Es piept, es flattert, es lebt. Direkt unter dem „Bamhaus“ im Escher Tierpark wohnt eine Gemeinschaft von Sittichen. Fünf verschiedene Arten teilen sich eine große Voliere: Rosellas, Nymphensittiche, Wellensittiche, Sonnensittiche und Pennantsittiche. Doch so harmonisch das bunte Chaos auf den ersten Blick wirkt, so viel Planung, Pflege und tierpsychologisches Feingefühl stecken eigentlich dahinter.
Während die meisten Vögel hier die menschliche Nähe nur dulden, gibt es eine Ausnahme: Conny. Ein Sonnensittich mit Charakter. Er wurde aus der Düdelinger Wildtierstation aufgenommen, doch niemand weiß genau, woher er stammt. Eines war jedoch schnell klar: Er liebt Menschen. Vielleicht hatte er mal einen Besitzer, vielleicht wuchs er in Gesellschaft von Menschen auf. Während seine Artgenossen eher zurückhaltend bleiben, scheint Conny jede Interaktion zu genießen. „Er sucht den Kontakt, kommt auf die Hand, lässt sich streicheln“, erzählt Parkleiterin Anne Meyers. Doch Vorsicht: Auch wenn Conny harmlos wirkt, Sittiche haben Kräfte. Wer mal von einem Sittich gebissen wurde, weiß Bescheid.
Training für Sittiche – mehr als nur Tricks
Ein Ziel des Parks ist es, die Sittiche an einfache Trainingsroutinen zu gewöhnen. Klingt nach Zirkusnummer, hat aber einen ernsten Hintergrund: „Wenn ein Vogel krank ist, müssen wir ihn fangen können, ohne ihm oder uns Stress zuzumuten“, erklärt Meyers. Tiertraining mit positiver Verstärkung ist also keine Show, sondern eine Notwendigkeit. Und es zeigt: Sittiche sind clever.

Papageien (und damit auch Sittiche) gehören zu den klügsten Vögeln überhaupt. Sie können einfache Rechenaufgaben lösen und sind in der Lage, sich ihre Bezugspersonen einzuprägen. Dr. Carlo Manderscheid, Veterinärmediziner und Papageien-Experte, bestätigt das: „Sittiche sind kleine Genies. Sie können lernen, Farben zu unterscheiden, Gegenstände zu finden und sogar komplexe Abläufe zu verstehen.“
Wer einen Sittich zu Hause hat, sollte sich darüber im Klaren sein: Diese Vögel brauchen mentale Stimulation, sonst werden sie unglücklich. Sie brauchen Spielzeug, Herausforderungen und die Möglichkeit zu fliegen. Wer sie in einen kleinen Käfig sperrt, hat bald ein psychisch krankes Tier, das sich rupft oder permanent schreit.
Deshalb werden in Esch regelmäßig neue Kletter- und Nagemöglichkeiten in die Voliere integriert. An Weihnachten gab es einen Weihnachtsbaum, gefüllt mit Leckereien. An Ostern basteln Kinder kleine Hängespielzeuge für die Vögel. All das soll verhindern, dass sie Verhaltensstörungen entwickeln.
Warum ein Sittich nie allein sein sollte
Ein Punkt, den Manderscheid immer wieder betont: Kein Sittich sollte allein gehalten werden. „In der Natur leben sie immer in Schwärmen oder Paaren. Ein einzelner Sittich sieht den Menschen irgendwann als Ersatzpartner – und das endet meistens in Verhaltensstörungen.“ Das bedeutet: Wer einen Sittich will, braucht mindestens zwei.
Auch ihre Ernährung ist eine eigene Wissenschaft. Manderscheid erklärt, dass es zwei grundlegende Herangehensweisen gibt: eine wissenschaftlich fundierte und eine eher traditionelle, empirische Methode.
„Viele Menschen setzen einfach auf Körnermischungen und glauben, das sei dasselbe wie das natürliche Futter der Vögel. Das ist Unsinn. In der Natur suchen sich Sittiche ihre Nahrung aus einer Vielzahl von Quellen und sie haben sich über Jahrmillionen perfekt angepasst. Eine einfache Hirsemischung reicht nicht aus, um ihre Bedürfnisse zu decken.“
Die moderne Wissenschaft hat deshalb untersucht, welche Nährstoffe Sittiche tatsächlich benötigen – wie viel Fett, Eiweiß und Energie für ein gesundes Leben erforderlich sind. „Auf dieser Basis wurden spezielle, industriell hergestellte Futtermittel entwickelt, die genau diese Bedürfnisse abdecken. Diese wissenschaftliche Methode funktioniert erwiesenermaßen besser als die herkömmliche Fütterung mit Körnermischungen.“
Sittiche im Winter? Kein Problem!
Eine überraschende Erkenntnis für viele Besucher: Die Vögel gehen auch im Winter nach draußen. „Selbst bei Minusgraden fliegen sie freiwillig raus“, so Manderscheid. „Solange sie ein warmes Schutzhaus haben, ist das kein Problem.“
Die Sittiche im Escher Tierpark sind also intelligente, soziale Wesen mit klaren Bedürfnissen. Einzelhaltung ist tabu, geistige Beschäftigung ein Muss und die Ernährung ist komplizierter als gedacht. Wer sich privat einen Sittich zulegen will, sollte sich das also gut überlegen.
De Maart










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