Donnerstag6. November 2025

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SerbienDijana Hrka will per Hungerstreik die Aufklärung der Trümmerkatastrophe und Neuwahlen erzwingen

Serbien / Dijana Hrka will per Hungerstreik die Aufklärung der Trümmerkatastrophe und Neuwahlen erzwingen
Streitbare Mutter: Die Serbin Dijana Hrka (47) fordert Neuwahlen und Gerechtigkeit für ihren bei der Trümmerkatastrophe von Novi Sad ums Leben gekommenen Sohn Foto: Thomas Roser

Eine Frau streitet für Gerechtigkeit – und ihren ums Leben gekommenen Sohn: Mit ihrem Hungerstreik will Dijana Hrka die Aufklärung der Trümmerkatastrophe von Novi Sad vor einem Jahr erzwingen – und sorgt in Serbien für gehörigen Wirbel.

An der streitbaren Mutter scheiden sich in Serbien die Geister. Ob Dijana Hrka vor dem Parlament in Belgrad mit Journalisten spricht, sich von einem Sanitäter den Blutdruck messen lässt oder freundlich angereiste Sympathisanten und Unterstützer begrüßt: Hinter den Absperrgittern halten Gesetzeshüter in schwarzer Kampfuniform die 47-Jährige immer misstrauisch im Auge. Die Polizei komme „ihrer Aufgabe nicht nach – und schützt die Falschen“, sagt die Serbin mit einem Achselzucken.

„Mama gegen die Maschinerie“, so die Botschaft des Plakats auf ihrem Zelt. Seit die Kellnerin am vergangenen Sonntag in den Hungerstreik getreten ist, um die Aufklärung des Todes ihres Sohnes bei der Trümmerkatastrophe in Novi Sad vor Jahresfrist zu erzwingen, hält sie nicht nur Serbiens Polizei, sondern auch die unter Druck geratenen Machthaber auf Trab.

Das Vordach des neu renovierten Bahnhofs von Novi Sad sei „nicht von allein eingestürzt“, sondern weil korrupte Würdenträger „Geld klauten“ und so ihren Sohn getötet hätten, ist sie überzeugt. „Alle Verantwortlichen müssen dafür vor Gericht gestellt werden“, so ihre Forderung: „Niemand wird mir zwar meinen Sohn zurückbringen. Aber ich möchte, dass keine Mutter so ihr Kind beerdigen muss. Der Tod von 16 Menschen war kein Verkehrsunglück, sondern der Staat direkt daran beteiligt.“

Von der „Mutter des Muts“ spricht die regierungskritische Zeitung Danas. Als „kranke“ und von der Opposition „missbrauchte“ Opfermutter versuchen sie hingegen Serbiens Machthaber und die von ihnen kontrollierten Boulevardmedien darzustellen. Sie sei gesund, keineswegs wie behauptet eine „Terroristin“, sagt Hrka: Die Justiz und Polizei sollten endlich ihren Aufgaben nachkommen, statt sie zu malträtieren.

Wüste Drohungen

Tatsächlich hat ihr Hungerstreik nicht nur Solidaritätsdemonstrationen im ganzen Land ausgelöst, sondern lässt den autoritär gestrickten Staatschef Aleksander Vucic mit willkürlichen Verhaftungen und Übergriffen von Auftragsschlägern erneut die Repressionsschraube anziehen.

Die missliebige Mutter in ihrer Nachbarschaft versuchen die schlagkräftigen Campingfreunde in dem präsidialen Zeltlager des sogenannten „Caciland“ nicht nur mit wüsten Drohungen, sondern nachts auch mit patriotischen Weisen in unerträglicher Lautstärke zu vertreiben. Einer ihrer hämisch wiederholten Tschetnik-Gassenhauer: „Es kam die Mutter, um den Sohn zu suchen.“

„Ich will Dijana einfach nur umarmen“, sagt eine Rentnerin, die sich zum Parlament aufgemacht hat. Sie verspüre weder Furcht noch Hunger und Kälte, sagt Hrka, die in Serbien zum Symbol des Aufstands gegen Korruption und Machtwillkür geworden ist. Sie werde mit ihrem Hungerstreik „bis zum Ende gehen“: „Das Wichtigste ist, dass wir geeint sind – so lange, bis die Schuldigen für den Tod von 16 Menschen zur Rechenschaft gezogen werden, alle unschuldig verhafteten Studenten freigelassen sind. Und die Feiglinge an der Macht endlich Neuwahlen ausschreiben.“