Mittwoch29. Oktober 2025

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Domaine TageblattD’Miseler Land brennt … mir net!

Domaine Tageblatt / D’Miseler Land brennt … mir net!
Hochprozentiges und Geistreiches aus der Produktion der Luxemburger Brennergilde

„Was denn? Wollen die Hobbywinzer vom Tageblatt jetzt auch noch Schnaps brennen?“, fragt sich eingangs sicher schon der erstaunte Leser. Mitnichten! Wir haben davon ebenso wenig profunde Kenntnisse wie vom Weinmachen, aber wir haben uns schon für das traditionelle und althergebrachte Brauchtum des Destillierens interessiert und nachgeforscht.

Wie wir unmittelbar nach der Ernte unserer Rivaner-Trauben erfahren konnten, hatte ein Brenner aus Luxemburg bei unserer Mentorin Corinne Kox nachgefragt, ob er die Hefen von unseren Trauben erwerben könnte, um daraus einen Hefebrand zu brennen. Da die anfallende Menge aber nur maximal 50 Liter Brand ergeben hätte, kam es leider nicht zum erhofften Deal.

Der Trester der Rivaner-Trauben ist auch nicht besonders geeignet zur Edelbrand-Produktion, sodass Corinne die geschätzten 450 kg wieder in den Weinberg zurückführen wird. Dennoch hatte diese Anfrage unser Interesse dahingehend geweckt, dass wir uns fragten: Was kann man so alles aus dem Trester produzieren und was eignet sich überhaupt zum Schnapsbrennen bzw. Destillieren, wie es in der Fachsprache heißt?

Teufelszeug, oder was?

„Der Teufel hat den Schnaps gemacht, um uns zu verderben …“, hat Udo Jürgens einmal getextet und gesungen. Ein Fünkchen Wahrheit, bei übermäßigem und unangepasstem Konsum des hochprozentigen Getränks, steckt da sicherlich drin. Nun möchten wir natürlich nicht zum Fürsprecher für übertriebenen Alkoholgenuss werden, nichts liegt uns ferner, doch ein appetitanregendes oder verdauungsförderndes Gläschen, also „eng gutt Drëpp“, sollte nicht allzu sehr schaden. Das Brennen von Hochprozentigem wurde erstmals im 13. Jahrhundert beschrieben. Die Alchemisten produzierten die ersten Brände, allerdings noch mit hohem Wasseranteil. Das heute angewandte Destillationsverfahren wird seit dem 19. Jahrhundert praktiziert.

Naheliegend also, dass wir uns am vergangenen Wochenende auf den Weg an die Mosel gemacht haben, angesagt war das alljährliche Event „D’Miseler Land brennt“. Fünf alteingesessene Brennereien in Schwebsingen, Niederdonven, Wormeldingen-Haut, Ahn und Grevenmacher hatten ihre Pforten geöffnet und zur Verkostung ihrer Destillate eingeladen. Wir besuchten die Destillerie Diedenacker in Niederdonven. Camille Duhr und seine Gattin Mariette Duhr-Merges führen den Betrieb in bereits siebter Generation. Auf das Jahr 1862 datiert die erste behördliche Lizenz zum Brennen. Wie funktioniert das Destillieren und was kommt bei ihm so alles in die Brennblase, wollten wir gerne wissen. Technik und Funktionsweise der Brennanlage mit Brennblase, Verstärker- und Kühlsäule sind schon diffizil. Wir erfuhren, dass es auf die richtige Temperatur ankommt, man darf nicht überhitzen, das fördert unwillkommene Geschmacksnuancen zutage.

Exklusiv: die fünf und zehn Jahre gereiften Whiskys aus der Destillerie Diedenacker
Exklusiv: die fünf und zehn Jahre gereiften Whiskys aus der Destillerie Diedenacker

Erfahrung und Routine sind gefragt

Um die beste Essenz ins Fass zu bekommen, braucht es nach dem Destillieren eine gehörige Portion Fingerspitzengefühl. Nachdem das Destillat abgekühlt ist, gibt es einen sogenannten Vorlauf, einen Mittel- und einen Nachlauf. Die Kunst besteht darin, den Mittellauf optimal einzufangen, das funktioniert nur mit jahrelanger Erfahrung und Routine.

Ein Blick auf das umfangreiche Portfolio von Camille Duhr lässt das Herz eines jeden Feinschmeckers von geistreichen Erzeugnissen höher schlagen. Er verarbeitet Apfel, Birne, Zwetschge, Mirabelle, Quitte, Schlehe, Kirsche und vieles andere mehr. Dazu hat er Marc de Gewürztraminer, Marc de Riesling, Hunnegdrëpp und diverse Liköre.

Camille Duhr ist aber auch experimentell und innovativ unterwegs. „Der Zeitgeist und auch das Alter der Klientel haben sich im Laufe der Zeit stark verändert“, ließ er uns wissen. „Die Nachfrage nach modern geprägten Bränden jedoch wächst und so gebe ich mich seit vielen Jahren meiner Passion hin und produziere Gin, Weinbrand oder Whisky.“ Sein neuester Coup: Rum! Seit vier Jahren reift und lagert das edle Getränk in Fässern. Apropos Fässer: Die meisten seiner Brände reifen in Fässern, die er von Winzern übernimmt, jedoch nicht der Rum. Authentisch soll er werden. Dazu hat er gebrauchte Rumfässer aus Barbados gekauft, der Zuckerrohr stammt aus Brasilien. „Wann wird abgefüllt?“, fragten wir wissbegierig. „Wohl schon in den nächsten Wochen, wir sind uns noch nicht ganz im Klaren über die Flaschenform und die Etikettierung, aber auf jeden Fall noch vor den bevorstehenden Festtagen.“

In die Brennblase kommt nahezu alles, was auf den heimischen Streuobstwiesen wächst
In die Brennblase kommt nahezu alles, was auf den heimischen Streuobstwiesen wächst

„Du kanns awer schonn eng Kéier schmaachen“, legte Camille nach. Eine zweimalige Bitte ist da nicht vonnöten. Wir vermissen in der Nase die für Rum charakteristische leichte Süße. Zunge und Gaumen schmecken die Holznote und eine hervortretende Würze. Wir finden ihn ausgesprochen gelungen. „Ja, der Trend geht mehr zum trockenen Rum“, erläuterte Camille. „Der etwas jüngere Kundenstamm bevorzugt diese Variante und sie bildet im Besonderen eine geeignete Basis für Cocktails und Mixgetränke wie Mojito, Daiquiri oder Piña Colada.“

Gerne erwähnen wir noch, dass es vor rund 100 Jahren unglaubliche 2.000 Brennereien im Großherzogtum gab. Heute gibt es noch 50.