Sonntag9. November 2025

Demaart De Maart

Ukraine-KriegDrohnenangriff auf Kriegsschiffe und Krim-Hafen – Moskau kündigt Getreideabkommen

Ukraine-Krieg / Drohnenangriff auf Kriegsschiffe und Krim-Hafen – Moskau kündigt Getreideabkommen
In einem von einem ukrainischen Telegram-Kanal veröffentlichten Mitschnitt soll die Wasserdrohne sich ihrem Ziel, dem neuen russischen Flaggschiff „Admiral Makarow“ zu nähern – laut Moskau aber seien die meisten Drohnen zu Wasser und zu Luft abgefangen worden Quelle: Screenshot

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Was genau am Samstag in der Früh im Hafen von Sewastopol geschah, liegt weiter im Dunkeln. Doch alles deutet auf einen massiven ukrainischen Drohnenangriff auf die russische Schwarzmeerflotte hin. Die Reaktion aus Moskau ließ nicht lange auf sich warten.

Die nächtlichen Aufnahmen lassen nur erahnen, was sich im Hafen von Sewastopol in den frühen Morgenstunden des Samstags zugetragen hat. Rund ein Dutzend feindliche Drohnen flogen im stolzen Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte herum und suchten nach Zielen.

Getroffen wurden dabei nach unterschiedlichen Angaben zwischen einem und vier russische Kriegsschiffe, darunter mutmaßlich das neue russische Flaggschiff „Admiral Makarow“. Der Raketenkreuzer ersetzt die Mitte April mutmaßlich von den Ukrainern versenkte „Moskwa“. Damals soll es 37 Todesopfer gegeben haben. Über die Opferzahlen dieses neuesten Angriffs auf die stolze russische Schwarzmeerflotte war auch am Sonntagabend nichts Näheres bekannt.

Im Einsatz waren auch Unterwasserdrohnen

Laut dem Moskauer Verteidigungsministerium arbeite die Luftabwehr einwandfrei und die meisten Drohnen wurden abgefangen. Einzig das Minenräumschiff „Iwan Golubiec“ sei diesen offiziellen russischen Angaben zufolge leicht beschädigt worden. In den sozialen Medien kursierende Fotos zeigen weit größere Zerstörungen, darunter aber auch mutmaßlich ukrainische Unterwasserdrohnen. Kiew hat sich – wie bereits bei der Explosion auf der Krimbrücke Anfang Oktober – nicht zur Attacke bekannt. Laut den IT-Volontären von GeoVerification sind mindestens drei russische Kriegsschiffe bei dem Angriff getroffen worden, für den der Kreml Kiew verantwortlich macht. Nach russischer Lesart soll es sich um einen Terroranschlag gehandelt haben.

Ende September soll diese, knapp vier Meter lange ukrainische Wasserdrohne an der Küste der Krim angespült worden sein – solche ferngelenkten Boote sollen nun erneut im Einsatz gewesen sein
Ende September soll diese, knapp vier Meter lange ukrainische Wasserdrohne an der Küste der Krim angespült worden sein – solche ferngelenkten Boote sollen nun erneut im Einsatz gewesen sein Foto: Telegram

Am Sonntag berichtete das russische Verteidigungsministerium, die Analyse der abgefangenen Drohnen habe ergeben, dass diese mit kanadischer Navigation ausgestattet seien und von der Küste bei Odessa gestartet wurden. Die Drohnen seien zunächst dem Korridor für die Getreideverschiffung gefolgt und hätten dann ihre Route Richtung Sewastopol geändert. Dies könnte darauf hinweisen, dass die Drohnen von einem zivilen Schiff aus dem Korridor gestartet worden seien, hieß es in Moskau weiter. Eine entscheidende Rolle bei dem Angriff habe das NATO-Mitglied Großbritannien gespielt, hieß es weiter.

Die Regierung in London wies die Vorwürfe zurück. „Um von ihrem katastrophalen Umgang mit der illegalen Invasion in der Ukraine abzulenken, greift das russische Verteidigungsministerium auf die Verbreitung falscher Behauptungen epischen Ausmaßes zurück“, erklärte das britische Verteidigungsministerium über Twitter. „Diese erfundene Geschichte sagt mehr über Streitigkeiten innerhalb der russischen Regierung aus als über den Westen“, heißt es weiter aus London.

