22. Dezember 2025 - 20.58 Uhr
DeutschlandDie SPD steht vor einem schwierigen Jahr
Die SPD hat eine Schwäche für den Maschinenraum. Begegnet man Sozialdemokraten auf den Fluren oder in den Aufzügen des Bundestages, sind sie oft stolz darauf, etwas für das Land zu bewegen. In den Besprechungsräumen der Fraktionen, in den Ausschusssälen fernab des Rampenlichts. Was beinahe etwas romantisch klingt und unabdingbar ist für die Regierungsarbeit, stellt machtpolitisch mitunter ein Problem dar. Denn in Zeiten des Wettbewerbs um immer geringere Aufmerksamkeit gewinnen vor allem einfache Botschaften, um zu den Wählern durchzudringen und als Partei wiedererkennbar zu sein.
Davon ist die SPD weit entfernt. Nur noch 14 Prozent würden für die Sozialdemokraten stimmen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre. Auf diesem Wert verharrt die Partei seit Monaten wie festbetoniert. Seit sie bei der vergangenen Bundestagswahl mit 16,4 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik eingefahren hatte.
Die Co-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Bärbel Bas, die zugleich die mächtigen Ministerien für Finanzen und für Arbeit und Soziales in der schwarz-roten Koalition verantworten, betonen bei jeder Gelegenheit die Rolle der SPD in der Regierung. Dass man nämlich dafür Sorge trage, dass die vielen angestrebten Reformen sozial gerecht ausfielen. Zugleich müssen sie in dem Bündnis mit der Union aber auch viele Kompromisse eingehen, die man im lauten linken Lager der SPD nicht goutiert: ob bei der neuen Grundsicherung samt schärferer Sanktionen, einem deutlich härteren Kurs in der Migrationspolitik oder bei teuren Unionsprojekten wie der Mütterrente.
Dennoch haben Klingbeil und Bas zu Recht erkannt, dass sie mit einem stramm linken Kurs die Breite der Wählerschaft vergrätzen. Die Parteispitze muss also auf jene Wähler in der Mitte setzen, denen die Union zu weit rechts steht und für die die Grünen und Linken zu radikal sind.
Die Parteispitze gibt sich kämpferisch
Viel Zeit bleibt der SPD-Führung aber nicht, sie braucht eine Trendwende im Bund, um Rückenwind in die Landesverbände blasen zu können. Schließlich steht ein Superwahljahr an: Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und die Abgeordnetenhauswahl in Berlin werden der SPD viel abverlangen. Und die Vorzeichen sind zumeist nicht gut: In Baden-Württemberg steht die SPD abgeschlagen bei zehn Prozent, in Sachsen-Anhalt kämpft sie sogar um den Einzug in den Landtag, und selbst in der Hauptstadt, wo die SPD lange die Verantwortung im Roten Rathaus trug, liegt sie derzeit auf dem fünften Rang.
Hoffnung setzt man bei den Sozialdemokraten auf Rheinland-Pfalz. Dort muss der amtierende Regierungschef Alexander Schweitzer Ende März einen Erfolg für die SPD einfahren, sonst dürfte es sehr düster werden für die Bundespartei. Bei 23 Prozent zu 29 Zählern für die CDU und 19 für die AfD ist alles drin für einen Wahlsieg. Deutlich schwieriger wird es hingegen für Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern, wo die AfD in Umfragen bei 38 Prozent steht und die SPD nur bei 19.
Was also ist zu tun? Sowohl in der Parteispitze, als auch in der Bundestagsfraktion will man von Verdruss nichts wissen und gibt sich kämpferisch. Die schlechte Stimmung, die sich nach der Wahl und der Regierungsbildung bei den Abgeordneten und im Willy-Brandt-Haus breitgemacht hat, ist allgegenwärtig. Und auch die starke Machtkonzentration bei Parteichef, Vizekanzler und Finanzminister Klingbeil hat nicht zur Beruhigung beigetragen.
Die AfD mit ihren eigenen Waffen schlagen
Und doch sehen Klingbeil und Bas sich und die Partei – Stichwort Maschinenraum – in der Verantwortung, treibende Kraft hinter den geplanten Reformen sein zu müssen. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, mahnt einen ambitionierten Jahresstart an: „Drei Dinge sind zu Beginn des Jahres wichtig: In einer angespannten Haushaltslage zu guten Reformen zu kommen; nach der im ersten Quartal zu erwartenden Entscheidung des Verfassungsgerichts zu einer fairen Erbschaftsteuerreform zu kommen, die sehr hohe Vermögen stärker in die Pflicht nimmt und Schlupflöcher schließt.“ Und drittens müsse man in der Außen- und Sicherheitspolitik konsequent und noch stärker als bislang auf Europa setzen, so Wiese.
Und wie vorgehen gegen die AfD? Wiese prägt als wichtigster Mann in der SPD-Fraktion neben dem Vorsitzenden Matthias Miersch einen neuen Stil im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei. Wiese will die AfD zunehmend mit ihren eigenen Waffen schlagen, sie etwa mit Zwischenfragen aus dem Konzept bringen – und so den Mitte-Parteien helfen. „2026 muss das Jahr des Strategiewechsels im Umgang mit der AfD sein“, fordert er. „Der reine Fokus auf Sachargumente hat nicht funktioniert. Jetzt ist es Zeit, die Samthandschuhe abzustreifen und die Boxhandschuhe anzuziehen“, fordert Wiese. „Unser Job ist es, die Widersprüche in der Partei aufzudecken, den Streit und die Unstimmigkeiten bei ihnen aufzuzeigen.“ Man müsse den Menschen verdeutlichen, für welch schädliche und wirtschaftsfeindliche Politik die AfD stehe. Die SPD steht vor einem schwierigen Jahr.
De Maart
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