In den Dokumenten soll es um die Verhandlung zwischen dem schwedischen Premierminister Ulf Kristersson und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan über den NATO-Beitritt Schwedens gehen. Der Beamte hatte die Dokumente nach dem Heimflug dort liegenlassen, Reinigungskräfte hätten sie gefunden.
Schweden musste lange die Bedingungen für den Beitritt in das Verteidigungsbündnis mit der Türkei und Ungarn aushandeln und konnte erst Anfang 2024 Teil dieser Allianz werden.
Ich habe den Eindruck, es gibt eine Kultur der Schlampigkeit rund um den Premierminister
„Dies vermittelt ein sehr unvorteilhaftes Bild von Schweden im Ausland“, meint Jörgen Holmlund, Sicherheitsexperte an der Hochschule für Verteidigung in Stockholm, eine von vielen empörten Stimmen im Königreich.
Woher das Blatt Dagens Nyheter die Information über die Schlampigkeit des Beamten herhat, ist unbekannt, doch steht sie in Zusammenhang mit einem Skandal noch größerer Dimension: Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater Henrik Landerholm steht derzeit vor Gericht.
Einfluss auf Wahl im Herbst
Jener hatte vergangenen Dezember in einer Tagungsstätte einen Ordner mit hochgeheimen Dokumente liegen lassen, welche „in den Händen einer fremden Macht Schwedens Sicherheit gefährden könnte“, so die Staatsanwaltschaft. Hinzu kommt, dass der 62-jährige ein Kindheitsfreund des bürgerlichen Regierungschefs ist, sodass die Opposition von „Vetterleswirtschaft“ spricht. Kristersson hatte nach seinem Wahlsieg im Herbst 2022 den Posten des Nationalen Sicherheitsberater angesichts des Ukraine-Kriegs und Schwedens NATO-Ambitionen extra geschaffen.
Der Angeklagte, welcher die Hochschule für Verteidigung geleitet hat, habe wegen der großen Verantwortung unter großer Arbeitsbelastung gelitten und so die Dokumente vergessen, so seine Erklärung.
Die Opposition lässt diesen Fall nicht ungenutzt – „Ich habe den Eindruck, es gibt eine Kultur der Schlampigkeit rund um den Premierminister“, so Peter Hulqvist, Sozialdemokrat und ehemaliger Verteidigungsminister.
Popularität auf Tiefstand
Erwähnt sei zudem, dass der damalige Außenminister Tobias Billström im Oktober 2023 beim EU-Außenministertreffen in Kiew nicht teilnehmen konnte, da er seinen Pass zu Hause gelassen hatte und so an der polnisch-ukrainischen Grenze abgewiesen wurde.
Doch schwerer wiegen die beiden Fälle des Dokumentenverlusts, sie können auf die Wahl im Herbst kommenden Jahres Einfluss nehmen. Zumal der „Verfassungsausschuss“ des Parlaments die Verantwortung Kristerssons, der auf den Landerholm-Fall sehr dünnhäutig reagiert, genauer unter die Lupe nehmen will.
Dabei ist die Popularität des Chefs der bürgerlichen „Moderaten“ jetzt schon auf dem Tiefstand. Nur noch 32 Prozent der Befragten haben Vertrauen in ihn, mitunter dank der Landerholm-Affäre, des fehlenden wirtschaftlichen Aufschwungs sowie der weiterhin hohen Bandenkriminalität. Auf der anderen Seite steigt die Beliebtheit von Jimmie Akesson, des Chefs der rechten Schwedendemokraten, sowie der Sozialdemokratin Magdalena Andersson, welche den Amtsträger beerben wollen.
De Maart
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