spaß und Unterhaltung mit Glücksspiel, Gauklern, Geschichtenerzählern und Musikanten zu, um schlussendlich im Laufe des 19. Jahrhunderts, im Zuge der Industrialisierung, überhandzunehmen. 

1910 kam erste Achterbahn

Im Jahre 1893, Luxemburg ist keine Festung mehr, zieht die Schueberfouer aufs Glacis-Feld, das nach der Schleifung der Verteidigungsmauern keine militärische Bedeutung mehr hat. Der Limpertsberg wird bebaut und in der Scheffer-Allee lassen sich Cafés und Tanzlokale nieder, die während der „Fouerzäit“ ein spezielles Programm anbieten.

„Die damaligen Attraktionen auf der Fouer unterscheiden sich nicht wesentlich von denen, die wir heute kennen. Es gibt Schaukeln und Karusselle, es geht bergauf und bergan, nicht so hoch wie heute und vor allem nicht so schnell. Anfangs werden die Fahrgeschäfte von Hand angetrieben, auch von Tieren, Dampfmaschinen und später elektrisch. Daneben gibt es Schaubuden, Varietés mit Artisten und Akrobaten, was wir eher aus dem Zirkus kennen und was heute nicht mehr auf der Fouer vertreten ist. Es gibt Kraft- und Schießbuden und begehbare Buden mit Hindernislauf“, so Steve Kayser, der noch darauf hinweist, dass die Ankunft der ersten Holz-Achterbahn, 1910, eine echte Sensation gewesen sei, genau wie die ersten Autoscooter, die nach dem Ersten Weltkrieg aus den USA kamen.

Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg seien etwas ruhiger gewesen, erzählt Steve Kayser. „Bis dann in den 50er bis 60er Jahren Druckluft, Motorisierung der Fahrgeschäfte sowie die Benutzung von Stahl als Werkstoff die Schueberfouer in eine neue Ära führen.“

Nach einem langen Gespräch mit dem Historiker kann man sagen, dass die Schueberfouer stets mit der Zeit ging, Höhen und Tiefen erlebte, sich Angebot und Nachfrage anpasste sowie Kriege und Krankheiten erlitt und überlebte. Die technische Entwicklung spielte eine große Rolle für den Jahrmarkt: Materialien, die größere Schaugeschäfte erlaubten, und neue Transportmöglichkeiten, wie vor allem die Eisenbahn, die Attraktionen auch aus weiter entfernt liegenden Gegenden nach Luxemburg bringen konnten.

Um die Zukunft der Fouer, die seit 2008 mit dem Hämmelsmarsch im nationalen Inventar des immateriellen Kulturerbes steht, ist Steve Kayser nicht bang. Kleider, Gastronomie und Fahrgeschäfte mögen sich ändern, nicht aber die Lust der Menschen, gemeinsam mit Freunden für Stunden in einer anderen Welt zu sein.

Ursprung des Namens „Schueberfouer“

Am einfachsten ist die Erklärung von „Fouer“. Das Wort verweist auf das französische „Foire“. Anfangs habe man den Markt „Scadeburch“ genannt, so Steve Kayser. Im Laufe der Jahrhunderte wurde aus der „Scadeburch-Messe“, bedingt durch die semantische Entwicklung, zunächst die „Schadeberg-Messe“, dann die „Schadber-Messe“ und schlussendlich die „Schueber-Messe“ oder auch noch die „Schueber-Fouer“.  Dass das Wort „Schueber“ auf „Schober“ zurückgeht, also eine Scheune oder Feldscheune, wo Heu nach der Ernte zum Schutz vor Regen untergebracht wurde, scheint hingegen nicht so sicher.

Marco Goetz
27. August 2023 - 18.11

Eng Fro: wat ass déi flottste Fouer, un déi Dir ierch erënnert? Wat war anescht?