Deutschlands Regierung hat die Weichen für den legalen Verkauf von Cannabis gestellt. „Das Bundeskabinett hat heute Eckpunkte zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken beschlossen“, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach am Mittwoch in Berlin. Nun soll die EU-Kommission in Brüssel prüfen, ob die Pläne mit internationalem Recht vereinbar sind.
Sollte die EU mitspielen, rechnet Lauterbach mit einem komplizierten Gesetzgebungsverfahren zur Legalisierung des Rauschmittels. „Die Erstellung dieser Eckpunkte war keine Kleinigkeit und in der Komplexität geht das über das hinaus, was durch einen schönen Sudoku-Abend abgerufen wird“, sagte er. Bei einem positiven EU-Votum rechnet der Minister mit einem Gesetzentwurf im ersten Quartal 2023, ein Jahr später könne dann Cannabis in Deutschland legal angebaut, vertrieben und konsumiert werden.
Legalisierung soll Jugend schützen
Ziel der Legalisierung ist den Eckpunkten zufolge ein verbesserter Jugend- und Gesundheitsschutz sowie die Eindämmung des Schwarzmarktes. Werbung für Cannabisprodukte soll demnach untersagt werden. Zudem soll ein Teil der Steuer auf Cannabis zur Aufklärung genutzt werden. Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) sollen künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm „Genuss-Ccannabis“ sollen straffrei, privater Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt und ein Verkauf an Erwachsene in „lizenzierten Fachgeschäften“ und möglicherweise auch Apotheken ermöglicht werden. Der Anbau der Pflanzen soll staatlich reguliert in Deutschland stattfinden. Wegen des Gesundheitsschutzes soll geprüft werden, ob für Menschen unter 21 Jahren die Einführung einer Obergrenze für den zulässigen THC-Gehalt eingeführt werden soll. Für die Älteren ist das aber nicht vorgesehen. Damit soll vermieden werden, dass ein Schwarzmarkt mit höher dosiertem Cannabis Aufschwung erfährt.
Regelmäßiger Cannabiskonsum kann bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen irreparable Hirnschäden verursachen
Das stößt bei Ärzten auf scharfe Kritik. Der Chef des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, machte deutlich: „Uns als Kinder- und Jugendärzten wäre es lieber, wenn die Cannabis-Legalisierung nicht kommt. Sollte die Bundesregierung aber eine Lösung für die europarechtlichen Hürden finden, braucht es zwingend Nachbesserungen der vorgelegten Pläne.“ Allen voran könne es nicht sein, dass bereits 18-Jährige Cannabis ohne THC-Obergrenze kaufen könnten. „Die vorgesehene Prüfung einer solchen Obergrenze käme hoffentlich zu dem Ergebnis, dass es eine Staffelung nach Alter braucht“, sagte Fischbach. Das menschliche Hirn sei bis zum 25. Lebensjahr noch nicht vollständig ausgereift. „Regelmäßiger Cannabiskonsum kann bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen irreparable Hirnschäden verursachen, bis hin zu einer dauerhaften Einschränkung der intellektuellen Leistungsfähigkeit und der sozialen Kompetenz.“
Auch der Vorstandsvorsitzende der kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, äußerte Bedenken zu den Zielen der geplanten Cannabis-Legalisierung. „Ich habe Zweifel, ob die geplante Legalisierung am Ende dazu nützt, die Drogenkriminalität einzudämmen und die Umstiege auf härtere Drogen zu verhindern“, sagte Gassen. „Aus ärztlicher Sicht ist Cannabis, genauso wie Tabak und Alkohol, nicht harmlos. Man darf dem Cannabiskonsum nicht das Mäntelchen der Ungefährlichkeit umhängen“, warnte Gassen.
Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert, begrüßte die Eckpunkte hingegen. „Wir sind mit dem heutigen Tag der kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene einen wichtigen Schritt näher gekommen. Darüber freue ich mich sehr, schließlich habe ich Jahre darauf hingearbeitet“, sagte Blienert dem Tageblatt.
De Maart
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