Noch am Samstag hatte Russland behauptet, die Drohnen seien von britischen Instruktoren in der ukrainischen Hafenstadt Otschakow gestartet worden. Das erstaunte Kenner der Gegend, denn der genannte kleine ukrainische Hafen liegt nur knapp zwei Kilometer entfernt von Küste der seit Anfang März russisch besetzten Oblast Cherson, also direkt vor der Nase der Russen.

Russland blockiert zwei Millionen Tonnen Getreide und 176 Schiffe, die bereits auf See unterwegs sind – genug, um sieben Millionen Personen zu ernähren

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba

Die Verlegung des Startpunktes der angeblich wenig zerstörerischen ukrainischen Drohnen hängt wohl mit der fadenscheinigen Behauptung zusammen, der demilitarisierte Getreideexportkorridor sei für den Angriff auf den Hafen von Sewastopol und die dort beheimateten russischen Kriegsschiffe verwendet worden.

Russland setzte nämlich bereits am Samstagabend seine Teilnahme am Abkommen zum Export von ukrainischem Getreide aus. „In Anbetracht des terroristischen Akts des Kiewer Regimes unter Beteiligung britischer Experten gegen die Schiffe der Schwarzmeerflotte und zivile Schiffe, die an der Sicherung des Getreidekorridors beteiligt sind, setzt die russische Seite ihre Beteiligung an der Umsetzung von Vereinbarungen über den Export landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus ukrainischen Häfen aus“, teilte das Verteidigungsministerium in einer Erklärung auf seinem Telegram-Kanal mit.

Getreide-Schiffe sitzen wieder fest

Die von der Türkei vermittelte Vereinbarung war Ende Juli getroffen worden und sollte bis Mitte November gelten. Istanbul war gerade daran, mit Moskau eine Verlängerung zu auszuhandeln. Am Sonntag musste nun der Getreideexport aus ukrainischen Häfen vollständig eingestellt werden. Passierten am Samstag laut Angaben aus Istanbul noch neun Getreideschiffe den demilitarisierten Korridor, so saßen am Sonntag zehn bereits mit Getreide beladene Schiffe in ukrainischen Häfen fest.

Laut Kiewer Einschätzungen war dieser Schritt schon lange von Russland geplant worden. Der Angriff auf Sewastopol diente demnach Moskau nur als Vorwand. „Ein russischer Klassiker: Nachdem niemand vor der angeblich ‚schmutzigen’ Bombe auf die Knie fiel, kommen wir auf die Hungerwaffe gegen die armen Länder zurück und stoppen die Getreidevereinbarung“, höhnte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podolak am Sonntag. „Mit seinem Rückzug aus der Getreideexportvereinbarung unter dem Vorwand einer 220 Kilometer vom Korridor entfernten Explosion blockiert Russland zwei Millionen Tonnen Getreide und 176 Schiffe, die bereits auf See unterwegs sind – genug, um sieben Millionen Personen zu ernähren“, rechnete Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter vor. „Russland hat das alles schon lange geplant“, beschuldigte er den Kreml.

Finnland: Waffen für Ukraine in Händen von Kriminellen

In die Ukraine gelieferte Waffen sind nach Erkenntnis der Polizei in Helsinki bereits in die Hände finnischer Krimineller gelangt. Dabei handele es sich beispielsweise um Sturmgewehre, sagte Chefkommissar Christer Ahlgren vom Nationalen Ermittlungsbüro dem finnischen Rundfunk YLE. „Waffen, die für die Ukraine bestimmt waren, sind auch schon in Schweden, Dänemark und den Niederlanden gefunden worden“, wurde er am Sonntag zitiert. Die europäische Polizeiorganisation Europol hatte im Sommer gewarnt, dass Kriminelle es auf Waffen und Munition absehen könnten, die Kiew in großen Mengen als ausländische Militärhilfe erhält. Die Schmuggelrouten seien etabliert. Teils laufe der Waffenhandel über international agierende Rockergruppen, die von der Polizei zur organisierten Kriminalität gezählt werden. Die Rockergruppe Bandidos MC beispielsweise habe Vertreter in jeder größeren ukrainischen Stadt, sagte Ahlgren. Ahlgren erinnerte an die Erfahrung der Polizei nach den Jugoslawien-Kriegen der 1990er Jahre. Von dort seien Schmuggelwaffen in viele Länder gelangt. „Die Ukraine hat große Mengen an Waffen bekommen, und das ist gut. Aber wir werden auf Jahrzehnte mit diesen Waffen zu tun haben. Das ist der Preis, den wir zahlen müssen“, sagte der ranghohe Polizist. (dpa)