Donnerstag23. Oktober 2025

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FelskletternDie Spitze wird breiter – der Durchbruch steht noch bevor: Rückblick auf die Saison

Felsklettern / Die Spitze wird breiter – der Durchbruch steht noch bevor: Rückblick auf die Saison
Anselm Geimer war 2023 einer von drei Luxemburgern, denen die Begehung eines 8b gelang Foto: Celina Wielander

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Das Klettern am Naturfelsen ist die große Ausnahme der Regel: Weil man auch in der Pandemie zu Hause an den Fingerleisten und Griffbrettern hängen konnte, etliche Monate die Wettbewerbe ausfielen, aber es fast überall möglich war, am Felsen zu klettern, gab es viele starke Leistungen. Doch die letzten beiden Jahre stagniert der Schwierigkeitsgrad wieder etwas in Luxemburg. Allerdings wird die Spitze breiter und die Frauen holen auf.

Beim Felsklettern gibt es keine Schiedsrichter oder Trophäen und die Erstbegeher einer Route schlagen den Schwierigkeitsgrad vor. Als Wolfgang Güllich 1991 mit der legendären „Action directe“ die erste 9a bezwang, stießen im heimischen Berdorf Raym Haupert und Jacques Welter mit der Route Herrman Buhl (8a+) erstmals in den achten Grad vor. Aus diesem ist noch kein Luxemburger bis in den neunten Grad der erweiterten Weltspitze vorgedrungen. Doch sie arbeiten sich allmählich nach oben, wie Jacques Welter findet: „Das Niveau der Kletterer in Luxemburg geht kontinuierlich nach oben, mittlerweile beherrschen einige den Grad 8b, doch die Besten stagnieren in diesen Schwierigkeitsgraden.“

Nachdem 2006 Jean-Marc Winckel erstmals in Berdorf den Grad 8b kletterte und Anselm Geimer 2020 im Frankenjura die erste luxemburgische 8b+ bezwang, schaffte nur Boulderspezialist Jay Hoffmann mit der speziellen „Nikita“ 2021 in Berdorf eine einzige 8c. Seither wurde die luxemburgische Elite am Fels allerdings immer wieder von langwierigen Fingerverletzungen ausgebremst. So ist Mika Welter ein weiterer junger Luxemburger mit einer 8b+ und einigen 8b. Doch konnte der 23-Jährige wegen einer solchen Verletzung fast zwei Jahre nicht schwer klettern und ist erst gerade wieder ins harte Training eingestiegen. Immerhin sind mit Jay Hoffmann, Anselm Geimer (2) und dem erfahrenen Ben Lepesant auch 2023 wieder Begehungen einer 8b gelungen. Mittlerweile haben mindestens elf Luxemburger diesen Grad geschafft.

Neben den Verletzungen kennt Flera-Präsident Jacques Welter einen weiteren Grund für die Stagnation: „Zum Teil kommt es daher, dass wir zu Hause keine Routen im neunten Grad und sehr wenig im hohen achten haben.“ Dabei gibt es durchaus Felsen mit Potenzial für schwerere Routen, doch das Klettern ist nur in der 1955 erschlossenen „Wanterbach“ erlaubt. Und im näheren Umland gibt es nur auf deutscher Seite ein paar Boulderfelsen, bei der die Schwierigkeit für die besten Luxemburger ausgereizt ist.

Kontinuierlich tauscht sich aber eine spezifische Arbeitsgruppe der Flera mit der Naturverwaltung und weiteren Akteuren aus, um einen weiteren Felsen als Pilotprojekt zum Angebot hinzuzufügen. Das nicht einmal nur für höhere Schwierigkeiten, sondern auch um den Andrang in Berdorf zu mindern. Seit den Anfängen des modernen Sportkletterns in den Fünfzigern sind nämlich nicht nur die Schwierigkeiten explodiert, sondern auch die Zahl der Aktiven hat sich mindestens mit dem Faktor 100 multipliziert.

In den vergangenen Jahren hatte auch Jay Hoffmann mit Verletzungen zu kämpfen. Der 27-jährige hat sich vor allem auf das Bouldern, also dem Klettern ohne Seil auf Absprunghöhe, spezialisiert. Aber genau diese Stärke auf sehr wenigen Zügen ermöglichte es ihm, mit der 8c gewerteten Nikita die aktuell schwerste Route in Luxemburg zu klettern. Diese zeichnet sich vor allem durch wenige sehr schwierige und weite Züge rund um ein Einfingerloch aus, an der sogar manche 9a-Kletterer verzweifeln. Im Oktober ging es dann aber wieder auf seinen jährlichen großen Roadtrips zu den niedrigeren Felsen, dieses Mal an den Gotthardpass. „Es war durchwachsen. Ich hatte wieder eine kleinere Ringbandentzündung, zudem ein Ekzem an der Hand und dann regnete es auch noch jeden zweiten Tag. Dennoch schaffte ich es, ganz gut zu klettern“, resümiert Hoffmann.

Je nachdem, ob man den umstrittenen Grad 8b+ für die Kombination „Terminator“ in Berdorf anerkennt, sind bisher drei oder sechs Luxemburger den Grad oder schwerer geklettert. Im Bouldern sind die Wertungen für die schwersten Probleme niedriger, aber nachdem er 2019 ein erstes Mal 8b boulderte und ihm 2021 ein zweiter Bloc der Schwierigkeit gelang, war es dieses Mal der dritte. Zusätzlich eine 8a+ und drei 8a.

Potenzial bei den Frauen

Neben dem Spezialisten schaffte derzeit nur noch Anjin Thill vor einigen Wochen im Zillertal seine erste 8A+. Und der 25-jährige Anselm Geimer, Patrick Englebert, Yves Schartz und Luca Romito bewältigten ein paar Blöcke der Schwierigkeit 8a. „Mein großes Ziel ist ein 8b+“, erzählt hingegen Jay Hoffmann und verrät: „Ich probierte bereits ein paar Mal und es fehlt nicht so viel. Damit ist man international ganz gut, aber noch nicht Elite. Die fängt bei 8c an.“

Fortschritte gibt es bei den Luxemburgerinnen zu vermelden. International sind die stärksten Frauen fast auf Höhe der Männer. Nach 14 Wochen Arbeit verteilt über zwei Jahre gelang dem Tschechen Adam Ondra 2017 eine erste 9c. Im selben Jahr stieg die Österreicherin Angela Eiter durch ihre erste 9b. Beim Niveau der internationalen Kletterinnen will Giulia Castellano den Ball flach halten. Doch regelmäßig bouldert sie in Fontainebleau und ist 2023 als erste Luxemburgerin in den Grad 7c vorgedrungen.

Jacques Welter freut sich ebenfalls über die 7c „Bobby Brown“ von Daphné Dubois in Berdorf. Zwar sind die Boulderwertungen schwieriger, doch Daphné ist erst 15 und klettert meistens Wettbewerbe. Über den Sommer nimmt sich die Schülerin aber auch gerne etwas Zeit für den Naturfelsen.

Boulderspezialist Jay Hoffmann schaffte in Berdorf eine 8c
Boulderspezialist Jay Hoffmann schaffte in Berdorf eine 8c Foto: Celina Wielander